In Männedorf steht eine Seeparzelle im Zentrum eines Rechtsstreits zwischen privaten Eigentümern und der Gemeinde. Es geht um eine 1200 Quadratmeter grosse Wiese mit direktem Zugang zum Zürichsee, die in der Freihaltezone liegt und daher nicht bebaut werden darf. Das Baurekursgericht hat nun entschieden: Die Gemeinde darf das Grundstück für rund zwei Millionen Franken übernehmen. Wie der Tagesanzeiger schreibt, greift hier das kantonal geregelte Vorkaufsrecht.
Die Wiese wechselte im April 2024 den Besitzer – von einer Architekturfirma zu einer Kanzlei, die bereits das Nachbargrundstück besitzt. Das Grundbuchamt informierte die Gemeinde über den Eigentümerwechsel, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist. Daraufhin entschied der Gemeinderat, die Fläche für einen öffentlichen Badeplatz zu sichern.
Privates Interesse
Die Käuferin und die ehemalige Eigentümerin lehnten dieses Vorgehen entschieden ab. Ihr Ziel: eine private Grünfläche schaffen. Beide Parteien reichten Beschwerde beim Baurekursgericht ein. Sie erklärten, vom Vorkaufsrecht nichts gewusst zu haben und machten den Kaufvertrag kurz darauf rückgängig – noch bevor die Gemeinde aktiv wurde.
Das Gericht liess sich davon nicht überzeugen. Es sei widersprüchlich, erst zu behaupten, man habe das Vorkaufsrecht nicht gekannt, und gleichzeitig dessen Existenz in Abrede zu stellen. Eine Rückabwicklung allein reiche nicht aus, um das Vorkaufsrecht auszuhebeln.
Gericht weist zurück
Aus Sicht der Käufer sei das öffentliche Interesse an der Wiese gering. Männedorf verfüge über genügend Seezugänge. Zudem fürchteten sie, durch einen öffentlichen Badeplatz störe fremder Besuch die Ruhe des benachbarten Grundstücks. Das Gericht sah darin jedoch kein ausreichendes Argument gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts.
Zudem betonte das Urteil, dass die Berufung auf einen «Grundlagenirrtum» ein gefährlicher Präzedenzfall wäre. Andernfalls könnten künftig sämtliche Käufer bei unerwünschten Vorkaufsrechten den Vertrag einfach aufheben und so die Gesetzesgrundlage umgehen.
Initiative mit Auswirkungen
Der Streit könnte über Männedorf hinaus Bedeutung gewinnen. Im Kanton Zürich steht eine Abstimmung über eine Initiative an, die das kommunale Vorkaufsrecht deutlich ausweiten würde. Gemeinden sollen demnach bei jedem Grundstücksverkauf mitbieten dürfen – unabhängig von Lage oder Eigentümerstruktur.
Ein breites Komitee aus Parteien und Genossenschaften unterstützt den Vorschlag. Der Regierungsrat sowie Kantonsrat sprechen sich dagegen aus. Auch SVP, FDP und Teile der GLP lehnen die Initiative ab und favorisieren einen Gegenvorschlag mit klareren Grenzen.
Chancen und Risiken
Immobilienexperte Donato Scognamiglio sieht das Thema differenziert. Wer ein Objekt kaufen will, könne sich vorab bei der Gemeinde erkundigen – das schaffe Klarheit. Für Verkäufer könne das Vorkaufsrecht sogar vorteilhaft sein, da die Gemeinde zum gleichen Preis kaufen müsste wie ein privater Interessent.
Er geht nicht davon aus, dass ein kantonaler Systemwechsel zu mehr Gerichtsprozessen führen würde. Fälle wie in Männedorf könnten vorkommen, seien aber nicht die Regel. Entscheidend bleibe, ob Gemeinden das Recht strategisch und transparent nutzen.