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07.09.2025
06.09.2025 06:42 Uhr

Mit dem Velo bis nach Japan

Patrick Letica erlebte vor allem in muslimischen Ländern grosse Gastfreundschaft. Bild: zvg / Letica
Patrick Letica aus Grüningen fuhr in 830 Tagen mit dem Rad von Grüningen nach Japan und reiste dabei durch 27 Länder. Das Interview zu einer schier unglaublichen Reise.

Zürioberland24: Du bist in zwei Jahren von Grüningen bis nach Japan geradelt. Wann genau war das und was hat dich dazu bewogen?

Patrick Letica: Ich bin am 17. Juli 2022 losgefahren – ohne jegliche Vorerfahrung im Fahrradfahren, Zelten oder Reisen ausserhalb Europas – abgesehen von einer Reise nach Brasilien. Trotzdem war ich überzeugt, dass alles gut kommen wird.

Davor arbeitete ich in der Finanzbranche als Vorsorgeexperte. Materiell hatte ich alles, was man sich wünscht, aber innerlich war ich nicht erfüllt. Ich stellte mir die Frage: Welche Kapitel möchte ich in meinem Lebensbuch stehen haben? Sollte es nur die Geschichte sein, dass ich mein Leben lang von neun bis fünf im Büro sass und für andere gearbeitet habe? Mir wurde klar, dass dieser Weg nicht meiner ist – ich wollte meine eigene Geschichte schreiben.

Auch wenn ich nicht wusste, wie genau, wurde es mit der Zeit klarer: Ich wollte eine Weltreise machen. Und zwar mit dem Fahrrad, weil es eine grosse Herausforderung ist. Dass ich nie zuvor richtig Rad gefahren bin, war für mich kein Hindernis. Mein Ziel war Japan – ein Land, das mich schon immer magisch angezogen hat. Ich habe oft das Gefühl, ich war in einem früheren Leben ein Samurai. Die Reise dauerte insgesamt 830 Tage, während denen ich über 18 000 km mit dem Fahrrad durch 27 Länder zurücklegte. Dabei habe ich in über 50 BJJ-Schulen (Dojos) Brazilian Jiu-Jitsu trainiert.

Was waren deine eindrücklichsten Erlebnisse auf dieser Reise? Welches die heikelsten?

Besonders beeindruckt hat mich die Gastfreundschaft in den muslimischen Ländern, in denen ich insgesamt sieben Monate verbrachte – angefangen in der Türkei über Kurdistan, Irak, Kuwait, Saudi-Arabien, Bahrain, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate bis nach Pakistan. Die Offenheit und Hilfsbereitschaft der Menschen haben mir viele wertvolle Freundschaften geschenkt, für die ich sehr dankbar bin.

Die heikelsten Momente erlebte ich im Strassenverkehr, da man als Velofahrer immer der Schwächste auf der Strasse ist. Fast hätte es einen ernsten Zwischenfall gegeben: Am 10. Juli 2023, knapp vor meinem einjährigen Jubiläum, wurde ich in Indien von einem Lastwagen angefahren. Ich lag bewusstlos auf der Strasse und kam in ein lokales Spital, wo man mir jedoch nicht helfen konnte. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich selbst in einem Hotel in Motihari durch Schlaf und Ernährung zu erholen.

Ich zog mir eine mittelschwere Gehirnerschütterung zu, und mein Fahrrad "Spirit" wurde stark beschädigt, sodass ich nicht mehr weiterfahren konnte. Nach zwei Wochen kaufte ich mir einen Rucksack und setzte die Reise zu Fuss Richtung Nepal fort. Doch schon nach wenigen Stunden musste ich wegen der Nachwirkungen auf einen Bus umsteigen und verbrachte schliesslich einen Monat in Kathmandu, um mich zu erholen.

«Die heikelsten Momente erlebte ich im Strassenverkehr.»
Patrick Letica
  • In 830 Tagen hat der Schweizer Patrick Letica mit dem Velo die halbe Welt umrundet. Bild: zvg / Letica
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  • Vor der Abreise die grosse Auslegeordnung was es alles für die Reise braucht. Bild: zVg / Laetica
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  • Angetan haben es Letica die asiatischen Ländern. Bild: zvg / Letica
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  • Jiu-Jitsu ist Patrick Leticas zweite grosse Leidenschaft. Bild: zVg / Laetica
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Was fasziniert dich am Velofahren, vor allem über so lange Strecken?

Da ich vor meiner Reise nie wirklich Velofahrer war, ging ich völlig unvoreingenommen an das Abenteuer heran. Mittlerweile liebe ich das Velofahren, weil man dadurch eng mit der Natur verbunden ist und alles viel intensiver erlebt.

Für mich ist es ein ideales Reisemittel, um Länder wirklich kennenzulernen – nicht nur die touristischen Highlights, die oft überfüllt sind, sondern das alltägliche Leben. Mit dem Fahrrad kommt man auf natürliche Weise in Kontakt mit den Einheimischen und erlebt ihre Kultur sehr authentisch.

Was verbindet dich mit Grüningen?

Meine Mutter und ihr Partner leben schon seit langer Zeit in Grüningen. Bevor ich meine Reise gestartet habe, habe ich selbst noch einige Monate bei ihnen gewohnt. Ausserdem bin ich ein echter Zürcher Oberländer: Wir lebten drei Jahre im Ghöch in Bäretswil, bevor wir nach Hinwil zogen, wo ich aufgewachsen bin und auch die Schule besucht habe. So ist Grüningen für mich ein wichtiger Bezugspunkt und war zugleich Ausgangsort meiner Reise.

«Das Velo ist es ein ideales Reisemittel, um Länder wirklich kennenzulernen.»
Patrick Letica

Wie sehen deine weiteren Pläne aus?

Die letzten fünf Monate habe ich in China gelebt, um dort Brazilian Jiu-Jitsu zu trainieren und auch zu unterrichten. Nun kehre ich für kurze Zeit in die Schweiz zurück, um einige Vorträge und Events zu veranstalten. Ende September plane ich eine weitere Tour, von Zürich nach Lissabon. Diese möchte ich in den sozialen Medien mit Sponsoren begleiten, um einer Hilfsorganisation in der Schweiz zu unterstützen und gleichzeitig alle Interessierten auf der Reise mitzunehmen und zu inspirieren.

Anschliessend werde ich im Dezember nach Thailand gehen, um dort mein Yoga-Zertifikat für Ashtanga-Yoga zu erwerben und die Zeit zu nutzen, um neue Projekte für 2026 zu planen.

Falls jemand, der diesen Beitrag liest, denkt, dass ich zu ihrem Projekt in Form einer Zusammenarbeit passen könnte, darf mich diese Person gerne kontaktieren. Ich wäre dafür sehr dankbar.

Reisebericht mit Patrick Letica

Donnerstag, 11. September 2025
Schlosskeller, Grüningen
19.30 Uhr (Türöffnung um 19 Uhr)
Eintritt: Fr. 15.–

> Tickets bestellen

> Instagram-Profil von Patrick Letica

Martina Gradmann