- Kolumne von Dr. Philipp Gut
Hat da jemand «Rösti-Graben» gesagt? Hat da jemand vom «Stadt-Land-Graben» gesprochen? Ja, diese Gräben gibt es. Sie sind nicht zu unterschätzende Faktoren in der Schweizer Politik.
Doch ich stelle noch einen anderen Graben fest, den man «Studi-Lehrlings-Graben» nennen könnte. Will heissen: Auch Lehrlinge und Gymnasiasten, Handwerker und Studierte unterscheiden sich oft stark in ihren politischen Vorlieben.
Zwei Drittel wollen Zuwanderung begrenzen
Das habe ich kürzlich erfahren, als ich an einem Podium an einer Berufsfachschule in Baden im Kanton Aargau zum Thema «Zuwanderung» teilnehmen durfte. Viele Lehrlinge waren Secondos, haben also ausländische Wurzeln.
Trotzdem – oder erst recht – stimmten rund zwei Drittel meinem Votum zu, die Schweiz solle ihre Zuwanderung souverän steuern und begrenzen. Gegen 60 Prozent gaben an, sie würden der SVP ihre Stimme geben.
Scharfer Kontrast
Natürlich sind diese Ergebnisse nicht repräsentativ. Aber sie sind eine aufschlussreiche Momentaufnahme.
Die Erfahrung an der Berufsschule steht in scharfem Kontrast zu den Verhältnissen an den Kantonsschulen und Gymnasien. Dort tickt eine Mehrheit links, wie eine Maturaarbeit von Aargauer Jungfreisinnigen ergab.
Realistischer Blick auf die Welt
Die Unterschiede setzen sich auch später fort: Studierte sind oft eher links, Handwerker und Berufstätige eher bürgerlich oder rechts eingestellt.
Meine Sympathien – ich gestehe es – gelten den Lehrlingen, Handwerker und Büezern. Sie stehen mit beiden Beinen auf dem Boden, kennen die Realität, wissen, dass man zuerst hart arbeiten muss, bevor man Geld ausgibt. Sie haben einen realistischen, pragmatischen Blick auf die Welt. Früher nannte man das «gesunden Menschenverstand».
Hochnäsigkeit der Gebildeten fehl am Platz
Demgegenüber zeigte eine Studie kürzlich, dass Linke, Studierte und Städter besonders intolerant sind gegenüber anderen Meinungen. Die moralistisch aufgeladene Hochnäsigkeit mancher Gebildeter den «Ungebildeten» gegenüber ist also völlig fehl am Platz.
Verengung in der akademischen Blase
Was ich hier andeute, hat übrigens nichts mit Intellektuellenfeindlichkeit zu tun. Ich habe selbst studiert, doktoriert, an der Universität unterrichtet. Eine gewisse politische Linkslastigkeit und weltanschauliche Verengung in der akademischen Blase habe ich schon damals deutlich gespürt.
«Buntgeschmückte Narrenschiff ‹Utopia›»
Kurzum: Studiert zu haben, bedeutet keineswegs, dass man politisch die vernünftigeren Entscheide trifft. Wie warnte doch schon Franz Josef Strauss: Bleiben wir lieber auf dem Boden vernünftiger, trockener, notfalls spröder bürgerlicher Politik, als ins «buntgeschmückte Narrenschiff ‹Utopia›» der Links-Grünen einzusteigen.