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Schweiz
03.08.2025
04.08.2025 06:16 Uhr

Zollhammer: Drehbuch eines Debakels

Im Erklärungsnotstand: Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter wird von der Sonntagspresse hart kritisiert. Bild: SRF
Wie Karin Keller-Sutter und der Bundesrat in die Trump-Falle tapten. Und weshalb nun der Fifa-Präsident die letzte Hoffnung sein soll. Ein Blick durch die Schweizer Sonntags-Medien.

Was als aussenpolitisches Glanzstück geplant war, endet für Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter im Desaster: Der Handelsdeal mit den USA ist geplatzt – und die Schweiz steht mit 39 Prozent Zöllen da.

«Ihr grösstes Fiasko»

Entsprechend hart gehen die Medien mit der Magistratin um. «Es hätte Karin Keller-Sutters Meisterstück werden sollen. Nun ist es ihr grösstes Fiasko», schreibt die «Sonntagszeitung» von TA-Media. Noch im Frühjahr lobte selbst die «New York Times», dass Keller-Sutter Trump am Telefon besänftigt hatte. Erste Verhandlungen liefen an, «ein Deal lag auf dem Tisch: 10 Prozent Zölle, 200 Milliarden Investitionen in den USA.»

Die «Sonntagszeitung» weiter: «Am 31. Juli wollte Keller-Sutter persönlich nachhelfen – mit einem Telefonat mit Trump. Doch das Gespräch eskalierte. Nachdem sie von der Geschichte der Schweiz und der Bedeutung des 1. Augusts erzählte, wurde Trump scharf: Ein Zoll von 10 Prozent ist völlig unzulänglich. Die Schweiz müsse viel mehr zahlen.

Per SMS zurückgepfiffen

Keller-Sutter habe «oberlehrerhaft» zu erklären versucht, wie Trump es empfand. Schliesslich kam die SMS aus Washington: «Beendet das Gespräch, sonst wird alles nur noch schlimmer.» Zwei Stunden später folgte die Hiobsbotschaft: «39 Prozent Zoll für die Schweiz.»

Die «Sonntagzeitung» schreibt Keller-Sutter habe «das Dossier an sich gerissen», sei «naiv in das Gespräch gegangen, ohne Plan B.» Nun soll das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) retten, was zu retten ist.

Vielen Schweizer ist die Lust auf eine USA-Reise vergangen. Bild: Linth24

Die NZZ mit Festtags-Ironie

Die «NZZ am Sonntag» präsentiert die Geschichte – garniert mit Lampions und Kartoffelsalat: «Am Nationalfeiertag wurde die Schweiz jäh aus ihrer selbstzufriedenen Beschaulichkeit gerissen: Während auf dem Rütli noch Cervelats gegrillt und Feuerwerke gezündet wurden, verkündete US-Präsident Donald Trump Strafzölle von 39 Prozent auf Schweizer Produkte. Ein Schock, der das Selbstverständnis der Schweiz als verlässlicher, berechenbarer Partner ins Wanken bringt».

«Wir sind verlässlich»

Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter versuchte noch, auf der Rütliwiese Mut zu machen. «Wir dürfen mit Fug und Recht behaupten, dass wir verlässlich sind», sagte sie in ihrer Rede. Doch der internationale Kontext scheint sich von solchen Prinzipien zu verabschieden. «Gerade in diesen unsicheren Zeiten sei die Verlässlichkeit die neue Währung», so Keller-Sutter – Worte, die wie unfreiwillige Ironie tönen.

«Harter Rückschlag»

Der «Sonntagsblick» schreibt von einem «harten Rückschlag». Die Schweizer Bundespräsidentin habe im Handelsstreit mit den USA eine schwere Niederlage hinnehmen müssen. Trotz jahrelanger Bemühungen und intensiver Verhandlungen mit Washington kündigte US-Präsident Donald Trump überraschend hohe Strafzölle von 39 Prozent auf Schweizer Produkte an – ein für die Schweiz dramatischer Schritt, der auch das Präsidialjahr Keller-Sutters überschattet.

«Zugang zu Trump»

Noch im Juli hatte Keller-Sutter im «Sonntagsblick» betont, sie habe «den Zugang zu Trump gefunden» und sei optimistisch, einen Deal zu erzielen. Doch beim entscheidenden Telefonat am 31. Juli offenbarte sich die Kluft: Trump forderte deutlich höhere Zölle als zuvor vereinbart, was Keller-Sutter vor vollendete Tatsachen stellte.

Quintessenz des «Sonntagsblicks»: «Karin Keller-Sutter steht vor ihrer bisher grössten Herausforderung. Ob sich die Schweiz auf ein Machtspiel Trumps einlassen oder andere Wege im Umgang mit dem wichtigsten Handelspartner finden wird, bleibt vorerst offen».

Letzte Hoffnung Infantino: hat der Fifa-Präsident wirklich einen Schlüssel zum Oval Office? Bild: Screenshot

SRF mit diplomatischem Steilpass

Die vielleicht schönste Pointe liefert SRF zum Zoll-Schlamassel. Es will Fifa-Präsident Gianni Infantino ins Gefecht schicken. Der Walliser habe schliesslich quasi einen Schlüssel fürs Oval Office und den besten Draht zu Trump von allen Schweizern.

Der Beobachter aus der Halbdistanz reibt sich die Augen und staunt. Wenn der Fifa-Präsident die letzte Hoffnung für das wirtschaftliche Wohl der Schweiz sein soll, steht unser Land schon jetzt mit beiden Füssen im Abseits.

Krisensitzung am Montag

Übrigens: Die Krisen-Sitzung des Bundesrates (per Video-Call) ist für Montag geplant. Am Wochenende gibt es schliesslich wichtigeres zu tun.

Thomas Renggli