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Hombrechtikon
25.08.2023
25.08.2023 13:05 Uhr

«Permakultur ist eine Lebensphilosophie»

Auf dem Auenhof wird die solidarische Permakultur gelebt. Bild: zvg
Marcus Pan betreibt seit 2018 den Auenhof in Feldbach nach der Philosophie der Permakultur. Auf drei Hektaren bewirtschaften er und sein Team über 500 Obstbäume, eine Vielzahl an Obst- und Beerensorten sowie Gemüse, Kräuter und Pilze. Warum man auf seinem Hof keine einzige Mausefalle findet und wie er den Bohnenkäfer von den Bohnen fernhält.

Permakultur ist ein ausgeklügeltes Ökosystem. In permakulturell gestalteten Lebensräumen wird das Zusammenleben von Menschen, Tieren und Pflanzen so kombiniert, dass es zeitlich unbegrenzt funktioniert und die Bedürfnisse so weit wie möglich erfüllt werden.

Auf den Flächen des Hofs im Gamsten bei Feldbach wird das mit grossem Engagement Tag für Tag gelebt. Der Besitzer ist Marcus Pan. Ursprünglich aus dem steirischen Salzkammergut in Österreich kommend, zog er 2008 in die Schweiz und lebte mehrere Jahre in Basel, im Berner Oberland sowie im Tessin, bevor er 2016 nach Uerikon kam. Seit 2018 lebt der dreifache Vater in Feldbach, wo er den in der Umgebung einzigartigen Auenhof bewirtschaftet. Dieser ist nicht nur ein Landwirtschaftsbetrieb, sondern auch ein Lernort für Praktikant:innen jeden Alters, die sich mit der Natur verbinden wollen.

Pflanzen- und Tiergemeinschaften

Hinter dem Gestaltungskonzept steckt ein besonderer Hof-Organismus, der wie ein Ökosystem gestaltet ist. So, wie etwa ein Wald ein eigenes Ökosystem ist. «Diese Ökosysteme wirken perfekt. Da gibt es vielfältige Pflanzen- und Tiergemeinschaften», sagt der 48-jährige Österreicher mit irischen Wurzeln. «Mutter Erde zeigt uns, dass es funktioniert, wenn wir uns nicht zu sehr einmischen. Denn Ökosysteme sind selbstregulierend», so der Permakultur-Pionier.

In den 1950er-Jahren hätten sich viele Menschen immer mehr von dieser Natur entfernt. Ausgelaugte Böden sowie Luft- und Wasserverschmutzung sind langfristige Folgen davon. Irgendwann habe man wieder vermehrt die Natur beobachtet und sich diese Erkenntnis zu Nutze gemacht.

«Man lernt viel von älteren Menschen, die schon immer im Garten gearbeitet haben»
Marcus Pan, Betriebsleiter Auenhof

Faszination Natur

Pan beschäftigt sich schon sein ganzes Leben mit der Natur. Aufgewachsen ist Pan bei seinen Grosseltern, die einen kleinbäuerlich strukturierten Landwirtschaftsbetrieb führten. «Permakultur ist ein Gestaltungskonzept und eine Lebensphilosophie», sagt er überzeugt. «In den verschiedensten Klimazonen wie Togo in Afrika, im Norden Pakistans oder in Ländern in Europa habe ich gearbeitet – fast überall auf der Welt kann man die Permakultur anwenden. Das ist meine grosse Leidenschaft und Faszination!», schwärmt er.

Pan genoss eine mehrjährige Ausbildung zur angewandten Permakultur-Gestaltung in Österreich. «Man lernt sehr viel in der Praxis und von anderen Menschen. Vor allem von älteren Leuten, die schon immer im Garten gearbeitet haben, habe ich sehr viel Wissen abgeholt», so der Permakultur-Beauftragte.

Gestartet Ende 1990

Begonnen hatte seine Permakultur-Laufbahn Ende 1990 in Österreich. Mit Hilfe des österreichischen Permakultur-Pioniers Sepp Holzer baute er zusammen mit geistig und körperlich beeinträchtigten Menschen einen rollstuhl- und behindertengerechten Permakulturhof auf. Seit mittlerweile 23 Jahren widmet er sich dieser Philosophie hauptberuflich.

So kam’s zum Auenhof

Zum ersten Mal kam der Landwirt 2016 mit dem Hof im Gamsten in Kontakt. Damals entstand seine Vision eines Permakulturhofs, und als der Hof dann einige Jahre später zum Verkauf stand, übernahm er ihn. Als Pan den Hof übernahm, sei das Land in einem desolaten Zustand gewesen. Seit den 80er-Jahren sei der Hof nicht mehr bewirtschaftet worden. «Das Land war überwuchert mit Neophyten und das Haus mit Baujahr 1850 verwahrlost. Es waren viel Aufräumarbeiten und Handarbeit gefragt», erinnert sich Pan. Er hat ihm den Namen Auenhof gegeben, weil diese Fläche früher ein Sumpf, eine «Aue» war und wo es noch heute einen Bach gibt. «Man spürt die Nässe hier noch immer.»

Der Auenhof in Feldbach umfasst drei Hektaren. Neben ihm arbeitet noch eine Expertin im Gemüseanbau auf dem Hof. «Zum Praktikanten-Team gehören eine Bienenflüsterin, ein Paradiesflüsterer und eine Küchenfee», sagt Pan lachend.

Kronprinz Rudolf und Hansli-Birne

Im Jahr 2020 wurde auf dem Auenhof sehr viel Obst gesetzt. Der Betrieb setzt dabei vor allem auf seltene, gefährdete Sorten. Alte, robuste und regionale Sorten wie zum Beispiel der Gloorapfel, die Hansli-Birne oder der Berner Rosenapfel dürfen nicht fehlen. Auch der Kronprinz Rudolf ist vertreten, eine Sorte des Kulturapfels aus der Steiermark.

Pan und sein Team pflegen dazu unglaublich viel verschiedenes Beerenobst, welches dann zu Säften und Konfitüre weiterverarbeitet wird. Nicht nur Gemüse und Obst, auch Pilze und Kräuter werden auf einer Fläche von rund 4000 m2 kultiviert. Zusätzlich plant Pan im Spätherbst den Anbau von Reben, von denen dann Traubensaft produziert werden soll.

Bei der Permakultur werden Pflanzen so miteinander kombiniert, dass sie sich sinnvoll ergänzen. Bild: zvg

Mischkultur-Wissen

Auf einer Fläche von 2000 m2 wird ein- und mehrjähriges Gemüse kultiviert. Spargel, Artischocken und Rhabarber gehören zu den mehrjährigen Sorten. Die Mischung aus ein- und mehrjährigem Gemüse mache den Erfolg aus. Mais, Bohnen und Kürbis seien die Klassiker in der Mischkultur. Tomaten, Basilikum, Rucola und Ringelblumen sei eine weitere faszinierende Kombination, damit es den Tomaten gutgehe.

Wurzeln statt Mausefallen

Rund 500 Obstbäume und Sträucher sind auf dem Auenhof in der Gemeinschaft gepflanzt. Man staunt nicht schlecht, wenn man erfährt, dass bei dieser beachtlichen Zahl an Bäumen keine einzige Mausefalle zu finden ist. Das nütze nichts, die kämen immer wieder, so Pan. Seine Lösung: Er setzt zu jedem Obstbaum eine Gilde, eine Pflanzengemeinschaft. Das sind Pflanzen wie Lauchgewächse, Kapuzinerkresse und Fingerhut, welche die jungen Wurzeln des Baums fördern. Maggikraut, die Heilpflanze Alant, Pastinaken und Wallwurz lockern den Boden auf, und Kleearten versorgen den Baum mit Stickstoff. Dazu kommen noch Zitronenmelisse und Wermut. Wenn dann Schädlinge wie Mäuse kämen, würden sie die Wurzeln der anderen Pflanzen fressen und der Baum sei gut geschützt. Bei vielen Pflanzen arbeitet Pan zudem gezielt mit Düften, Farben, Blüten und z. B. mit Bohnenkraut. «Für den Bohnenkäfer ist es unerträglich, wenn er das Bohnenkraut unter den Bohnen riecht, und verschwindet wieder», weiss der Experte. Läuse werden von Wermut und Zitronenmelisse angelockt und bleiben dem Baum ebenfalls fern. «Vielfalt ist das Prinzip, und das Netzwerk funktioniert.»

Zu den biologischen Mitarbeitenden gehören auch Ziegen. Bild: zvg
«Durch den Klimawandel hat sich viel im Bewusstsein der Menschen getan.»
Marcus Pan

Komposttee statt Gift

Auf dem Auenhof kommen selbsterklärend keine Giftmittel zum Einsatz, sondern natürliche Spritzmittel wie Komposttee oder Jauche bringen eine nachhaltige Lösung. Auch übernehmen die biologischen Mitarbeiterinnen vom Auenhof, die Hühner, Ziegen und Laufenten, wichtige Aufgaben im System, und für die Bestäubung sind seine Bienenvölker zuständig. Die Gartenabfälle werden clever genutzt. Sie werden nach einiger Zeit zu Kompost, aus dem wiederum wertvoller Humus entsteht.

Hofladen ab Frühling

Seit mehreren Jahren beziehen Nachbarn und Leute aus der Region Produkte vom Auenhof. Auch liefert er wöchentlich an einige Betriebe in der Region. Aktuell baut Pan gerade einen Hofladen, der im Frühling 2024 eröffnet werden soll. Ab dem kommenden Jahr möchte der Landwirt dann auch vielseitige Gemüsetaschen anbieten, die Gemüse, Obst, Shiitakepilze und Kräuter enthalten sollen.

Der Wandel ist da

«Durch den Klimawandel hat sich viel im Bewusstsein der Menschen getan. Der Wandel ist da und das ist gut so», ist Pan überzeugt. Er spüre eine grosse Akzeptanz in der Gesellschaft und andere Höfe mit ähnlicher Philosophie würden sich gegenseitig unterstützen. Alle seien wissbegierig und würden mit ihm Erfahrungen austauschen. Für ihn sei das Miteinander ein sehr wichtiger Punkt. «Wenn der Konsument mit dem Produzenten wieder in den direkten Kontakt tritt, stimmt es.» Für die Schweiz wünscht sich der Pionier viele weitere Demonstrationshöfe, die sich immer weiterentwickeln.

Auenhof

Auf dem Auenhof werden regelmässig Führungen angeboten.
Die nächsten finden am 3. September und 22. Oktober statt. Um Anmeldung wird gebeten.

Gamsten 14, Feldbach
info@permakultur-auenhof.ch

www.permakultur-auenhof.ch

 

Gabriela Gasser, Redaktion Ährenpost