Thomas Calame, Maschineningenieur, Chef der Betriebsanlagen des Flughafens, schickt dann jeweils zwei Menschen los, damit diese das Problem schnell lösen. Die Gebäudetechnik oder die Energieversorgung hat er altersbedingt an Kollegen weitergegeben. Doch die Gepäcksortieranlage ist für ihn das Herzstück. Vor der Pension soll sie sauber laufen, vorher gibt er sie nicht weiter. Er soll sie nun ersetzen, wie die Zürichsee-Zeitung berichtet.
Dieser Ersatz ist ein Riesenprojekt. Die Förderbänder, Motoren, Sensoren und Röntgengeräte der Anlage wuchern über den ganzen Flughafen. 23 Kilometer messen die Förderbänder total. Sie sind zu weiten Teilen im Untergrund verbaut, sie verlaufen unter den Fundamenten der Abflug-Docks und der Ost-West-Piste hindurch.
Grösste Investition der Geschichte
Die alte Anlage entsprach neun Fussballfelder, also sieben Hektaren. Die neue wird neun Hektaren beanspruchen. Komplex ist, dass die Gepäcksortieranlage unter laufendem Betrieb ersetzt werden muss. Die Kosten belaufen sich auf 400 Millionen Franken. Die grösste Investition in der 75-jährigen Geschichte des Flughafens.
Die Flughafen Zürich AG baut gerade in Delhi den grössten Flughafen Indiens. Er kostet 750 Millionen Franken und soll ein wichtiger Teil der Auslandstrategie werden. Die Dimensionen werden so sichtbar, wenn man den Gewinn des Unternehmens von 2019 mit 309 Millionen betrachtet.
Nun wird mehr als ein Jahresgewinn in die Förderbänder investiert, dies vor allem für die abfliegenden Koffer. 2015 und 2020 begannen die Planungs- und Bauarbeiten, die nächstes Jahr grösstenteils abgeschlossen sein sollen.
25-jährige Anlage stottert
Die Anlage ist 25 Jahre alt und stottert ständig. Die Fehlermeldungen nehmen laufend zu. Oft müssen die 48 Männer und zwei Frauen die Probleme von Hand beheben. Es ist kaum mehr möglich, von den 1000 aufgegebenen Gepäckstücken 997 bis zum Abflug ins richtige Flugzeug zu liefern. Die Anlage gehörte noch vor wenigen Jahren zur Weltspitze, so Calame. Nach dem Einbau der neuen Anlage soll dieser Wert wieder erreicht werden. Gut ist es, wenn die Zuverlässigkeit nicht weiter abnimmt.
Der Umbau ist sehr viel komplizierter bei laufendem Betrieb als einen neuen Flughafen wie in Delhi auf einer grünen Wiese zu bauen.
Die Mannschaft von Calame baut parallel zur alten Anlage die neue dazu, indem einzelne Elemente ersetzt werden. So schliesst die neue Anlage Stück für Stück an die alte. An den Schnittstellen wird umgelenkt. Wenn die Teile der alten Anlage überflüssig geworden sind, dann kann sie abgebaut werden.
Neue Gebäude für den Umbau
Oft brauchen diese Umbauten nicht extra Platz, ausser beim Ersatz der überirdischen Anlage zur Sicherheitskontrolle oder der Hauptsortieranlage für die Sortierung auf die einzelnen Flugziele. Auch nicht für den sogenannten Frühgepäcksspeicher.
Für diese Systeme musste der Flughafen neuen Platz schaffen. Dafür riss er zwei Bürogebäude und die Personalkantine ab und baute stattdessen ein neues zweistöckiges Gebäude. Dort stehen jetzt, wenige Meter von den alten Anlagen entfernt, die neuen, blitzblank, in ihren jeweiligen hohen, hellen Räumen. Es sind Spezialanfertigungen, geliefert vom italienischen Rüstungskonzern Leonardo, der auch ein Standbein im Sortieranlagen-Geschäft hat.
Die Gepäckstücke gleiten neu dank eines seitwärts verlaufenden Förderbands von der Bahn auf eine Ablagefläche. Dort werden sie von Angestellten von Bodendienstleistern wie Swissport in Empfang genommen und zu mit Wägelchen zu den Flugzeugen gefahren. Neu sind es 116 solche Verteilziele statt alt 92. Ausgestattet ist die neue Anlage mit einer modernen Software. Sie entspricht den neusten internationalen Sicherheitsstandards. Neben der Erneuerung ist wichtig, dass künftig weniger Fehler auftreten.
Nervosität während der Umstellung
Der Testbetrieb läuft zurzeit mit auch mal Pannen. Ab November soll sie dann offiziell in Betrieb sein. Die grössere Umstellung wird für die verkehrsarme Saison geplant, wie Spätherbst und Frühjahr, damit Fehler weniger Umtriebe verursachen.
Für diese Tage braucht es besonders viele Angestellte, dann kann auch mal etwas von Hand gemacht werden, wenn technisch etwas schiefgeht. Auch wenn die Vorbereitungen noch so gut sind, so ist Calame doch immer nervös, wenn die Bahnen um vier Uhr morgens umgehängt werden.