Home Region Schweiz/Ausland Sport Rubriken Magazin Agenda
Schweiz
30.07.2023

Bundesrätin Keller-Sutter: «Wieder auf den normalen Weg finden»

Karin Keller-Sutter: Die grösste Umstellung war für mich die enorme Aufmerksamkeit, die man als Bundesrätin hat. Bild: Miryam Koc
Am 1. August spricht Bundesrätin Karin Keller-Sutter in Rapperswil. Im Linth24-Interview redet sie über ihre Sorgen und sagt, was sie den Menschen zum Nationalfeiertrag wünscht.

Frau Bundesrätin Keller-Sutter, Sie halten Ihre 1. August-Ansprache in Rapperswil. Was sagen Sie Frau und Herrn Schweizer?
Wir feiern dieses Jahr 175 Jahre Bundesverfassung. Ich werde einen Blick zurück werfen auf die Entstehungsgeschichte dieses phantastischen Werkes. Und ich werde versuchen, Lehren aus der Geschichte für das Jetzt und die Zukunft zu ziehen. Mehr möchte ich nicht verraten. Reden sind vielleicht nicht so spannend wie ein Krimi. Dennoch sollte man bei beiden den Schluss nie zu früh bekanntgeben.

Was sind momentan Ihre grössten Sorgen als Bundesrätin?
Im ersten Halbjahr 2023 war das natürlich die Krise der Credit Suisse. Ich bin dankbar, dass es gelungen ist, Schaden für die Bevölkerung und die Wirtschaft abzuwenden. Derzeit stehen natürlich auch die Bundesfinanzen oben auf meiner Agenda. Für 2024 hat es der Bundesrat geschafft, ein schuldenbremsenkonformes Budget vorzulegen. Doch die Aussichten auf die kommenden Jahre sind schwierig. Das Thema wird noch lange eine Herausforderung bleiben.

«Das Parlament und Teile der Bevölkerung haben sich an einen Staat gewöhnt, der laufend das Portemonnaie aufmacht.»
Bundesrätin Karin Keller-Sutter

Was bedrückt Sie als Finanzministerin?
«Bedrücken» ist ein grosses Wort. Aber ich stelle fest, dass sich das Parlament und Teile der Bevölkerung an einen Staat gewöhnt haben, der bei fast jeder Schwierigkeit das Portemonnaie aufmacht. Die Corona-Pandemie hat da in der Wahrnehmung etwas verschoben. Damals waren die Mehrausgaben auch berechtigt. Aber wir müssen nun wieder den Weg zu einer nachhaltigen Finanzpolitik finden. Das wird nicht einfach sein und viele Diskussionen erfordern.

In der Welt gibt es viele Probleme, von der Klima-Krise über Kriege und Hunger bis zum Energie-Notstand. Ist damit die Arbeit im Bundesrat viel aufreibender geworden als früher?
Sie haben recht: Die Welt und die Schweiz erlebten und erleben in den vergangenen Jahren eine Abfolge von Krisen. Das ist herausfordernd. Aber unser Land hat stabile Institutionen und der Bundesrat war stets handlungsfähig. Das ist eine Stärke unseres Landes und eine gute Nachricht. Auf der anderen Seite erscheint uns die Gegenwart ja immer grösser als die Vergangenheit. Der Bundesrat hatte auch früher grosse Krisen zu bewältigen. Man muss die Probleme also mit einer gewissen Demut sehen.

«Didier Burkhalter hat gesagt, das Bundesrats-Amt sei wie eine zweite Haut, die man ständig mit sich herumtrage. So ist es.»
Bundesrätin Karin Keller-Sutter

Sie sind jetzt bald 5 Jahre im Amt. Haben Sie vor Ihrem Antritt diesen immensen Arbeitsaufwand erwartet, den Sie täglich zu bewältigen haben?
Ich hatte ja als ehemalige St. Galler Regierungsrätin schon Exekutiverfahrung und konnte mir deshalb ungefähr vorstellen, was das Amt auf Bundesebene mit sich bringt. Die Arbeit macht man, so gut man kann. Die grösste Umstellung für mich war die enorme Aufmerksamkeit, die man als Bundesrätin hat. Das ist nicht immer einfach. Didier Burkhalter hat einmal gesagt, das Amt sei wie eine zweite Haut, die man ständig mit sich herumtrage. Genau so ist es.

Was wünschen Sie den Menschen zum 1. August?
Dass sie den Tag geniessen und feiern mögen. Denn gerade in diesem Jahr, da die moderne Schweiz 175 Jahre alt wird, haben wir Grund dazu.

Bruno Hug, Linth24