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04.11.2023

Guter November-Start der Börse

Nach wochenlangem Abwärtsgang bei den Aktien notiert Christopher Chandiramani eine Trendwende. Doch die Aussichten für die nächsten Monate bleiben verhalten. Bild: Linth24
Da die Notenbanken die Leitzinsen nicht erhöhten, erholten sich die Aktien nach dem Abwärtsgang leicht, verstärkt durch Neunmonatszahlen über den Erwartungen. SMI: 10'580 Punkte.

Gemessen am Frühindikator Einkaufsmanagerindex PMI (Purchasing Managers Index) schwächelt die Wirtschaft immer noch. Das bestätigen die im Wochenverlauf publizierten Zahlen, welche in allen wichtigen Regionen publiziert wurden und unter den Erwartungen lagen. Der globale, nach Wirtschaftskraft der Länder gewichtete PMI fiel im Oktober von 49.1 auf 48.8 (50=neutral). Das Schlusslicht in der Eurozone bildete mit einem PMI von 40.8 Deutschland. Nach einer kurzen Erholung hat sich auch in der Schweiz die Lage wieder eingetrübt, mit 40.6 Punkten. In den USA beträgt der PMI 46.7.

Eine schwächere Wirtschaft heisst auch Inflationsrückgang und ein abnehmender Aufwärtsdruck bei den Zinsen. Deshalb haben auch die Notenbanken auf weitere Zinserhöhungen verzichtet. Beispielsweise sind Festhypotheken in den vergangenen Tagen ebenfalls wieder günstiger geworden.

Der Bundesrat hebt den Mindestzinssatz in der beruflichen Vorsorge ab Januar 2024 um 0.25 Prozentpunkte auf 1.25 Prozent an. Beobachter kritisieren den Entscheid als zu spät und als ein zu kleiner Schritt. Auch einige weitere Banken erhöhen mit Verzögerung ihre Zinsvergütungen auf Spareinlagen minim.

Die Verluste der Schweizerischen Schweizerische Nationalbank SNB haben auch für die Kantone negative Auswirkungen. Unerwartet kam die Nachricht nicht. Die SNB wird im Jahr 2023 keine Gewinne an die Kantone ausschütten.

Unternehmensnachrichten

Über den Monatswechsel wurden viele Neunmonatszahlen publiziert, insbesondere bei Nebenwerten. Der Handel war in einigen europäischen Ländern um einen Tag gekürzt. In der Schweiz hatte aber am 1. November die Börse geöffnet.

In einem schwierigen Umfeld steigerte unsere Rapperswil-Joner Geberit-Gruppe in den ersten drei Quartalen 2023 die Profitabilität und die Gewinnqualität. Der Nettoumsatz der Gruppe fiel zwar um 12.3 Prozent auf CHF 2.39 Mrd. Dies infolge der abgeschwächten Bautätigkeit in Deutschland und negativen Währungseinflüssen. Preiserhöhungen von rund 10 Prozent und flexible Arbeitszeitmodelle beeinflussten die Entwicklung von Gewinn und Marge positiv.

Der Rückversicherer Swiss Re weist für die ersten neun Monate einen Gewinn von USD 2.47 Mrd. aus, nachdem im Vorjahreszeitraum noch ein Verlust von USD 285 Mio. resultierte. Die positiveren Aussichten für das Gesamtjahr wurden bestätigt. Der Konzern konnte höheren Tarifen sowie wachsendem Kapitalertrag profitieren.

Der grösste Schweizer Telecom-Konzern, die Swisscom, verbesserte bei fast unverändertem Umsatz den Gewinn deutlich, senkt aber währungsbedingt die Umsatzerwartungen (auf 11 Milliarden), dies infolge weniger Wachstum bei den Verkäufen von Handys. Das Inlandgeschäft schrumpfte im jüngsten Quartal etwas mehr (-0.8 Prozent auf 2.023 Mrd. Fr.) und lag damit etwas unterhalb der Erwartungen. Das Volumen der italienischen Tochtergesellschaft Fastweb stieg knapp um10 Prozent auf EUR 660 Mio., mehr als erwartet. Das meiste Wachstum kommt somit aus dem Kundensegment von Kabel-TV und Internet.

Der Warenprüfkonzern SGS hat zwecks Refinanzierung zwei Anleihen begeben. Die eine in Höhe von CHF240 Mio. ist mit einer Laufzeit von vier Jahren und einem Coupon von 2 Prozent ausgestattet. Die andere Anleihe über CHF 260 Mio. Fr. läuft über acht Jahre und hat einen Zins von 2.3 Prozent.

Der Industriekonzern Oerlikon hat mit den Quartalszahlen die Erwartungen verfehlt. Der Umsatz sank um fast 16 Prozent auf CHF 623 Mio. Analysten hatten mit 659 Mio. gerechnet. Besonders die Sparte Polymer Processing, welche den Textilmarkt beliefert, entwickelte sich schwach. Auch der Bestellungseingang und der Gewinn waren rückläufig. Das Ergebnis vor Abschreibungen und Amortisationen (Ebitda) schrumpfte um über 23 Prozent auf CHF 98 Mio. Der Auftragseingang sank um fast 26 Prozent.

Der Jobvermittler Adecco hat im dritten Quartal weniger Umsatz und Gewinn erzielt. Der Umsatz sank 1 Prozent auf EUR 6 Mrd. und der Bruttogewinn 2 Prozent auf EUR 1.2 Mrd.

Der Pharmakonzern Roche hat mit seiner Embark-Studie in der Muskelerkrankung Duchenne-Muskeldystrophie nicht die gewünschten Ziele erreicht; das erklärt auch den Druck auf den Aktienkurs.

Aussichten

Kaum war die Corona-Pandemie überwunden, war auch der weitere Jahresverlauf durch neue Turbulenzen geprägt, explodierende Energiepreise, Krieg in der Ukraine und im Oktober auch Terroranschläge im Nahen Osten prägten das dritte Quartal 2023. Die Teuerung war überdurchschnittlich hartnäckig, und die Notenbanken erhöhten im Sommer die Leitzinsen mehrmals in Serie. Dies sorgte für Kursverluste bei Obligationenanlagen und höhere Kreditzinsen, der absehbare Wirtschaftsabschwung belastete auch die Aktien zusätzlich. Nun rückt die Geopolitik wieder stärker in den Fokus der Anleger. Die globale Wirtschaft entwickelt sich immer noch langsam. Eine Rezession ist jedoch den meisten Ländern erspart geblieben. Die Aussichten für die kommenden Monate bleiben aber weiterhin verhalten. Die Aktienbörse antizipiert jedoch bessere Aussichten für die nächsten 6-12 Monate. Von höheren Zinsen profitieren zurzeit die Finanzwerte, beispielsweise Versicherungen und Kreditbanken. Auch die Reiselust bleibt unverändert hoch, Nachholbedarf nach dreijähriger Pandemie.

Christopher Chandiramani, Börsenanalyst und freier Mitarbeiter Linth24