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Schweiz
22.06.2025
22.06.2025 07:08 Uhr

Bessere Bilder für Mensch und Maschine

Hergestellt im Dünnschicht-Verfahren: Einer der beiden Sensor-Prototypen, mit denen die Forschenden demonstriert haben, dass sich die Perovskit-Technologie miniaturisieren lässt. Bild: Empa / ETH Zürich
Perovskit-Bildsensoren liefern bessere Fotos bei wenig Licht. ETH und Empa zeigen Prototypen mit starker Farbwiedergabe und Potenzial für maschinelles Sehen.

Bildsensoren in Smartphones und Digitalkameras funktionieren ähnlich wie das menschliche Auge: Sie erfassen Licht in den Farben Rot, Grün und Blau (RGB). Während unsere Netzhaut dafür spezielle Zellen nutzt, verwenden Sensoren einzelne Pixel, die Lichtwellen absorbieren und in elektrische Signale umwandeln. Die meisten Sensoren bestehen aus Silicium, das das gesamte sichtbare Spektrum aufnimmt. Um daraus Farbaufnahmen zu erzeugen, wird das Licht mithilfe von Farbfiltern aufgeteilt – jeder Pixel erhält so nur etwa ein Drittel des Lichts.

Perovskit: neue Materialien für bessere Sensoren

Forschende der Empa und ETH Zürich haben Bildsensoren aus Bleihalogenid-Perovskit entwickelt, einem kristallinen Halbleiter, der sich einfach verarbeiten lässt und dessen Eigenschaften durch chemische Zusammensetzung variieren. Durch gezielte Zugabe von Jod, Brom oder Chlor können die Perovskit-Schichten spezifisch rotes, grünes oder blaues Licht absorbieren – ganz ohne Filter. So können die Farbpixel übereinandergestapelt werden, was die Lichtausbeute verbessert und Bildsensoren effizienter macht als herkömmliche Silicium-Sensoren.

Rot, grün, blau: Die einzelnen Schichten des Perovskit-Sensors sind für die anderen Wellenlängen transparent und können somit gestapelt werden. Bild: Empa / ETH Zürich

Funktionierende Bildsensoren

Dank dieser Anordnung können Bildsensoren auf Perovskit-Basis auf derselben Fläche theoretisch dreimal so viel Licht einfangen wie herkömmliche Bildsensoren – und das bei dreimal besserer Auflösung. Bereits vor einigen Jahren konnte Kovalenkos Team ihre Funktionsweise demonstrieren, zunächst mit einzelnen überdimensionalen Pixeln aus millimetergrossen Perovskit-Kristallen. Nun haben sie erstmals zwei funktionierende Dünnschicht-Bildsensoren aus Perovskit gebaut.

«Wir entwickeln die Technologie weiter von einem groben ‹Proof of Concept› und hin zu einer Dimension, in der sie tatsächlich zum Einsatz kommen könnte», sagt Kovalenko. Ein natürlicher Entwicklungsweg für Elektronik-Komponenten: «Der erste Transistor bestand aus einem grossen Stück Germanium mit ein paar Anschlüssen. Heute, 60 Jahre später, messen Transistoren nur noch wenige Nanometer.»

Am Anfang der Entwicklung

Die Perovskit-Bildsensoren stehen noch am Anfang ihrer Entwicklung. Mit den zwei Prototypen konnten die Forschenden jedoch zeigen, dass die Technologie sich durchaus miniaturisieren lässt. Hergestellt mit in der Industrie üblichen Dünnschicht-Verfahren, haben die Sensoren zumindest in der Vertikale ihre Zielgrösse erreicht. «Es gibt natürlich immer Optimierungspotenzial», merkt Co-Author Sergii Yakunin, der Teilaktivitäten von Kovalenkos Forschungsgruppe leitet.

Die beiden Prototypen, die sich in der Auslese-Technologie unterscheiden, haben die Forschenden auf Herz und Nieren experimentell untersucht. Ihre Ergebnisse belegen die Stärken von Perovskit: Die Sensoren sind lichtempfindlicher, geben die Farben präziser wider und können eine deutlich höhere Auflösung bieten als die herkömmliche Silicium-Technologie. Dadurch, dass jeder Pixel das gesamte Licht einfängt, entfallen zudem einige Artefakte der Digitalfotografie, etwa das Demosaicing und der Moiré-Effekt.

Eine Farbpalette, abgebildet mit einem Bildsensor-Prototyp auf Perovskit-Basis. Die präzise Farbwidergabe ist eine der Stärken der neuen Technologie. Bild: Empa / ETH Zürich

Maschinelles Sehen für Medizin und Umwelt

Doch Digitalkameras für Endverbraucher sind nicht das einzige Anwendungsgebiet für Perovskit-Bildsensoren. Aufgrund der Eigenschaften von Perovskit eignen sie sich auch besonders gut für Anwendungen im Bereich des maschinellen Sehens. Der Fokus auf Rot, Grün und Blau ist dem menschlichen Auge geschuldet: Unsere Bildsensoren arbeiten im RGB-Format, weil unsere Augen im RGB-Modus sehen. Für spezifische Aufgaben lohnt es sich aber, abweichende Wellenlängenbereiche zu definieren, die von einem Computer ausgelesen werden. Häufig sind es mehr als drei – man spricht von der sogenannten hyperspektralen Bildgebung.

Für diese haben Perovskit-Sensoren einen entscheidenden Vorteil. Die Wellenlängenbereiche, die sie absorbieren, können die Forschenden sehr präzise steuern – für jede Schicht. «Mit Perovskit können wir zahlreiche Farbkanäle definieren, die sich klar voneinander unterscheiden», sagt Yakunin. Silicium, mit seinem breiten Absorptionsspektrum, benötigt dafür zahlreiche Filter und aufwändige Computeralgorithmen. «Das ist bereits bei einer relativ kleinen Anzahl Farben sehr unpraktisch», resümiert Kovalenko. Hyperspektrale Bildsensoren aus Perovskit könnten etwa im Bereich medizinischer Analysen oder bei der automatisierten Überwachung der Landwirtschaft und der Umwelt zum Einsatz kommen.

In einem nächsten Schritt wollen die Forschenden ihre Perovskit-Bildsensoren weiter verkleinern und gleichzeitig die Anzahl Pixel erhöhen. Ihre beiden Prototypen haben Pixelgrössen zwischen 0,5 und 1 Millimeter. Pixel in kommerziellen Bildsensoren befinden sich im Mikrometerbereich. «Es sollte sogar möglich sein, aus Perovskit noch kleinere Pixel zu machen als aus Silicium», so Yakunin. Auch müssen die elektronischen Anschlüsse und die Verarbeitungstechniken für die neue Technologie angepasst werden. «Die heutige Auslese-Elektronik ist für Silicium optimiert. Perovskit ist aber ein anderer Halbleiter, mit anderen Materialeigenschaften», sagt Kovalenko. Die Forschenden sind jedoch überzeugt: Diese Herausforderungen lassen sich meistern.

Empa/gg