Home Region Schweiz/Ausland Sport Rubriken Magazin Agenda
Region
21.12.2024

«Ich wünsche mir die Rückkehr des Anstands»

Rolf Knie vor einem Bild, das ihn an der Seite seines verstorbenen Freundes Gaston Häni zeigt. Bild: Thomas Renggli
Kunstmaler Rolf Knie (75) ist nie um ein klares Wort verlegen. Im Interview sagt er, was er sich wünscht, weshalb er auf einen Christbaum verzichtet – und welche Vorsätze er fasst.

Rolf Knie, was wünschen Sie sich zu Weihnachten?
Ich würde mich freuen, wenn Anstand und Respekt zurückkehren. Manchmal habe ich das Gefühl, die Welt sei aus den Fugen geraten. Es herrsche eine Art Moraldiktatur. Es müsste sich einiges wieder normalisieren – und zwar schnell. Denn es ging schon vieles kaputt.

An was denken Sie?
Allein schon, dass man die ganze Sprache verändert – die übertriebene politische Korrektheit und der Genderwahn –, bringen vieles durcheinander. Nehmen wir das Beispiel des britischen Sängers Boy George. Der war in den 1980er-Jahren eine schillernde Figur und ein bunter Vogel. Alle akzeptierten und liebten ihn; eine politische Message sah man aber nicht hinter seinem Auftritt. Wenn dagegen heute Nemo den Eurovision Song Contest gewinnt, wird dies gleich zum Politikum.

«Ich sage nur: Die Menschen – und zwar alle – sollen sich nicht wichtiger nehmen, als sie sind.»
Rolf Knie

Haben Sie etwas dagegen?
Nein, überhaupt nicht, aber wir leben in einer toleranten Gesellschaft, in der die meisten bereits integriert sind und so leben können, wie sie wollen – auch Nemo. Ich sage nur: Die Menschen – und zwar alle – sollen sich nicht wichtiger nehmen, als sie sind. Nemo ist ein grossartiger Sänger, mit einer grandiosen Stimme. Er soll singen und so bunt auftreten, wie er will. Elton John machte dies früher auch. Doch es braucht nicht immer eine politische und ideologische Message und die Änderung der ganzen Sprache.

An was liegt es, dass dies heute so ist?
Vor allem an den Medien – und zwar sowohl an den elektronischen als auch den gedruckten. Nehmen wir das Beispiel von Tamara Funiciello. Die SP-Nationalrätin fordert allen Ernstes, dass das Gegenstück der Schraube nicht mehr «Mutter» genannt werden darf – weil es sich um einen sexuell aufgeladenen Begriff handle. Und sie erhält im Fernsehen dafür eine Plattform. Ich nenne das «Volksverblödung». Wenn wir solche Diskussionen führen – und es gibt Dutzende davon – geht die Schweiz unter. Dafür habe ich einen guten Spruch; er stammt nicht von mir: «Unterschätze die Macht dummer Leute nicht, die die einer Meinung sind».

«Für mich ist Silvester viel wichtiger.»
Rolf Knie

Wie verbringen Sie Heiligabend?
Gleich wie jeden anderen Tag. Einen Christbaum gibt es bei mir nicht. Aber ich nehme mir die Freiheit, dass ich den guten Menschen während 365 Tagen pro Jahr ein Geschenk machen kann. Die Gans oder den Truthahn kann ich auch im Sommer essen. Für mich ist Silvester viel wichtiger.

Weshalb?
Weil ich an Silvester um Mitternacht mit meinem Sohn Gregory – als er noch nicht ein Jahr alt war – intensiv gesprochen habe: über die Zukunft, die gemeinsamen Stunden, die Freude, dass ich ihn durchs Leben begleiten darf. Das machen wir seit 47 Jahren so. Das machen wir auch an diesem Silvester – egal, wie weit wir auseinander sind. Es gilt die Abmachung, dass einer von uns zum Zeitpunkt des Gesprächs an der Schwelle zum neuen Jahr steht. So werde ihn am 31. Dezember um drei Minuten vor Mitternacht anrufen – und bis um 00.10 mit ihm sprechen: darüber, wie es uns geht, was wir machen werden, was wir falsch gemacht haben, welche Pläne wir verwirklichen wollen – dass wir uns gerne haben.

Was war Ihr Highlight 2024?
Die Wiederaufführung von Charleys Tante. Es war ein Risiko, nach 35 Jahren mit demselben Theaterstück wieder auf die Bühne zu treten. Es war nicht sicher, ob die Menschen noch über dieselben Gags lachen - ob der Humor der 1980er und 90er Jahre noch ankommt. Die Welt hat sich seither so stark verändert, dass wir nicht wussten, ob das Stück weiterhin funktioniert. Aber es funktioniert noch immer. Das beweist, dass gute Komik zeitlos ist. Deshalb gehen wir mit Charleys Tante im Frühling 2025 wieder auf Tournee. 

Was war der Tiefpunkt?
Mit Tiefpunkten möchte ich mich eigentlich nicht aufhalten; und schon das schon gar nicht in der Öffentlichkeit. Ich mag es nicht hören, wenn Menschen ihre Probleme ausbreiten. Das will niemand hören. Aber etwas hat mich im vergangenen Winter wirklich mitgenommen und tief getroffen – der Tod meines langjährigen Bühnenpartners Gaston Häni. Zwei Tage vor seinem Abschied habe ich noch lange mit ihm gesprochen – auch über Dinge, über die wir sonst nie sprachen. Er hat vermutlich gespürt, dass es zu Ende geht. Sein Tod war eine erschütternde Erfahrung.

Charleys Tante ist die Rolle seines Lebens. Bild: zVg
Rolf Knie wird nachdenklich und traurig, wenn er an seinen langjährigen Weggefährten Gaston denkt. Bild: Thomas Renggli
«Es ist nicht die erste Dinnershow der Welt – aber ich versuche, sie etwas anders zu inszenieren.»
Rolf Knie

Im kommenden Herbst steigt Ihre neue Dinnershow. Wie weit sind die Vorbereitungen fortgeschritten?
Salon Spectacle in Rapperswil-Jona: vom 18. September bis am 5. Oktober. Wir sind schon ziemlich weit. Derzeit engagiere ich die Artisten und stelle das Programm zusammen. Speziell ist auch der Rahmen: Wir treten in einem wunderschönen Spiegelzelt auf – im Jugendstil, mit viel Holz, wirklich edel. Mit 290 Plätzen. Und wir werden von einem Starkoch bewirtet.

Von welchem?
Das sagen wir später. Es ist nicht die erste Dinnershow der Welt – aber ich versuche, sie etwas anders zu inszenieren.

Spielen Sie einen aktiven Part?
Nein. Ich esse die Resten…. (lacht)

Raubtiere gehören zu den Lieblingssujets von Knie. Bild: Hanspeter Rathgeb

Welches Bild wollen Sie 2025 unbedingt malen?
Keine Ahnung. Wenn ich beginne, gehe ich frisch an die Sache heran und versuche mit neuen Materialien und neuem Untergrund etwas Neues zu kreieren. Wenn meine Bilder gleich aussehen würden wie 1977, als ich begonnen habe, wäre dies für die Menschen langweilig. Ich will überraschen – und das ist mir bis jetzt fast immer gelungen.

Und welche Vorsätze fassen Sie sich?
Mensch zu bleiben. Es ist so einfach – aber doch so schwierig. Jeder Mensch wird als gute Person geboren. Aber dann wird er geprägt – und vom Umfeld verändert. Dabei müsste er das bleiben, als dass er geboren wurde. Ich will mir selber treu bleiben.

Den Prix Walo hat Rolf Knie designt - und auch 2019 gleich selber gewonnen. Bild: Hanspeter Rathgeb
Kunstmaler, Philosoph, Unternehmer, Lebenskünstler: Rolf Knie ist ein Mann für alle Fälle. Bild: zVfg

Weitere Infos unter rolfknie.ch.

Thomas Renggli