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Kultur
22.08.2023

Kunst(Zeug)Haus zeigt «frei»

Erwin Schatzmann, «Die 3 Nornen », 1993, Gouache auf Papier. Bild: © Erwin Schatzmann
Die Gruppenausstellung «frei» der IG Halle im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil vom 27. August bis 5. November 2023 beleuchtet das Thema von ganz unterschiedlicher Seite.

FREI ist der dritte Teil der 2020 begonnenen Ausstellungstrilogie weit – wild – frei. Der Themenkreis ist aktuell, wie der bisherige Erfolg und die gut besuchten Anlässe zeigen. Auch FREI umfasst als Gruppenausstellung künstlerische Positionen, die unterschiedliche Aspekte des Themas spiegeln.

Kompromisslos frei

Einer, der Freiheit zu leben versucht, ist der Winterthurer Künstler Erwin Schatzmann. Er fordert dazu auf, den Wandel, den man sich wünscht, selbst zu verwirklichen. Bekannt für seine bunt bemalten Holzfiguren und Holzbänke, die an zahlreichen Orten im öffentlichen Raum stehen, ergreift er immer wieder die Initiative, damit Kunst auch ausserhalb des Museums und des etablierten Kunstbetriebs stattfindet. Sein Morgenland ist ein einzigartiger Offspace der Lebenskunst. Ein bedeutender Teil seines Werks sind die Texte, die mit viel Humor ungewohnte Perspektiven vorschlagen. Auch in seinen Zeichnungen schafft Erwin Schatzmann ein buntes und grenzenloses Bild des Lebens.

Weibliche Freiheit oder gefangen im Muster?

Ähnlich wie Erwin Schatzmann verwendete Marlis Spielmann zu Beginn Elemente aus der Volkskunst. Ihre axialsymmetrischen Scherenschnitte formten Reigen aus menschlichen Figuren, Tieren und Blumen. Seit einigen Jahren fokussiert sie ihre Arbeit auf grossformatige Scheren- und Messerschnitte, die sich wie filigrane Wandteppiche präsentieren, aus der Nähe betrachtet jedoch überraschende gesellschaftskritische Details preisgeben. In ihrem gesamten Werk hat sie traditionell weibliches Handwerk wie etwa textile Techniken aufgegriffen und weiterentwickelt, um damit gleichzeitig Geschlechterrollen zu hinterfragen.

Patrik Fuchs, «Isolator, rot, Nr. 05», 2020, Fotografie. Bild: © Patrik Fuchs

Gegenstand, losgelöst

Gegenstände wie Nistkästen oder Drahtzaunisolatoren dienen dem Fotografen Patrik Fuchs zur Reflexion über die Menschen, die sie geschaffen haben und die Kultur, der sie angehören. Zwischen Schutz und Gefangenschaft, zwischen unheimlich-heimelig erzählen sie ihre Geschichten. Im Format von Serien sammelt Patrik Fuchs verschiedene Exemplare des Gegenstands, um dessen Symbolik zu verdichten. In reduzierter Ästhetik, vor einem einheitlichen neutralen Hintergrund und losgelöst von ihrer ursprünglichen Umgebung leuchten die Objekte wie kostbare Fundstücke auf, die zum genauen Hinschauen auffordern. Aus der nüchternen, unkommentierten Sammlung formulieren sich subtile Botschaften.

Zwischen Form und Wandlung

Sowohl Susanne Lyner als auch Sandra Capaul legen für ihre Arbeit gewisse Bedingungen und Strukturen fest, die eine freie Entwicklung und Variationen zulassen. In der Bestrebung, der Farbe möglichst viel Eigenständigkeit zuzugestehen, frei von Attributen und gegenständlichen Assoziationen, nutzt Susanne Lyner Raster oder das Rechteck als Grundform. Die Wiederholung wird zum lebendigen Rhythmus, der das Zusammenspiel der Farben und die feinsten Schattierungen zur Entfaltung bringt.

Sandra Capaul, «White Noise 1», 2020, Lack auf Shoji-Papier. Bild: © Sandra Capaul

Bewegung bestimmt viele von Sandra Capauls Arbeiten. Unter anderem setzt sie eine Drehscheibe ein, auf der sie die Arbeitsfläche anbringt und so die Farbe nach dem Prinzip des provozierten Zufalls fliessen lässt. Aus diesem Prozess sind auch die neuen Werke mit Lackfarbe entstanden: schrittweise von den Bildtafeln mit dem Titel Sulfurous zur Installation The circus of the sun, benannt nach einem Gedicht von Robert Lax, bis zu White noise, den Papierbahnen, die die von der Rotation weggeschleuderten Farbtropfen aufgefangen haben. Ein umfangreicher Werkzyklus befasst sich mit dem Gefäss. Dabei steht die Wandelbarkeit der Form im Zentrum, sie bringt Wahrnehmung und Gedanken in Bewegung.

Marlis Spielmann, «Alpenrock» 2021/22, Scherenschnitt bemalt (l.); Susanne Lyner, Ausstellungsansicht. Bild: © Marlis Spielmann / © Susanne Lyner,

Farbe befreien

In Susanne Lyners mit einer eigenen Technik entwickelten Farbobjekten löst sich die Farbe vollends vom Untergrund, indem sie nicht aufgetragen, sondern geworfen wird und ein dichtes, mehrschichtiges Geflecht aus Acryl bildet. Susanne Lyners Arbeiten prägt die Verbindung von Stofflichkeit und Flüchtigkeit, der Fokus auf die Materialität der Farbe in grosser Leichtigkeit.

Über Freiheit reden

Neben öffentlichen Führungen sind in der Ausstellung FREI mehrere Anlässe geplant: Ein Gespräch mit Erwin Schatzmann, Ingrid Käser und Tom Haller verbindet die Themen der Trilogie weit – wild – frei mit besonderem Blick auf die Realität des Künstlerberufs. Ein Podium thematisiert die Situation der Menschenrechte in unserer Gesellschaft in der Schweiz, in Europa, und stellt die Frage nach Freiheit und Verantwortung unter anderem im digitalen Raum. In Zusammenarbeit mit dem Kunstzeughaus findet eine Kurzführung mit Workshop statt, und an der Kulturnacht Rapperswil ist die IG Halle ebenfalls beteiligt.

Frei

IG Halle im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil, 27. August bis 5. November 2023

Mittwoch, 14 – 20 Uhr, Donnerstag, 14 – 17 Uhr, Freitag bis Sonntag, 11 – 17 Uhr

www.ighalle.ch

Anlässe

Vernissage

  • Sonntag, 27. August 2023, 11:30 Uhr
  • Einführung: Guido Baumgartner, Co-Präsident und Kurator IG Halle
  • Kindervernissage mit artefix kultur und schule

Kunst & Stift

  • Mittwoch, 6. September 2023, 18:30–20:30 Uhr
  • Kurzführung mit Kurator Guido Baumgartner, anschliessend Workshop für Erwachsene: zeichnend durch die Ausstellung. Mit Tatiana Witte, artefix kultur und schule
  • Anmeldung bis 1. September 2023 unter info@kunstzeughaus.ch
  • Eintritt 25.–

Podium Menschenrechte hier und jetzt – Freiheit, Demokratie und digitale Verantwortung

  • Sonntag, 10. September 2023, 11:30 Uhr
  • Mit Dr. Christoph A. Karlo, Präsident Robert F. Kennedy Human Rights Switzerland und Hernani Marques vom Chaos Computer Club Schweiz. Das Gespräch thematisiert die Situation der Menschenrechte – nicht in entfernten Staaten, sondern in unserer Gesellschaft in der Schweiz, in Europa. Wie steht es hier um die Freiheit? Und was bedeutet Freiheit im digitalen Raum?
  • Eintritt 25.–

Kulturnacht Rapperswil-Jona, öffentliche Führung

  • Samstag, 16. September 2023, 19:30 Uhr
  • Rundgang durch die Ausstellung mit Guido Baumgartner, Kurator IG Halle.
  • Freier Eintritt

Das freie Künstlerleben – ein Gespräch

  • Sonntag, 22. Oktober 2023, 11:30 Uhr
  • Mit Erwin Schatzmann, Ingrid Käser und Tom Haller. Das Gespräch verbindet die Themen der Ausstellungstrilogie «weit – wild – frei». Je ein Künstler /eine Künstlerin aus den drei Ausstellungen ist daran beteiligt. Wir befragen sie über die Realität ihres Berufs und diskutieren über die Wirkung von Kunst auf die Gesellschaft.
  • Eintritt 25.–

Finissage-Rundgang

  • Sonntag, 5. November 2023, 11:30 Uhr
  • Susanne Lyner, Patrik Fuchs, Marlis Spielmann, Erwin Schatzmann und Sandra Capaul im Gespräch mit Kurator Guido Baumgartner. Die Gelegenheit, um die Ausstellung zu sehen, die Künstlerinnen und Künstler zu treffen und persönliche Einblicke in ihr Schaffen zu bekommen.
  • Eintritt 20.–

Führungen für Gruppen auf Anfrage

Judith Annaheim, IG Halle / Goldküste24