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Kanton
15.10.2024

Traditionsgeschäft feiert Jubiläum

Vor fast einem Jahr hat an der Wühre 15 in der Altstadt die Conditorei Schober eine Chocolaterie eröffnet. Bild: Jeannette Gerber
Die Marke Schober kennen in Zürich alle, die gern Pralinen naschen oder Kaffee trinken. Alles begann vor 150 Jahren an der Napfgasse. Heute führen die Nachkommen der berühmten Conditorei Schober eine Chocolaterie an der Wühre.

Jeannette Gerber

Frisch pensioniert erfüllte sich Barbara Guggisberg-Eich, die Enkelin von Theodor Schober, gemeinsam mit Ehemann Roland ihren lang gehegten Traum. Ende November 2023 eröffneten sie an der Toplage in der Altstadt, an der Wühre 15, ihre Conditorei Schober neu unter dem Namen Chocolaterie Schober in den Räumen des ehemaligen Teeladens mit Blick aufs Grossmünster.

2014, nach 130 Jahren Teekultur, hatten sich die Betreiber entschieden, ihr Sortiment ins Online-Geschäft zu verlegen. Der Musiker und Unternehmer, Dieter Meier, übernahm das traditionsreiche Teelädeli und machte daraus eine Chocolaterie. Inzwischen ist es die Chocolaterie und Conditorei Schober der Familie Guggisberg, denn das historisches Stammhaus an der Napfgasse 4 im Kreis 1 ist an die Stiftung Arbeitskette verpachtet. Die Stiftung betreibt dort die Café & Conditorei 1842.

Im Jahr 1874 ging es los

Übrigens dürfen die Guggisbergs dieses Jahr das 150-jährige Bestehen des Schobers feiern. Am 23. Juli 1874 kaufte Theodor Schober senior (Urgrossvater von Barbara Guggisberg-Eich) von seinem Lehrmeister Georg Eberle das Haus, die Konditorei und den «Süsskramladen» an der Napfgasse für 110 000 Franken – selbst damals ein stolzer Preis. Das war der Beginn des Familienunternehmens Schober. 1890 hatte er den heute noch existierenden Laden im Neobarock eingerichtet.

100 Jahre lang haben die Schobers in zwei Generationen den Betrieb bis 1975 selber geführt. 1918 errichteten sie ein kleines Café und Tearoom mit 20 Sitzplätzen. Mit den Pächtern Confiserie Teuscher und Felix Daetwyler und später dem Gastronomen Michel Péclard wuchs das Café ständig und dominierte schliesslich den Betrieb (124 Plätze). Der ehemals vordergründige Laden verkam zum Eingangs­foyer für das Restaurant.

Mit der neuen Chocolaterie an der Limmat geben die Guggisbergs ihrem Schober wieder die ursprüngliche Dimension zurück – also «back to the roots», zurück zu den Wurzeln. Und so bekommt der Name wieder ein Gesicht, und der kleine Laden wird auf diese Weise zum historischen Zeitzeugen. Ein schlichtes Interieur – ganz ohne Kunstrosengirlanden – lässt wieder einzig die exquisiten Erzeugnisse zur Geltung kommen.

Roland Guggisberg zeigt stolz seine Eldorado-Kreationen. Bild: Jeannette Gerber

Strahlen wie Juwelen

Zum Jubiläum haben sich Barbara und Roland Guggisberg die Frage gestellt, was sie eigentlich feiern. «Es soll eine Würdigung der Leistung, die die Familie erbrachte, sein. Denn schliesslich bestand jeder Tag aus harter Arbeit, die verrichtet werden musste», stellten sie fest. Nur schon dafür würden ihre Vorfahren den grössten Respekt verdienen. Wie gehabt ist das gebotene Sortiment von höchster Qualität für eine verwöhnte Kundschaft. Das schulden die Guggisbergs der Institution Schober. Natürlich kommt es auch auf die Verpackungen an, ganz nach dem Motto «Patisserien müssen strahlen wie Juwelen».

Barbara Guggisberg, von Beruf Designerin, gestaltet die Verpackungen und ist für den ganzen Werbeauftritt zuständig. Roland Guggisberg, studierter Bauingenieur mit dem Hobby Aquarellieren, ist fasziniert von dieser Technik, wo sich alles blitzschnell auf dem Papier verändern lässt. «Ich habe einmal in Irland in der Landschaft gemalt, und plötzlich fielen grosse Regentropfen auf das Bild, was dem Aquarell einen zusätzlichen Reiz verlieh», erzählte er. «Im Stammhaus gibt es eine Tapete, genannt Eldorado. Darauf sind Szenen aus den kolonialen Ursprungsländern des Kaffees abgebildet. «Davon habe ich Fragmente auf die Pralinenschachteln reproduziert», dabei zeigte er auf die drei Schachteln mit je sechzehn Pralinen.

Diese Zeitung wollte wissen, wer denn ihr Schokoladelieferant sei. «Der beste Hersteller von Couverture ist Felchlin in Ibach SZ», erklärte Guggisberg. Dieser habe ihnen sieben Produzenten empfohlen, wovon sie fünf besuchten, um sich für Nobile in Bätterkinden BE zu entscheiden. «Felchlin kauft nur Kakao bei Kleinbauern in Indonesien, Südamerika und Afrika. Zusätzlich beziehen sie von indigenen Bolivianern wild gewachsenen Kakao – die Boliviana-Bohnen. Und sie überprüfen immer vor Ort die Gewährsleute, und die Bezahlung ist fair», so Guggisberg.

Barbara Guggisberg führt die Kaffeemaschine vor. Bild: Jeannette Gerber

Heisse Schober-Schoggi gibts auch

Es wäre müssig, all die angebotenen Produkte aufzuzählen. Aber erst kürzlich haben sie im Appenzellerland einen Produzenten mit Bitteraperitiv-Getränken, Konfis und Sirups entdeckt. So gibt es unter anderem eine Flauder-Konfitüre mit Melisse sowie einen gleichnamigen Sirup. Flauder heisst auf Appenzeller Dialekt Holunder.

Wenn man den Laden betritt, darf man sich ungeniert umschauen, erst dann wird man nach seinen Wünschen gefragt. Als ein anwesender Kunde fragte: «Was würden Sie mir empfehlen?», antwortete Barbara Guggisberg mit der Gegenfrage: «Was essen Sie denn gern?» Und so konnte sie ihm das passende Produkt anpreisen.

Die legendäre heisse Schober-Schoggi oder den Kaffee mit Patisserien und anderen Süssigkeiten kann man an den zwei kleinen Tischen geniessen oder mitnehmen. Damit auch der Kaffee den Qualitätsansprüchen der Kundschaft gerecht werde, haben sie den Rolls Royce unter den Kolbenmaschinen – eine mailändische Dalla Corte – angeschafft.

Jeannette Gerber/Zürich24