Home Region Schweiz/Ausland Sport Rubriken Magazin Agenda
Erlenbach
06.11.2024

So kam Seerettungsdienst-Entscheid zustande, Teil 4

Nach vielen Jahren steigt Erlenbach aus dem gemeinsamen Seerettungsdienst mit Küsnacht aus – ein Entscheid mit Vorgeschichte. (Archivbild) Bild: seeretter-kuesnacht.ch
Erlenbachs Gemeinderat erläutert die Hintergründe des Beitrittsgesuchs zum Seerettungsdienst-Verbund Horgen und der Kündigung bei Küsnacht. Teil 4: Gemeinderats-Zuständigkeit.

Der Seerettungsdienst (SRD) in der Gemeinde Erlenbach wird seit Oktober 2024 durch den Seerettungsdienst-Verbund der Gemeinden Horgen, Oberrieden, Thalwil und Herrliberg bestellt. Gleichzeitig hat Erlenbach um die formelle Aufnahme in den Anschlussvertrag per Januar 2025 ersucht. Die Entscheidung des Gemeinderats Erlenbach, die langjährige Zusammenarbeit mit der Gemeinde Küsnacht im Rahmen des SRD Küsnacht-Erlenbach zu kündigen, hat mediale Aufmerksamkeit und eine Petition aus der Bürgerschaft ausgelöst. Der Gemeinderat anerkennt das Bedürfnis der Bevölkerung, über die verschiedenen Aspekte, welche ihn zu diesem Schritt bewogen haben, ausführlich und klar zu informieren und möchte diesem Begehren hiermit nachkommen.

Goldküste24 publiziert die detailreiche Stellungnahme in vier Teilen. Heute der abschliessende Teil 4 über die Zuständigkeit des Gemeinderats und die Gründe, weswegen die Erlenbacher Stimmberechtigten weder an der Urne noch an der Gemeindeversammlung über den Wechsel entscheiden können.

Video-Interview mit dem Erlenbacher Gemeindepräsidenten Philippe Zehnder über den Seerettungsdienst.

Zuständigkeit des Gemeinderats

Im Rahmen der öffentlichen Diskussion kam die Frage auf, ob der Gemeinderat berechtigt sei, den Abschluss des Anschlussvertrags in eigener Kompetenz zu beschliessen. Gemäss kantonaler Schifffahrtsverordnung vom 7. Mai 1980 (LS 747.11) sind die Ufergemeinden des Zürichsees verpflichtet, den Seerettungsdienst auf ihrem Gebiet sicherzustellen. Beim 1944 abgeschlossenen Vertrag mit der Gemeinde Küsnacht handelt es sich um einen Dienstleistungsvertrag, bei welchem die Gemeinde Erlenbach die Besorgung des Seerettungsdienstes extern auslagert und keine Mitspracherechte hat (siehe Art. 1). Wie bei jedem Dienstleistungsvertrag der Gemeinde ist der Gemeinderat berechtigt, diesen zu künden und die Aufgabenerfüllung wieder selbst zu übernehmen, sollten die Umstände dies erfordern oder der Gemeinderat zur Notwendigkeit dieses Schrittes gelangen.

Der Vertrag mit dem SRD-Verbund Horgen ist anders gelagert. Es handelt sich hierbei nicht um einen Dienstleistungsvertrag, bei welchem Aufgaben ausgelagert werden, sondern um einen Anschlussvertrag nach §78a des Gemeindegesetzes (GG, LS 131.1). Die im Vertrag eingeschlossenen Gemeinden übertragen nicht der Gemeinde Horgen die Verpflichtungen des Seerettungsdienstes und bezahlen für die Dienstleistung, sondern besorgen ihre gesetzlichen Verpflichtungen gemeinschaftlich. Die Standortgemeinde Horgen ist lediglich für die «organisatorischen und administrativen Belange des gemeinsamen Seerettungsdienstes verantwortlich», während die weiterführenden Belange durch einen Ausschuss der Vertragsgemeinden entschieden werden, in welchem jede Gemeinde eine Stimme hat. Dieser Ausschuss hat aber in all jenen Belangen, in denen die Gemeindeordnungen der jeweiligen Gemeinden die abschliessende Entscheidung den Gemeindebehörden übertragen, keine Kompetenzen. Hier müssen die beteiligten Gemeinden gemäss den in ihren Gemeindeordnungen festgelegten Zuständigkeiten entscheiden und die Entscheide gelten nur dann, wenn alle Gemeinden zustimmen. Die hoheitlichen Befugnisse bleiben also bei den Vertragsgemeinden.

§78a GG besagt, dass die Stimmberechtigten an der Urne über Anschluss- und Zusammenarbeitsverträge entscheiden, wenn eine der folgenden Bedingungen zutrifft: (a) die Gemeinde gibt hoheitliche Befugnisse ab; oder (b) der Vertrag hat für die Gemeinde Ausgaben zur Folge, die an der Urne bewilligt werden müssten. Im vorliegenden Fall ist keine dieser Voraussetzungen gegeben. Die Gemeinde gibt eben gerade keine hoheitlichen Kompetenzen ab, weil sämtliche in den Gemeindeordnungen vorgesehenen Befugnisse weiterhin bei den Gemeindebehörden verbleiben und den zuständigen Gemeindeorganen somit ein effektives Veto-Recht in diesem Bereich eingeräumt wird. Finanziell ist der Anschluss an den SRD-Verbund Horgen mit Kosten verbunden, welche unter dem Schwellenwert von CHF 300'000 liegen, den Art. 15 der Gemeindeordnung der Gemeinde Erlenbach vom 13. Juni 2021 (GO, SRGE 100.1) für die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung vorsieht. Weder aus (a) noch auch (b) kann sich also eine Zuständigkeit der Gemeindeversammlung ableiten.

§78a Abs. 2 GG hält weiter fest, dass in Fällen, in denen diese beiden Bedingungen nicht zutreffen, sich die Zuständigkeit für den Entscheid nach der Gemeindeordnung richtet. Die GO hält in Art. 14 Abs. 4 fest, dass die Gemeindeversammlung zuständig ist für «den Abschluss und die Änderung von Anschluss- und Zusammenarbeitsverträgen gemäss ihrer Befugnis zur Bewilligung neuer Ausgaben, sofern die Gemeinde keine hoheitlichen Befugnisse abgibt». Die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung kann sich also gemäss GO nur daraus ableiten, dass der Vertragsabschluss mit Kostenfolgen, die der Gemeindeversammlung unterstehen, verbunden ist. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, womit die Zuständigkeit beim Gemeinderat liegt.

Schlussbemerkung

Der Gemeinderat ist überzeugt, dass der Anschluss an den Seerettungsdienst-Verbund der Gemeinden Horgen, Oberrieden, Thalwil und Herrliberg für Erlenbach die optimale Lösung darstellt. Dem Gemeinderat war es ein Anliegen, einen gut funktionierenden und den verlangten Sicherheitsstandards entsprechenden Seerettungsdienst mit einem zeitgemässen und finanziell vertretbaren Vertragswerk sicherzustellen. Durch den Anschluss können die jährlichen Kosten um ca. 60'000 Franken reduziert werden, während ein vollständiges Mitspracherecht garantiert wird. Darüber hinaus ist der Wechsel auch strategisch, geographisch und sicherheitstechnisch sinnvoll. Der Standort des SRD Horgen ist geradezu ideal, um das gesamte Ufer und den See von Erlenbach zu überschauen und zu überwachen.

Wir danken der Gemeinde Küsnacht für die langjährige gute Zusammenarbeit. Selbstverständlich wird die Gemeinde Erlenbach auch in Zukunft die nachbarschaftliche Zusammenarbeit mit der Gemeinde Küsnacht in anderen Bereichen begrüssen und pflegen.

Gemeinderat Erlenbach / Goldküste24