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Hombrechtikon
20.03.2025
21.03.2025 09:46 Uhr

Reduzierung des Gemeinderats: «Warum jetzt?»

Von sieben auf fünf: Der Gemeinderat Hombrechtikon soll reduziert und Abteilungen sollen zusammengelegt werden. Bild: bt
Der Gemeinderat lud am 19. März 2025 zu einer Infoveranstaltung über die geplante Reorganisation der Verwaltung mit Reduktion der Gemeinderatsmitglieder ein. Dazu wurden einige kritische Fragen aus der Bevölkerung gestellt.

Zu den zehn Legislatur-Zielen des Gemeinderats Hombrechtikon in der aktuellen Amtsperiode 2022–2026 gehört, die Verteilung der Aufgaben innerhalb der Gemeinderats-Ressorts zu überprüfen und anzupassen. Gleichzeitig soll die Entschädigungsverordnung überarbeitet werden, nachdem diese an der Gemeindeversammlung vom Dezember 2021 von den Stimmberechtigten verworfen wurde.

Reorganisation mit verkleinertem Gemeinderat

Im Rahmen dieser Zielsetzungen hat der Gemeinderat die Verwaltung im vergangenen Jahr einer vertieften Analyse unterzogen und sich dazu externe Unterstützung von der Unternehmensberatung HSS aus Sursee LU geholt.

Das Ergebnis der Analyse: Die Organisationsstrukturen sind nicht mehr zeitgemäss und sollen auf die aktuellen und künftigen Herausforderungen ausgerichtet werden. Dazu gehört eine Reduktion der Anzahl Abteilungen von sieben auf fünf und in der Folge die Reduktion der Anzahl Gemeinderatsmitglieder auf ebenfalls fünf (wir berichteten).

Am 19. März 2025 lud der Gemeinderat zu einer Informationsveranstaltung in den Gemeindesaal Blatten ein, um Interessierte über die geplanten Änderungen zu informieren und Verständnisfragen zu beantworten.

Urnenabstimmung nötig

Die Organisationsstruktur liegt in der Kompetenz des Gemeinderats und kann von diesem umgesetzt werden. Die Definition der Anzahl Gemeinderatsmitglieder in Hombrechtikon jedoch ist Teil der Gemeindeordnung, über deren Änderung die Stimmberechtigten an der Urne befinden müssen.

Bis am 28. März läuft das Vernehmlassungsverfahren. Am 18. Juni 2025 wird die Gemeindeordnung an der Gemeindeversammlung behandelt, die Urnenabstimmung ist auf den 28. September 2025 angesetzt.

> Vernehmlassungs-Unterlagen

Seit längerem pendent

Gemeindepräsident Rainer Odermatt begrüsste die ca. 60 Gäste und erklärte einleitend, dass Gemeinden – nicht nur Hombrechtikon – vor grossen Herausforderungen stünden und zunehmend mit komplexen Themen konfrontiert seien. Als Beispiel nannte er die Digitalisierung.

Rainer Odermatt warf einen kurzen Blick zurück auf das Jahr 2021, als die Entschädigungsverordnung von der Gemeindeversammlung abgelehnt wurde. Die Verordnung sollte im Anschluss überarbeitet werden. Doch dann kam Corona und 2023 der Austritt des langjährigen Gemeindeschreibers.

Mit dem Eintritt der neuen Gemeindeschreiberin Arbnora Tafa per 1. Januar 2024 schliesslich wurde das Legislaturziel, die Entschädigungsverordnung und die Aufgabenverteilung innerhalb der Gemeinderatsressorts zu überarbeiten, in Angriff genommen. Es folgte eine Ausschreibung für die Unterstützung durch eine externe Beratung, den Zuschlag erhielt das bereits erwähnte Luzerner Beratungsunternehmen, welches sich auf die Begleitung von öffentlichen Organisationen in den Bereichen Strategie, Organisation, Prozessen und Informatik spezialisiert hat.

Operativer Aufholbedarf

Markus Steiner von der HSS erklärte einleitend das Vorgehen der Analyse. Man habe Einzelinterviews mit den Gemeinderäten wie auch mit Mitarbeitenden und der RGPK geführt.

Aus den Umfragen sei der Beschluss gereift, den Gemeinderat von sieben auf fünf Mitglieder zu reduzieren und die Verwaltung gleichzeitig einer Reorganisation zu unterziehen, weil die heutigen Strukturen nicht mehr den Anforderungen entsprechen würden. Es gebe zu viele Schnittstellen und Doppelspurigkeiten. Das gefährde letztendlich die Dienstleistungsqualität gegenüber der Bevölkerung und führe zu einem Attraktivitätsverlust gegenüber potenziellen Arbeitnehmern.

Eine weitere Erkenntnis war, dass der Gemeinderat zu sehr mit operativen Aufgaben beschäftigt sei, was Ressourcen binde, die Gemeinderäte und damit letztendlich auch das Milizsystem belaste. Auch sei die Arbeitslast in den heutigen sieben Gemeinderats-Ressorts ungleich verteilt, was mit der neuen Lösung ebenfalls verbessert werden soll.

«Es ist keine exotische Lösung, es ist eine bewährte Lösung.»
Markus Steiner, HSS Unternehmensberatung

5 Gemeinderäte, 5 Ressorts

Künftig sollen es also noch fünf Gemeinderäte sein, die für diese fünf Bereiche zuständig sind: Präsidiales, Finanzen, Bau, Gesellschaft und Bildung. Entsprechend dieser Ressorts soll es Abteilungsleitende geben, die – mit Ausnahme der Abteilungsleitung Bildung – der Gemeindeschreiberin unterstellt sind. Zwischen Gemeinderat und Ressorts findet ein politisch-strategisches Reporting statt.

Die grösste Veränderung stellt die Zusammenlegung der Ressorts Hochbau und Tiefbau dar. Die Gemeindeliegenschaften sollen neu im Bereich Finanzen betreut werden. Der Bereich Sicherheit wird bei Präsidiales angesiedelt, die Verkehrssicherheit beim Ressort Bau.

Steiner betonte, dass es sich damit nicht um eine neue oder exotische Lösung handle, sondern um eine bewährte, die bereits in diversen Gemeinden – auch in grösseren mit 10'000 bis 15'000 Einwohnern – angewendet werde.

Nicht die Anzahl Gemeinderäte sei letztendlich entscheidend, sondern dass diese gut zusammenarbeiten und sie sich vor allem auf politisch-strategische Überlegungen konzentrieren können. Operative Tätigkeiten würden mit der geplanten Organisationsstruktur gezielter in die Abteilungen delegiert. Dadurch würden auch die Stellen in den einzelnen Abteilungen attraktiver, ist Steiner überzeugt.

Das Ganze dürfte unter dem Strich mehr kosten

Steiner ging auch kurz auf die Kosten ein. Hinsichtlich Gemeinderat dürften die Kosten voraussichtlich «kostenneutral bis günstiger» ausfallen, was die Anwesenden wenig überraschte. Wie es hingegen bei der Verwaltung aussieht, dazu konnte Steiner noch keine Angaben machen. Die Stellenplanungen würden derzeit erarbeitet und bis zur Gemeindeversammlung im Juni 2025 vorliegen.

Deutlicher ist dieser Punkt in der Vernehmlassung formuliert. In dem Dokument steht: «Aufgrund des Aufholbedarfs in gewissen Themenfeldern, den generell gesteigerten Anforderungen sowie der Verschiebung operativer Arbeiten zurück in die Verwaltung, ist mit einer Aufstockung des Personalbestands zu rechnen.» Dies sei jedoch auch ohne Reorganisation zwingend nötig, z. B. bezüglich ICT und Datenschutz, so der Bericht.

  • So sieht das Organigramm der Gemeinde Hombrechtikon heute aus. Bild: Gemeinde Hombrechtikon
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  • So soll das Organigramm der Gemeinde Hombrechtikon mit reduzierten Abteilungen und verkleinertem Gemeinderat künftig aussehen. Bild: Gemeinde Hombrechtikon
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Einige kritische Fragen

In der anschliessenden Fragerunde ging es u.a. um die Frage, was konkret mit «politisch-strategischen Aufgaben» des Gemeinderats gemeint sei und warum der Gemeinderat diese operativen Aufgaben nicht schon jetzt delegier. Dazu brauche es ja keine Reduktion der Anzahl Gemeinderäte.

Gemeindepräsident Rainer Odermatt nannte beispielsweise Schulraumprojekte oder die Zentrumsplanung als strategische Aufgaben. Auch die derzeitige Reorganisation sei eine solche strategische Aufgabe.

Steiner von der HSS ergänzte, dass die heutigen Strukturen das Delegieren von Aufgaben eben nicht ausreichend zuliessen, weshalb die Anpassungen in der Verwaltung so wichtig seien. Mit der Reorganisation gebe es danach klare Aufgaben und Kompetenzen.

Die Zusammenlegung der Ressorts Hochbau und Tiefbau wurden ebenfalls kritisch kommentiert. Ein Bürger argumentierte diesbezüglich, dass damit nur noch eine Person im Gemeinderat entscheide, zwei Meinungen doch aber Vorteile hätten. Mit der Reduktion der Anzahl Gemeinderäte werde das Milizsystem beschnitten, nicht gefördert.

Ein anderer sieht ein gewisses Konfliktpotenzial, weil bei Hochbau und Tiefbau in sich unterschiedliche Interessen bestehen können. Er befürchtet ausserdem, dass das Aufgabengebiet des neu geplanten Ressorts Bau zu umfangreich und die Stellvertretung im Gemeinderat dadurch schwieriger werde. Thomas Etter, Gemeinderat und Ressortvorsteher Tiefbau und Werke, verneinte dies. Er sehe darin keine Nachteile.

Eine Dame ging auf die Position der Gemeindeschreiberin ein und ob die operative Gesamtführung inkl. HR und ICT nicht zu umfangreich für eine einzelne Person sei.

«Die Reorganisation wird auch mit sieben Gemeinderäten umgesetzt.»
Rainer Odermatt, Gemeindepräsident

«Warum vor den Erneuerungswahlen?»

Ein anderer Bürger bemängelte, dass ihm eine klare Strategie des Gemeinderats fehle. Der Gemeinderat kümmere sich bloss um die Organisation der Verwaltung, ohne eine übergeordnete Strategie zu haben. Ausserdem könne er nicht nachvollziehen, warum man so kurz vor den Erneuerungswahlen eine Organisationsentwicklung vorantreibe, mit der dann andere arbeiten müssten. Der neu gewählte Gemeinderat müsse dann unter Umständen eine Organisation übernehmen, die er vielleicht lieber anders gehabt hätte.

Gemeindepräsident Rainer Odermatt entgegnete, dass die Überarbeitung zu den Legislatur-Zielen des heutigen Gemeinderats gehöre. Der nun vorliegende Vorschlag sei das Resultat, über das die Bevölkerung abstimmen könne. Ausserdem sei es ein Vorteil für den neu gewählten Gemeinderat, wenn sich dieser nach den Wahlen nicht um Organisatorisches oder Strukturen kümmern müsse. Der heutige Gemeinderat habe damit wichtige Vorarbeit für die Nachfolger geleistet und gute Voraussetzungen für sie geschaffen. Nicht zuletzt könne eine moderne Verwaltung auch ein Argument für jemanden sein, für ein Amt zu kandidieren. Man sei anderen Gemeinden mit der Reorganisation gar leicht voraus und Hombrechtikon würde deswegen von anderen ein wenig beneidet.

Auf die Frage, was man tue, wenn die Reduktion auf fünf Mitglieder abgelehnt würde, antwortete Odermatt: «Die Reorganisation wird auch mit sieben Gemeinderäten umgesetzt.»

Barbara Tudor