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Schweiz/Ausland
25.05.2025

Gen-Mutation senkt Schlafbedarf

Die Gen-Mutation N783Y erlaubt es wenigen Menschen, mit nur vier bis sechs Stunden Schlaf auszukommen. Bild: KI
Eine seltene Genmutation erlaubt bestimmten Menschen erholsamen Schlaf mit nur vier Stunden – ein Durchbruch für die Schlafmedizin mit Potenzial für neue Therapien.

Während sich viele Menschen acht Stunden Schlaf pro Nacht wünschen, gibt es Einzelne, die mit vier bis sechs Stunden auskommen – ganz ohne Müdigkeit am nächsten Tag. Forschende sind einer genetischen Ursache für dieses Phänomen auf der Spur: Eine Mutation im Gen SIK3, bekannt als N783Y, scheint dafür verantwortlich zu sein, dass bestimmte Personen weniger Schlaf benötigen als der Durchschnitt.

Die Entdeckung der Mutation geht auf Arbeiten eines Forschungsteams um Ying-Hui Fu an der University of California, San Francisco, zurück. Bereits vor einigen Jahren beschrieben die Wissenschaftler eine erste genetische Variante, die mit dem sogenannten natural short sleep-Phänotyp zusammenhängt. Nun zeigt sich: Die N783Y-Mutation ist eine weitere seltene Veränderung, die Schlaf nicht nur verkürzt, sondern offenbar auch effizienter macht.

Eine einzige Aminosäure 

Bei der Mutation handelt es sich um eine Substitution: An der Position 783 im SIK3-Protein wird die Aminosäure Asparagin (N) durch Tyrosin (Y) ersetzt. In Tierversuchen mit Mäusen, die diese Mutation tragen, zeigte sich ein konsistentes Muster: Sie schliefen weniger und schienen dennoch völlig erholt.

Auch auf molekularer Ebene verändert sich durch die Mutation einiges. SIK3 ist ein Enzym, das in verschiedenen Signalwegen des Körpers eine Rolle spielt. Besonders im Gehirn wirkt es an Prozessen mit, die mit Schlafhomöostase – also dem inneren Gleichgewicht des Schlafbedarfs – zusammenhängen.

Die veränderte Aktivität des mutierten Proteins könnte demnach dafür sorgen, dass sich das Gehirn schneller «ausgeschlafen» fühlt. Dadurch wird der Schlaf offenbar nicht nur verkürzt, sondern auch effektiver genutzt.

Kein Rezept für die Selbstoptimierung

Trotz der wissenschaftlichen Faszination ist Vorsicht angebracht: Die N783Y-Mutation ist äusserst selten. Sie bietet keinen allgemein anwendbaren Schlüssel zur Schlafreduktion. «Dies ist kein Freipass für weniger Schlaf», betont Fu in einem Interview.

«Was wir beobachten, ist ein extremes, aber natürliches Beispiel für menschliche Variation.» Für die breite Bevölkerung bleibt ausreichend Schlaf eine gesundheitliche Notwendigkeit. Chronischer Schlafmangel kann unter anderem zu Herzerkrankungen, Depressionen oder einem geschwächten Immunsystem führen.

Die Entdeckung der Mutation wirft dennoch wichtige Fragen auf – etwa, ob sich bestimmte Aspekte des Schlafs künftig gezielter steuern lassen. Solche Erkenntnisse könnten langfristig nicht nur unser Verständnis, sondern auch unsere Behandlung von Schlafproblemen verändern.

Neue Perspektiven für die Schlafmedizin

Die Forschung an Genen wie SIK3 öffnet ein neues Kapitel in der Schlafmedizin. Noch steht man am Anfang. Doch wenn es gelingt, die molekularen Mechanismen des Schlafs besser zu verstehen, könnten daraus neue Therapien gegen Schlafstörungen entstehen.

Solche Ansätze wären besonders relevant für Menschen mit Insomnie oder für jene, die aufgrund von Schichtarbeit unter Schlaflosigkeit leiden. Der gezielte Eingriff in biologische Prozesse könnte zukünftig den Umgang mit Schlafproblemen revolutionieren.

Bis dahin bleibt der Rat der Wissenschaft einfach: Wer müde ist, sollte schlafen. Nur die wenigsten tragen das genetische Privileg, mit weniger auszukommen.

GQ, Goldkueste24