Jerusalem ist Sehnsuchtsort von Millionen von Menschen, heilige Stätte dreier Weltreligionen und politisch-religiöser Zankapfel seit Jahrtausenden. Wohl keine andere Stadt auf der Welt birgt ein solches Konfliktpotenzial. Aus der ganzen Welt pilgern die Menschen nach Jerusalem, während die lokalen Konflikte immer wieder in Israel und Palästina aufflammen.
Der Franziskanerpater und Professor für altes Hebräisch und semitische Sprachen, Gregor Geiger, lebt seit 1999 in Jerusalem und kennt die Situation vor Ort genau. Gegenwärtig reist er auf Einladung des katholischen Hilfswerks «Kirche in Not (ACI)», das vielfältige Projekte im Heiligen Land unterstützt, durch die Schweiz. Am 21. September machte er Halt in der katholischen Kirche Tann, um gemeinsam die Messe zu feiern und die Menschen in der Schweiz über die Lage im Heiligen Land zu informieren.
Die Gefahr des Extremismus
«Religion spielt in der Gesellschaft, in Israel wie in Palästina, eine viel stärkere Rolle als in den west- oder mitteleuropäischen Ländern. Die Menschen definieren ihre soziale und ethnische Identität selbstverständlich über ihre religiöse Zugehörigkeit», erzählt Pater Gregor der Zuhörerschaft, die sich in der Tanner Kapelle eingefunden hat.
Leider sei im Heiligen Land nicht von einem religiösen Miteinander, sondern lediglich von einem religiösen Nebeneinander zu sprechen und in diesem Nebeneinander schwelen die Konflikte. Im Mai 2021 sei deutlich zu sehen gewesen, dass diese Konflikte jederzeit wieder gewaltsam auflodern können. In mehreren Städten herrschten damals Bürgerkriegs-ähnliche Zustände. Religiöse Extremisten wie die islamistische Hamas und nationalreligiöse jüdische Gruppen zeigen dabei kein Interesse an einer friedlichen und gerechten Lösung des Territorialkonflikts zwischen Israelis und Palästinensern.