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Hombrechtikon
25.08.2023
25.08.2023 06:28 Uhr

Fischen bei Tagesanbruch

Die Arbeit ist intensiv, Zeit für Familie und Hobbys ist rar. Dennoch möchte Fischer Pfister die Zeit auf dem See nicht missen. Bild: mg
Jeweils bei Tagesanbruch lenkt Remo Pfister sein Boot auf den Zürichsee, um seine Netze einzuholen. Der Berufsfischer aus Hombrechtikon fängt vor allem Felchen und Egli, manchmal gehen ihm aber auch ganz andere Dinge ins Netz.

Von Feldbach aus tuckert das Fischerboot langsam auf den See. Kleine Wellen kräuseln sich am Bootsrand, der See ist noch ruhig und nur in weiter Ferne ist noch ein anderes Boot auszumachen.

Zu dieser frühen Stunde, wenn der Morgen dämmert und es langsam hell wird, sind eigentlich nur die Berufsfischer auf dem See. Remo Pfister ist einer von ihnen. Zehn Berufsfischer gibt es noch im Kanton Zürich, neue Lizenzen werden keine mehr vergeben. Die Fischbestände haben abgenommen und das spürt auch Remo Pfister. Es gebe viel mehr Kormorane, die den Fischern den Fang streitig machten. Auch die wärmeren Seetemperaturen, der stärkere Regen, die Strömungen und die Blaualgenbildung machen den Fischfang schwieriger. «Für die Fische ist das kein grosses Problem, die weichen den Blaualgen aus, aber unsere Netze werden verfärbt», sagt Pfister.

Fische und anderes in den Netzen

Auf der Seemitte gibt er Schub und lenkt das Boot Richtung Richterswil zu den Bojen, an denen seine Netze hängen. Pfister legt diese jeweils am Vorabend aus, um sie am nächsten Morgen wieder einzuholen. Heute hofft er auf zahlreiche Felchen, für den Egli benutzt er jeweils andere Netze.

Abfall und Motorengeräusche

Über eine Seilwinde zieht er die feinen Netze langsam ein, und bereits zappeln erste Felchen darin. Immer wieder sind es aber auch im Rietwis in Hombrechtikon zu einer Fischerei ausgebaut. «Zuerst hatten wir ein Boot zusammen, bis ich mir ein zweites, kleineres gekauft habe, mit dem ich auch auf dem Pfäffikersee Laichfischfang betreiben kann.» Mit der Lizenz sind die Pfisters berechtigt, auf allen Gewässern im Kanton Zürich zu fischen. Auf dem Zürichsee fische er meist in der näheren Umgebung von Feldbach, weil weite Fahrten wenig Sinn machten.

Frische Felchen aus dem Zürichsee. Bild: mg

Felchen mit Beifang Mittlerweile füllen sich die Kisten mit Felchen, die Pfister mit Eis aus der Kühlbox bedeckt. Nachdem er die Fische aus dem Netz gelöst hat, tötet er sie mit einem gekonnten Schlag an der Winde, wie es kleine Äste, die sich darin verheddert haben, oder eine Büchse, die er aus dem Netz befreit. «Einmal habe ich eine Sinalco-Flasche mit Bügelverschluss herausgefischt. Die hatte sicher noch Nostalgiewert», schmunzelt Pfister. Der Abfall sei das eine, die vielen Boote und die damit verbundenen Motorengeräusche und der Wellenschlag das andere. Alles nicht ideal für die Berufsfischerei.

Mit dem Vater gefischt

Ein paar hundert Meter entfernt schaukelt ein anderes Fischerboot auf dem See. Das sei der Hulliger aus Stäfa, bei dem er damals gelernt habe, sagt Pfister. Obwohl er schon als Bub gerne draussen gewesen sei und sich für das Fischen interessierte, habe er eine Lehre als Lagerist absolviert. Als dann zwei Pachten für die Fischerei frei geworden seien, hätten er und sein Vater sich gemeinsam dafür beworben und den Zuschlag bekommen. Mit dem Vater habe er schliesslich den Wagenschopf für die Fischerei vorgeschrieben ist. Einen kleinen Karpfen lässt er allerdings wieder frei, und ein anderer Fisch, der dem Fischer aus dem Netz geschlüpft ist, wird sofort von einer Seemöwe gefangen, die schon länger das Boot umkreist und sich auch auf dem Bugrand niedergelassen hat.

Kleiner Hecht und grosser Baumstamm

Auch ein kleinerer Hecht geht Pfister an diesem Morgen ins Netz. Ein eindrückliches Tier, von denen es im Zürichsee aber mittlerweile zu viel gebe. Fein säuberlich schichtet Pfister seine Netze ins Boot, als ein grösserer Ast an den Bootsrand schlägt. Beim Herausziehen entpuppt sich dieser als halber Baumstamm, den Pfister quer über sein Boot drapiert, um ihn in Ufernähe wieder zu entsorgen. Erst dann holt er die Boje ein und startet den Motor. Das Boot peitscht über den See. Erst kurz vor Feldbach drosselt Pfister den Motor. Es ist kurz nach sieben, als er seine Kisten an diesem wolkenverhangenen Morgen auslädt, um seinen Fang schliesslich in den Räumlichkeiten im Rietwis zu verarbeiten.

Remo Pfister bekommt auch immer mal wieder Besuch aus der Luft. Bild: mg

Verkauf in Zürich und Oerlikon

Während seine Eltern den Fang jeweils freitags in ihrem Fischwagen vor dem Volg in Hombrechtikon verkaufen, sind der Oerliker- und der Helvetiaplatz-Markt die Verkaufsorte von Remo Pfister. «Früher war der Römer Fischhandel unser grösster Kunde, doch den gibt es nicht mehr.» Dafür konnten die Pfisters 2007 den Marktplatz von Römer in Witikon übernehmen und damit verbunden auch viele Kundinnen und Kunden. Während sie früher viele Spitäler, Heime und auch die Gastronomie beliefert hätten, sei das mit den Jahren immer weniger geworden. Seit vier Jahren verkauft Remo Pfister seine Fische nur noch auf den Märkten am Helvetiaplatz in Zürich und in Oerlikon.

Lokal produzierte Produkte sind gefragt

«Der Fischverkauf ist nicht mehr so regelmässig wie früher», sagt auch Remos Mutter Vreni Pfister. Während sich an diesem Freitag zahlreiche  Kundinnen  für  Felchen, Egli und Fischprodukte wie Heringsalat interessieren, komme an anderen Tagen fast niemand vorbei. Acht Jahre lang betrieben die Pfisters im Gebäude des ehemaligen Restaurants Sonne ihren Fischladen, gaben diesen aber mit den rückläufigen Umsätzen schliesslich auf und sind jetzt noch mit dem Fischwagen vor Ort. «Es gibt schon noch Leute, die auf regionalen Fang achten. Die kaufen dann auch mal ganze Fische und sind neugierig auf Hecht oder Karpfen. Aber die Nachfrage ist schwankend.»

Remos Mutter Vreni Pfister verkauft ihren Fisch jeweils am Freitag vor dem Volg. Bild: mg

Eine Ausnahmeerscheinung

Lokale und selbst produzierte Produkte seien nach wie vor beliebt, sagt dagegen ihr Sohn Remo, das spüre er vor allem bei seiner städtischen Kundschaft. In den ländlichen Gebieten sei das vielleicht ein bisschen anders. Das Angebot bei Vreni Pfister ist gross, denn es kommt auch Zugekauftes wie Bio-Lachs dazu. Auch der geräuchte Fisch, den Vreni Pfister gemeinsam mit Remo verarbeitet, kommt bei der Stammkundschaft gut an. Und doch sei man als Berufsfischer heute fast eine Ausnahmeerscheinung, sagt Remo Pfister. Die Arbeit sei intensiv. «Für die Familie und Hobbys wie Velofahren, Skifahren oder auf Hochtouren gehen bleibt kaum Zeit.» Und doch möchte Pfister die Zeiten auf seinem Boot, wenn der See noch ruhig ist und er bis zu 70 Kilogramm Fisch aus seinen Netzen ziehen kann, nicht missen.

Martina Gradmann, Redaktion Ährenpost