Die Debatte um die umstrittene Sammlung Emil Bührle hat in Zürich eine neue Phase erreicht. Nach intensiven Verhandlungen haben sich die Zürcher Kunstgesellschaft (ZKG) und die Stiftung Sammlung E. G. Bührle auf neue Leitlinien ihrer künftigen Zusammenarbeit geeinigt. Die Werke bleiben weiterhin als Dauerleihgabe im Kunsthaus ausgestellt – doch der Umgang mit ihnen wird sich grundlegend verändern.
Mehr Transparenz
Kernstück der neuen Vereinbarung ist ein umfassendes, auf fünf Jahre angelegtes Provenienzforschungsprojekt. Die Zürcher Kunstgesellschaft übernimmt die Verantwortung für die wissenschaftliche Untersuchung der Herkunft aller 205 Werke der Bührle-Leihgabe. Die Stiftung selbst verpflichtet sich dazu, bei begründeten Hinweisen auf Raubkunst aus der NS-Zeit faire und gerechte Lösungen zu finden.
Drei neue Ausstellungen
Zusätzlich zur Forschung plant das Kunsthaus drei neue kuratorische Formate. Eine Ausstellung würdigt jüdische Sammler als Wegbereiter der Moderne. Eine zweite befasst sich direkt mit der Geschichte Emil Bührles, seiner Rolle als Waffenfabrikant und Kunstkäufer während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie soll dauerhaft im Chipperfield-Bau zu sehen sein. Die dritte Ausstellung konzentriert sich wieder stärker auf die künstlerische Perspektive.
Mit diesen Formaten will das Kunsthaus der Kritik begegnen, es biete zu wenig Kontext für eine der problematischsten Sammlungen Europas. Bührle, der während des Zweiten Weltkriegs durch Rüstungsgeschäfte ein Vermögen anhäufte, erwarb zahlreiche Werke aus dubiosen Quellen, darunter mutmassliche Fluchtgut- oder Raubkunst.
Kein internationales Gremium
Auf die Bildung einer internationalen Expertenkommission verzichtet die Kunstgesellschaft. Stattdessen setzt sie auf ein internes Prüfmodell, ein akademisches Peer-Review-Verfahren und die Möglichkeit, bei Bedarf die neu geschaffene nationale Kommission für belastetes Kulturerbe einzuschalten. Damit folgt sie einer Empfehlung des Historikers Raphael Gross, dessen Bericht im vergangenen Jahr den Druck auf das Kunsthaus massiv erhöht hatte
Für die Umsetzung der neuen Forschung und Ausstellungsformate beantragt die Kunstgesellschaft drei Millionen Franken bei der Stadt Zürich.