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Schweiz
22.11.2025

Zolldeal verändert Börse kaum

Christopher Chandiramani: «Die Widerstandfähigkeit der Börsen erklärt sich durch ein tiefes Zinsniveau sowie stützende Kursavancen der KI-Werte.» Bild: Linth24
Die Schweiz zählt künftig zu den Ländern mit tiefsten Zöllen (15 Prozent), doch nach der Einigung mit den USA kam Ernüchterung. SMI schloss kaum verändert. Kryptos weiter schwach.

Zweifel machte sich breit, als die Nebenbedingungen zur Zolleinigung bekannt wurden. Unter anderem sind dies 200 Milliarden Investitionen für Produktionsstätten von Schweizer Firmen in den USA, freier Import von Chlor-Poulets und Gentechnikprodukten, Zollfreiheit auf landwirtschaftlichen Gütern aus den USA, Verbot von Sondersteuern und Gerichtsklagen gegenüber US-Firmen. Andererseits werden neu Nespresso-Kapseln von Zöllen befreit. Die Pilatus-Werke in Stans erhalten ein Null-Prozent Zollprivileg für Flugzeugexporte, Gold sowie Pharmaprodukte bleiben zollfrei.

Zu Kritik Anlass gab auch ein Friedensvorschlag zwischen den USA und Russland bezüglich des Ukrainekriegs. Europa und die Ukraine wurden nicht miteinbezogen. Im Vorschlag enthalten waren viele Maximalforderungen Russlands, Gebietsabtretungen, Waffen-Beschränkungen, Beitrittsverbote zur EU und zur Nato.

Wegen des Zollhammers schrumpft die Schweizer Wirtschaft im dritten Quartal spürbar. Das Bruttoinlandprodukt ist laut Erstschätzung um 0.5 Prozent gefallen im Vergleich zum Vorquartal, wie das Staatssekretariat Seco meldete.

Schweizer Gesundheitskosten steigen in diesem Jahr um 3.7 Prozent – Prämienerhöhungen dürften folgen. Die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich hat die Kosten im Gesundheitswesen unter die Lupe genommen, speziell die Kostentreiber Langzeitpflege und ambulante Behandlungen.

Die 13. AHV-Rente wird ab Dezember 2026 erstmals ausbezahlt. Die Modalitäten wurden jetzt vom Bundesrat festgelegt und vom Parlament bewilligt. Die Finanzierung ist noch nicht endgültig geregelt; der Bundesrat denkt an Erhöhungen der Lohnbeiträge oder der höhere Mehrwertsteuer. Die Auszahlung der 13. AHV-Rente beträgt CHF 2'520 als Maximalrente. Die Minimalrente wäre die Hälfte davon, CHF 1'260.

Unternehmensnachrichten

Im vergangenen Quartal kletterte der Umsatz des US-Chiphersteller Nvidia im Jahresvergleich um 62 Prozent auf 57 Milliarden US-Dollar. Der Reingewinn konnte das Unternehmen auf 31.9 Milliarden Dollar steigern. Damit übertrifft Nvidia die Erwartungen und wird der wertvollste Konzern der Welt:

Der Basler Pharmakonzern Roche macht mit Giredestrant den Brustkrebs-Patientinnen Hoffnung – die Aktie stieg um 6 Prozent nach Bekanntgabe. Das Medikament gehört zu einer neuartigen Wirkstoff-Klasse und zerstört das Hormon Östrogen in Krebszellen. Dadurch können diese nicht mehr wachsen und sterben ab. Roche hat mit seinem Prüfmedikament Giredestrant wichtige Behandlungserfolge bei Brustkrebs-Patientinnen erzielt. In der zulassungsrelevanten Studie Lidera erfüllte das Mittel die gesteckten Ziele.

Der Nahrungsmittelmulti Nestlé darf Perrier weiter als Mineralwasser zu verkaufen. Die klagende Konsumentenschutz-Organisation muss hingegen 5'000 Euro Gerichtskosten zahlen. Nestlé darf Perrier in Frankreich vorerst weiterhin als natürliches Mineralwasser verkaufen. Ein Gericht in Nanterre hat einen von Konsumentenschützern beantragten vorübergehenden Verkaufsstopp abgelehnt.

Im Dezember fusionieren die Versicherungen Baloise in die Helvetia. Aktionäre erhalten automatisch neue Helvetia-Baloise-Aktien. Durch den Zusammenschluss können die beiden Versicherer ihre Marktposition in Europa deutlich erhöhen und jährliche Synergien von rund 350 Millionen Schweizer Franken erzielen. Für Aktionäre hat die Fusion den Pluspunkt, dass das kombinierte Unternehmen künftig mehr Barmittel generiert und die Dividendenkapazität bis 2029 um fast einen Fünftel steigen soll. Das Umtauschverhältnis beträgt 1.0119 Helvetia-Aktien pro Baloise-Aktie. Im Rahmen der Fusion wird die Baloise in die Helvetia integriert. Die neue Gruppe wird unter dem Namen «Helvetia Baloise Holding AG» an der Schweizer Börse SIX gehandelt.

Der Technologiekonzern ABB erhöht seine Finanzziele. Die betriebliche Marge (Ebitda) soll statt 16 bis 19% neu 18 bis 22% betragen. Bei der Rentabilitätskennzahl ROCE sollen statt «über 18%» neu «über 20%» erzielt werden. Das Ziel, den Umsatz organisch jährlich 5 bis 7% zu steigern, bleibt unverändert. Die grösste der drei Geschäftseinheiten von ABB, Elektrifizierung (Umsatzanteil 47%), erwartet in allen Zielmärkten weiteres Wachstum.

Aussichten

Das Börsengeschehen ist weiterhin von der US-Aussenpolitik beeinflusst. Diese Handelspolitik im Zickzack setzt die Wirtschaft und vor allem die Lieferketten unter Druck. Die Weltwirtschaft wird deutlich ausgebremst, aber die Aktienbörsen zeigen sich überraschend robust. Die Widerstandfähigkeit erklärt sich durch ein tiefes Zinsniveau sowie stützende Kursavancen der KI-Werte. Gefallen finden die Märkte auch an den zunehmenden Lockerungen des rigiden US-Zollsystems. Vorerst gehen die Volkswirtschaften allerdings in eine Phase am Rande der Rezession, zumindest vorübergehend.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst Portal24
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