Wie SRF berichtet, hat Coop kürzlich das Sortiment in seinen Filialen neu strukturiert. Besonders auffällig: Fleischprodukte befinden sich nun vor den Fleischersatzprodukten. Auch andere Bereiche wie Joghurt oder Pizzateig wurden neu angeordnet. Solche Anpassungen sorgen bei Kundinnen und Kunden regelmässig für Irritation – viele fragen sich, ob dahinter eine konkrete Strategie steckt oder nur Verwirrung entsteht.
Sortimentswechsel
Laut Coop richtet sich die neue Warenanordnung grundsätzlich nach dem Verhalten und den Bedürfnissen der Kundschaft. Kleinere Umstellungen würden gezielt vorgenommen, um auf aktuelle Anforderungen zu reagieren. Auf die Frage, warum genau Fleisch nun vor Fleischersatz platziert ist, geht das Unternehmen nicht näher ein.
Auch Migros begründet Änderungen in der Produktplatzierung mit Kundenbedürfnissen. Produkte mit hoher Nachfrage, saisonale Artikel oder Neuheiten würden besonders prominent platziert, um die Sichtbarkeit zu erhöhen. Ziel sei es, die Orientierung im Laden zu erleichtern und das Einkaufserlebnis zu verbessern.
Kaufverhalten
Der Wirtschaftspsychologe Christian Fichter sieht hinter der neuen Platzierung eine komplexe Dynamik. Besonders für vegetarisch lebende Menschen könne die direkte Konfrontation mit Fleisch abschreckend wirken – daher erscheine die neue Anordnung nicht intuitiv. Grundsätzlich sei der Mensch zwar offen für Neues, zugleich aber ein Gewohnheitstier. Einkaufsroutinen sollen möglichst bequem und effizient ablaufen.
Ungewohnte Regalstrukturen könnten dazu führen, dass man neue Produkte wahrnimmt – doch laut Fichter ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass sie direkt gekauft werden. Entscheidend sei, ob ein Produkt sichtbar und griffbereit positioniert ist. Dann steige die Chance, dass es zumindest einmal ausprobiert wird. Bei guter Qualität könne dies langfristig auch das Konsumverhalten verändern.
Strategien
Viele Grossverteiler setzen bei der Gestaltung ihrer Verkaufsflächen auf bekannte Muster. Milchprodukte und frische Ware befinden sich oft am Ende des Ladens – so müssen Kundinnen und Kunden an vielen anderen Produkten vorbeigehen, was die Wahrscheinlichkeit von Impulskäufen erhöht. Inzwischen finden sich Frischprodukte aber auch häufiger im Eingangsbereich. Das soll den Einkauf beschleunigen und die Laufwege verkürzen.
Interessant ist auch die Führung durch den Laden: In Ländern mit links-nach-rechts-Schrift, wie der Schweiz oder Deutschland, werden Kundinnen und Kunden meist gegen den Uhrzeigersinn durch die Verkaufsfläche geleitet – also linksherum. In Ländern mit rechts-nach-links-Schrift, wie Israel oder arabischen Staaten, ist es umgekehrt. Allerdings bestätigen auch hier Ausnahmen die Regel. So hat Fichter festgestellt, dass man in vielen Aldi-Filialen im Uhrzeigersinn durch das Sortiment geführt wird.
Verhaltenspsychologie
Die aktuellen Veränderungen bei Coop zeigen: Selbst kleinste Eingriffe in die gewohnte Ladenstruktur können eine grosse Wirkung haben. Ziel ist es nicht nur, den Einkauf angenehmer zu gestalten, sondern auch die Sichtbarkeit bestimmter Produkte zu steigern. Ob sich daraus langfristige Effekte auf das Konsumverhalten ergeben, bleibt offen – die Mechanismen dahinter sind jedoch klar durchdacht.