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Sport
13.08.2024

Ein Meister für den FC Wetzikon

Der ehemalige Bundesliga-Spieler Adrian Nikci ist Trainer beim FC Wetzikon. Bild: FC Wetzikon
Er kennt den süssen Geschmack des Meisterchampagners. Er spielte in der Bundesliga und weiss, wie es ist, vor 80'000 Fans aufzulaufen. Nun will der Ustermer Adrian Nikci (34) dem FC Wetzikon auf die Sprünge helfen.

Es ist der spektakulärste Transfer im Zürcher Oberländer Fussball in diesen Monaten – auf globale Verhältnisse bezogen ungefähr so, als würde Pep Guardiola von Manchester City zu Real Madrid ziehen: Adrian Nikci, Himmelsstürmer aus Uster und als Spieler 2009 Schweizer Meister mit dem FC Zürich, wechselt innerhalb der 3. Liga vom FC Fehraltorf zum FC Wetzikon. Damit bricht auf der Sportanlage Meierwiesen ein neues Zeitalter an – eines, das den 1922 gegründeten Klub, der an der Jahrtausendwende in der 1. Liga gespielt hatte, zu altem Glanz verhelfen soll.

Nikci schmunzelt, wenn er darauf angesprochen wird – und dämpft die Erwartungen: «In einer ersten Phase geht es darum, die Mannschaft kennen zu lernen. Erst nach einigen Wochen werden wir sehen, wo wir stehen.»

Beeindruckende Infrastruktur

Die vergangene Drittliga-Meisterschaft schloss Wetzikon auf dem fünften Platz ab. Dass der Aufstieg immer in den Hinterköpfen herumschwirrt, hat auch Nikci schnell bemerkt: «Wer im Fussball nicht gewinnen will, ist am falschen Ort.» Fürs erste ist er an seiner neuen Wirkungsstätte von der Infrastruktur beeindruckt: «Wir haben eine wunderschöne Anlage – unter anderem mit zwei modernen Kunstrasenplätzen und einem kleinen Stadion.»

Gleichzeitig weiss er aber, dass der Fussball hier für alle Beteiligten ein Hobby ist – und man darauf Rücksicht zu nehmen hat: «Beim FC Wetzikon verdient kein Spieler Geld. Es sind allein die Leidenschaft und der Enthusiasmus, die das Team antreiben.» Dies ist bei ihm nicht anders. Nach seinem verletzungsbedingten Rücktritt als Spitzenfussballer nahm er bewusst Abstand vom Sport: «Ich wollte durchatmen und auf andere Gedanken kommen.» Doch bald habe er realisiert, dass die Passion für den Fussball noch immer tief in ihm steckt: «Wenn man dies einmal erlebt hat, bleibt es wohl auf ewig so», sagt er.

So reifte in ihm der Gedanke, sich als Trainer ausbilden zu lassen. Das C-Diplom hat er bereits im Sack. Nun folgt das B-Diplom. Ob es je für die Uefa-Pro-Lizenz und damit die höchste Legitimation reicht? Nikci will sich nicht festlegen: «Ich nehme Schritt für Schritt, versuche meinen Horizont zu erweitern und jeden Tag besser zu werden.»

Urs Fischer als Gradmesser

Mit Nikci kommt ein Mann nach Wetzikon, der in seinem Leben viel mehr gesehen hat als Bachtel und Greifensee. Schon als 19-Jähriger gewann er mit dem FC Zürich den Meistertitel. Daneben absolvierte er in der Stadt Zürich die KV-Lehre auf der öffentlichen Verwaltung. Mit 22 wechselte er in die Bundesliga zu Hannover 96. Später spielte er für die Traditionsklubs Nürnberg und Union Berlin.

Auf die Frage, welche Trainer ihn am meisten geprägt haben, muss er nicht lange überlegen: «Urs Fischer war bestimmt eine Schlüsselfigur. Ich spielte in der FCZ-Academy unter ihm – und traf ihn dann wieder in der 1. Mannschaft.» Fischer sei eine grosse Persönlichkeit – wie auch Bernard Challandes, mit dem Nikci beim FCZ den Titel gewann: «Er besass eine gute Mischung zwischen Strenge und Menschlichkeit.» Aus seiner Bundesligazeit ist ihm Mirko Slomka am besten in Erinnerung geblieben: «Die Trainings mit ihm bei Hannover waren unglaublich intensiv und abwechslungsreich.»

So verfügt Adrian Nikci, der mit seiner Verlobten in Gutenswil lebt und neben dem Trainerjob zu 100 Prozent im Kundendienst arbeitet, über einen prallgefüllten Rucksack. Sein Engagement in Wetzikon bezeichnet er als «Abenteuer mit offenem Ausgang». Fürs erste gehe es aber darum, die ganze Situation auszuloten. Dabei immer an seiner Seite: sein Trainerkollege Elzedin Coko. Die beiden kennen sich seit der Jugend und ergänzen sich perfekt. Deshalb würde Adrian Nikci nicht von einem Assistenten sprechen: «Er ist der zweite Cheftrainer – für alles andere bleibt immer noch Zeit.»

Ein gutes Team: Adrian Nikci (links) und sein Jugendfreund und Teamkollege Elzedin Coko. Bild: FC Wetzikon

Saisonstart gegen Herrliberg II

Adrian Nikci blickt mit Begeisterung auf das erste Saisonspiel am 24. August gegen Herrliberg. Dass es nur die zweite Mannschaft des Goldküsten-Klubs ist, reduziert seine Vorfreude nicht. Denn in seinem neuen Umfeld ist der Fussball eine Plattform wie er sie aus der Kindheit kennt – für Integration, Identifikation und Spass am Spiel: «Auf dem Fussballfeld sind alle gleich», sagt der frühere Meisterheld – und weiss wohl selber genau, dass dies nur die halbe Wahrheit ist. Schliesslich war Adrian Nikci meistens besser als die anderen, viel besser. Darüber kann sich in den nächsten Monaten und Jahren hoffentlich auch der FC Wetzikon freuen.

Thomas Renggli