Ein 52-jähriger Familienvater aus Zürich-Wiedikon bezeichnet sich als Migros-Kind. Dennoch kauft er bestimmte Produkte bereits bei Coop. Gegenüber seiner Stamm-Migros an der Birmensdorferstrasse hat kurz vor Weihnachten eine Aldi-Filiale eröffnet. Während er dort noch nicht einkauft, erfreut sich der Laden bei den Kindern aus dem Quartier bereits großer Beliebtheit.
Wachsende Konkurrenz
Das Beispiel zeigt einen grösseren Trend: Einkaufsgewohnheiten verändern sich. Migros- und Coop-Kunden werden untreu. Aldi und Lidl setzen mit ihren Tiefstpreisen die etablierten Händler unter Druck. Seit Aldi vor 20 und Lidl vor 16 Jahren in den Schweizer Markt eingetreten sind, verstärkt sich die Konkurrenz um attraktive Standorte.
Filialen in der Stadt
Eine Analyse zeigt: Coop liegt mit 59 Filialen in Zürich vorne. Migros folgt mit 30 Standorten, Denner betreibt 25 Filialen. Betrachtet wurden nur Supermärkte mit vollständigem Sortiment. Kleinformate wie Migrolino, Coop Pronto oder Denner Express blieben unberücksichtigt.
Aldi begann 2006 mit seiner ersten Filiale in Zürich-Oerlikon. Zehn Jahre später folgte ein Standort am Hauptbahnhof. Lidl zog 2017 mit einer Filiale in der Fraumünsterpost nach. Heute betreiben Aldi 13 und Lidl 8 Märkte in der Stadt, doppelt so viele wie noch vor wenigen Jahren.
Discounter als Exoten?
Trotz ihrer Expansion gelten Aldi und Lidl in manchen Quartieren als Exoten. Ein 30-Jähriger, der in der Migros an der Birmensdorferstrasse einkauft, bleibt der Marke treu. Den neuen Aldi besuchte er aus Neugier, kaufte einen Fensterabzieher und war von der Qualität positiv überrascht.
Aldi und Lidl haben ihre grösste Dichte in Oerlikon, Seebach und Affoltern. Dort betreiben sie gemeinsam sieben Filialen – gleich viele wie Coop. Migros kommt in diesen Quartieren nur auf drei Standorte.
Fokus auf urbane Zentren
In der Innenstadt dominiert weiterhin die Konkurrenz von Coop und Migros. Aldi gibt an, dass die Expansion in den Randgebieten weitgehend abgeschlossen sei. Zukünftig liegt der Fokus auf Standorten in urbanen Zentren wie Zürich oder Genf.
Dieser Kurs verstärkt den Wettbewerb um attraktive Flächen. Während Migros keine Angaben macht, bestätigt Lidl, dass die Suche nach geeigneten Flächen anspruchsvoll sei. Dennoch gelinge es, neue Standorte zu sichern.
Kürzlich eröffnete Lidl eine Filiale bei der Kalkbreite. Coop sicherte sich eine neue Verkaufsfläche an der Militärstrasse und konnte Migros bei der Vergabe für das Guggach-Areal ausstechen.
Kriterien für neue Filialen
Die Standortsuche orientiert sich an mehreren Faktoren: Neben der Kundennähe und einer guten Anbindung spielen ausreichende Lagerflächen und eine einfache Warenanlieferung eine Rolle. Für Discounter ist zudem der Mietpreis entscheidend. Hochpreisige Lagen wie Bahnhöfe sind daher für Denner keine Option.
Supermärkte mit ähnlichen Anforderungen
Die Anforderungen der Detailhändler an neue Standorte sind ähnlich. Migros, Denner und Aldi konkurrieren um Flächen zwischen 250 und 2500 Quadratmetern. Auch Denner ist mit Verkaufsflächen von 400 bis 500 Quadratmetern in direkter Konkurrenz zu Aldi.
Verdrängung durch Coop
Coop hat in Zürich mehr Filialen als Migros. Neben der neuen Militärstrassen-Filiale folgt im Juni eine weitere an der Seefeldstrasse. Migros plant eine Eröffnung in Leutschenbach.
Detailhandelsexperten sehen eine klare Strategie von Coop: Dort, wo Migros traditionell stark ist, setzt Coop gezielt auf Expansion. In der Innenstadt sichert sich Coop schneller freie Verkaufsflächen als Migros. Das Unternehmen selbst gibt zu seiner Strategie keine Stellungnahme.
Inflation spielt Discountern in die Karten
Aldi und Lidl gewinnen weiter Marktanteile. Ein Grund dafür ist die Inflation, die viele Konsumenten preisbewusster einkaufen lässt.
Die nähere Filialdichte bedeutet nicht zwingend Umsatzverluste. Kunden bleiben oft ihrem bevorzugten Händler treu und wählen einfach den nächstgelegenen Standort.
Für Verbraucher bietet das zunehmende Angebot Vorteile. Der Einkauf lässt sich einfacher im eigenen Quartier erledigen. Eine 65-jährige Wiedikerin beispielsweise kauft Fleisch nur noch bei Aldi, für kleinere Einkäufe nutzt sie Denner. Die wachsende Auswahl auf kleinem Raum wird geschätzt.