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Hombrechtikon
12.06.2025
13.06.2025 09:53 Uhr

Emil Messner – der Mann, der die Lüfte beherrschte

Ballonpionier Emil Messner (im Ballonkorb sitzend) aus Feldbach hat die Schweizer Luftfahrt massgeblich geprägt. Bild: Archiv Familie Messner
Auf dem Gut Rosenberg in Feldbach lebte einst ein erfolgreicher Unternehmer, der die Schweizer Ballonfahrt massgeblich prägte. Emil Messner gewann nicht nur das weltberühmte Gordon-Bennett-Ballonrennen und holte den Wettbewerb damit in die Schweiz, er war auch Mitbegründer der Swissair. Im September 2025 wird sein 150. Geburtstag gefeiert.

Auf dem Gut Rosenberg in Feldbach (Gemeinde Hombrechtikon) lebte einst der erfolgreiche Unternehmer Emil Messner, der die Schweizer Ballonfahrt massgeblich prägte. Er gewann 1908 das weltberühmte Gordon-Bennet-Ballonrennen in Berlin und war Mitbegründer der Swissair.

Von Thun nach Feldbach

Emil Messner wurde 1875 in Winterthur geboren, wo er auch zur Schule ging und sich zum Giesserei-Ingenieur ausbilden liess. Praktische Erfahrung als Ingenieur erwarb er sich in England, Deutschland, Frankreich und den USA, bevor er 1911 die Führung der Schweizerischen Metallwerke Selve in Thun übernahm. 21 Jahre als Generaldirektor des Unternehmens tätig, erlangte er international ein hohes Ansehen und konnte sich durch seine Tätigkeit ein grosses weltweites Beziehungsnetz aufbauen.

Emil Messners Jugendzeit fiel in eine Periode ungeheuer schneller Entwicklung des Verkehrswesens, der Energieversorgung und der Maschinenindustrie. Die Zeit war geprägt von Innovation und Fortschrittsglauben, was dem Wesen von Emil Messner sehr entgegenkam.

Im Jahr 1912 heiratete Emil Messner Elisabeth «Lisbeth» Bleuler vom Gut Rosenberg in Feldbach und kam in die Gemeinde. Neben seiner Arbeit in Thun pflegte die junge Familie weiterhin das Gut Rosenberg mit seinem Landwirtschaftsbetrieb. Lisbeth war die erste lizenzierte Bäuerin vom Strickhof in Zürich. Auch war sie 1905 die Erbauerin der heute denkmalgeschützten Stallbauten an der Alten Landstrasse in Feldbach.

1932 zog die Familie definitiv von Thun nach Feldbach, wo sich Emil Messner fortan hauptsächlich seinen innovativen Zukunftsprojekten der Aviatik widmen konnte.

Emil Messner (links im Korb) erlangte mit dem Brevet Nummer 7 als einer der Ersten die Lizenz zum Ballonfahren in der Schweiz. Bild aus dem Jahr 1900. Bild: Fam. Messner

Pionier der Luftfahrt

Als junger Offizier kam Emil Messner im Jahr 1900 in die erste Ballon-Rekrutenschule in Bern. Schulkommandant Theodor Schaeck, der sich des damaligen Luftfahrtwesens mit grosser Liebe und reichem Verständnis annahm, verstand es, seine jungen Offiziere nicht nur auszubilden, sondern auch für die Sache zu begeistern. Nur ein Jahr später, 1901, gründete Oberst Schaeck mit seinen Offizierskameraden, unter anderem mit Leutnant Messner, den Aero-Club in Bern. Im Rahmen seiner militärischen Tätigkeit beim Aufbau der Ballontruppen erlangte Emil Messner das Ballon-Brevet Nummer 7 des Aero-Clubs.

Die gute Zusammenarbeit von Oberst Schaeck aus Genf und Hauptmann Messner aus Feldbach führte zu vielen gemeinsamen Ballonfahrten, wo sie sich das Rüstzeug für internationale Wettfahrten erarbeiteten und schliesslich die Qualifikation für das Gordon Bennett-Rennen erhielten für eine Weitfahrt ab Berlin im Jahr 1908.

Sieg beim Gordon Bennet 1908

1908 war Berlin der Austragungs- ort der internationalen Gordon- Bennett-Wettfahrt. Das Team Theodor Schaeck und Emil Messner vertrat die Schweizer Luftfahrt mit dem neuen Ballon «Helvetia» mit einem Volumen von 2250 m3, einem grossen Gasballon.

Am 23. Oktober 1908 starteten 23 Ballone beim Berliner Gaswerk zur Distanzwettfahrt. Aus der geplanten Ballonfahrt nach Südwesten ans Schwarze Meer wurde bei drehenden Winden eine Fahrt nach Norden Richtung Nordsee. Noch am selben Tag wurde Magdeburg erreicht und in der folgenden Nacht ging es auf die Nordsee hinaus Richtung Island.

Bei schlechtem Wetter war die Sicht stark limitiert und ein Navigieren  auf hoher See verunmöglicht. Über 40 Stunden hatten sie keinen Kontakt zum Festland und befürchteten bereits das Schlimmste, als sie plötzlich norwegische Berge in der Ferne sahen. Mit viel Glück erreichten sie nach 73 Stunden im Ballon das norwegische Festland in der Nähe von Bergseth.

Mit dieser Fahrt über mehr als 1100 km gelang dem Duo Schaeck- Messner der grösste Triumph der jungen Schweizer Luftfahrtgeschichte: Sie gewannen die Gordon-Bennett-Wettfahrt und wurden durch die 73-stündige Ballonfahrt gleichzeitig Weltmeister.

  • Mit der «Helvetia» gewann Emil Messner 1908 das Gordon-Bennett- Rennen in Berlin und wurde Weltmeister. Bild: Fam. Messner
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  • Zeichnung und Route von Emil Messners Distanzfahrt im Jahr 1908. Bild: Archiv Familie Messner
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  • Aufnahme der Ballone an der Gordon-Bennett-Wettfahrt in Berlin im Jahr 1908. Bild: Archiv Familie Messner
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1909 in der Schweiz

Das Gordon-Bennett-Reglement bestimmt, dass die folgende Wettfahrt jeweils im Land des Siegers, in diesem Fall 1909 in der Schweiz, stattfinden soll. Emil Messner, zu der Zeit Generalsekretär des Aero-Clubs, tat sich dabei als umsichtiger und höchst engagierter Organisator hervor.

Ein riesiges Interesse an der Luftfahrt lockte im Oktober 1909 gegen 400 000 Zuschauer nach Schlieren bei Zürich zum Gaswerk. 16 Ballone starteten zur Gordon-Bennett- Wettfahrt, bei der Emil Messner hinter dem amerikanischen Ballon mit einer Fahrt nach Schlesien guter Zweiter wurde.

  • Ballone über der Stadt Zürich: Gordon-Bennett-Rennen im Jahr 1909. Bild: Fam. Messner
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  • Im Jahr 1909 fand die Gordon-Bennett-Wettfahrt in Zürich statt. Bild: Archiv Familie Messner
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  • Gordon-Bennett-Wettfahrt in Zürich im Jahr 1909. Bild: Archiv Familie Messner
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Förderer der Luftfahrt

Luftfahrten waren ab 1900 ebenso der Wissenschaft wie dem Sport gewidmet. Die führenden Meteorologen, Geografen und Physiker nahmen regen Anteil und erarbeiteten die Kenntnisse, die später auch dem Motorflug den Weg bereiteten. In jener Zeit entstand die enge Freundschaft mit dem Physiker Auguste Piccard, dem Emil Messner bei seinen Stratosphärenflügen Anfang der dreissiger Jahre mit Rat und Tat zur Seite stand.

Inzwischen war der Motorflug zur Realität geworden. Enthusiastisch beteiligte sich der Organisator des Gordon-Bennett-Rennens von 1909 in Zürich im darauffolgenden Jahr an der Schaffung des Flugfelds von Dübendorf, dem ersten Flugplatz in Europa.

«Die Förderung des Luftverkehrs gehört zu den Pflichten eines modernen Bürgers.»
Zitat von Emil Messner aus dem Jahr 1921

Flugwaffe ermöglicht

Als sich die ersten Anzeichen einer Militäraviatik zeigten, hatte der Bund dafür keine Mittel. Der auf Initiative des Schweizer Offiziersvereins ins Leben gerufenen «Nationale Flugspende» widmete Messner seine ganze freie Zeit. So gelang es, bis Anfang 1914 zwei Millionen Schweizerfranken zu sammeln, um damit den Militärbehörden die Schaffung der Flugwaffe – noch vor dem Ersten Weltkrieg – zu ermöglichen.

In der Landesaustellung 1914 präsentierte Emil Messner die internationale Luftfahrt. Seine Fähigkeit, zukunftsträchtige Neuerungen in ihrer Bedeutung rasch zu er- kennen, und sein Geschick in der Gewinnung flugbegeisterter Mäzene ermöglichten es Emil Messner, stets an vorderster Front mitzuwirken und der Fliegerei zum Durchbruch zu verhelfen.

1905 wurde in Paris die so wichtige Fédération Aeronautique Internationale (FAI) zur Förderung der internationalen Luftfahrt gegründet. Emil Messner wirkte in der FAI aktiv mit, zuerst als Verwaltungsratsmitglied und ab 1927 als Vizepräsident des Verwaltungsrats. Er trug dazu bei, die Bedeutung der Schweizer Flugsportaktivitäten international zu untermauern. 1937 organisierte er das Welttreffen der FAI auf dem Rosenberg in Feldbach. An diesem Meeting wurden auf der «Seewies» die neuesten Fluggeräte präsentiert – als Weltneuheit unter anderem ein italienischer Helikopter.

  • In Feldbach startete 1937 eine Weltneuheit: ein Helikopter aus Italien. Bild: Archiv Familie Messner
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  • Das Gut Rosenberg der Familie Messner in Feldbach (Gemeinde Hombrechtikon). Bild: Archiv Familie Messner
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Mitbegründer der Swissair

Am Ende des Ersten Weltkriegs begann weltweit das Zeitalter des Luftverkehrs, für dessen Förderung Emil Messner kein Einsatz zu gross war. Er gehörte zu den Mitbegründern der Luftfahrtgesellschaft AD Astra Aero und diente dabei als Verwaltungsrat der Fluggesellschaft. 1931 fusionierten die beiden Fluggesellschaften Ad Astra Aero AG und Balair AG zur Swissair, wo Emil Messner fortan als Vizepräsident des Verwaltungsrats wirkte.

Die erste Basis der Swissair war Dübendorf, von wo aus mit 13 Flugzeugen der europäische Raum bedient wurde. Zuerst wurde ein Kurierdienst in der Schweiz angeboten, der Schritt für Schritt aus- gebaut wurde. Die beiden Chefpiloten Zimmermann und Mittelholzer erweiterten sehr weitsichtig die Flugzeugflotte mit dem amerikanischen, sehr schnellen Flugzeug Lookheed Orion. Mit einer Geschwindigkeit bis 360 km/h war damit die Swissair wiederum führend in der europäischen Luftfahrt.

Zum Autor Martin A. Messner ist der Enkel von Emil Messner und, gemeinsam mit seiner Schwester Charlotte, auf dem Rosenberg in Feldbach aufgewachsen. Die Passion für die Ballonfahrt haben Charlotte Brühwiler und Martin Messner von ihrem Grossvater geerbt: Martin gewann gemeinsam mit Karl Sprenger 1984 das Gordon-Bennett-Rennen in Zürich, zwei Jahre später wurde er Heissluftballon- Europameister. Der 73-jährige Unternehmer, der international leitende Funktionen in der Industrie innehatte, u. a. bei Leica und Hilti, und zehn Jahre lang Präsident des Schweizerischen Ballonverbandes war, lebt bis heute auf dem Rosenberg und betreibt dort Landwirtschaft mit Rebbergen. In seinem privaten Luftfahrtmuseum sind alle wichtigen Dokumente über die Entstehung der Luftfahrt bis zur Swissair und weitere Dokumente zu bestaunen, z. B. Zeichnungen der ersten Versuche der französischen Gebrüder Montgolfier, denen 1783 die erste bemannte Heissluftballonfahrt gelang. Das Privatarchiv hat international kulturhistorischen Wert. Bild: zvg
Martin A. Messner