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23.07.2023

Notwasser versus Sommerdurst

Von der Quelle in den Mund: Auch beim Wollishoferplatz gibt es einen Notwasserbrunnen. Bild: Lorenz Steinmann
Die Sommerhitze treibt den Durst auf die Spitze. Es gibt wenige Städte, in denen er sich so schnell und praktisch löschen lässt wie in Zürich. Zum Beispiel dank Notwasserbrunnen.

Tobias Hoffmann

Notwasser klingt dramatisch, und der Hintergrund der sogenannten Notwasserbrunnen ist auch ein apokalyptischer: Für den Fall, dass in der Stadt alles zusammenbrechen sollte, infolge eines Krieges, einer Naturkatastrophe oder einer grossen technischen Panne, wollte man sich vor rund fünfzig Jahren wappnen und baute die alte Quellwasserversorgung der Altstadt für die ganze Stadt aus.

Das Wasser stammt aus Quellfassungen in den Hügeln rund um Zürich und speist heute insgesamt rund 400 Quellwasserbrunnen, wie Hans Gonella von der Wasserversorgung Zürich erläutert. Zu diesen zählen, so Gonella weiter, historische Brunnen wie die Altstadt- und die ehemaligen Dorfbrunnen, kleinere moderne Trinkbrunnen sowie 85 Trinkbrunnen aus Bronze in einheitlichem Design. Die Versorgung der Brunnen über das separate Quellwassernetz von immerhin 150 Kilometern Länge funktioniert mit natürlichem Gefälle. Dank des Höhenunterschieds fliesst das Wasser von den Quellfassungen im freien Gefälle und ist somit unabhängig von der Stromversorgung.

Mit und ohne Hundetrog

Das Design der bronzenen Brunnen ging im Jahre 1973 aus einem Wettbewerb hervor. Aus über 100 Modellen wurde Alf Aebersolds Entwurf ausgewählt. Die entsprechend gestalteten Notwasserbrunnen gibt es in zwei Ausführungen, einer einfachen und einer mit Hundetrog und Abstellfläche. Seit 1976 wurden nach und nach die 85 Trinkbrunnen dieses Typs aufgestellt. Eine spezielle Innenkonstruktion – ähnlich wie bei einem Hydranten konzipiert – erlaubt es, eine Zapfstelle anzubringen. Man kann die Brunnen aufschliessen, um eine Verteilbatterie anzuhängen. Auf diese Weise kann im Notfall eine minimale Versorgung im Holprinzip aufrechterhalten werden, im Umfang von etwa 15 Litern pro Person und Tag.

Das Design wurde damals fast ausnahmslos gerühmt. Man mag sich allerdings fragen, ob die Stimmung des Kalten Krieges nicht doch ein wenig darauf Einfluss hatte: Sehen die Brunnen nicht ein bisschen wie schräg gekappte Patronen aus? Wasser als eine Form der Munition für die Landesverteidigung, sozusagen.

Manche versteckte Standorte

Aber das kann uns egal sein: Die Bronzebrunnen gehören zum Corporate Design der Stadt und sind überaus nützlich, vor allem dieser Tage bei grosser Hitze, wenn der Durst manchmal wirklich beinahe zum Notfall wird. Allerdings: Angeschrieben und signalisiert sind die Quellwasserbrunnen nicht, und manchmal ist ihr Standort sehr diskret. Am Stauffacher befinden sich gleich zwei davon, der aus Bronze jedoch steht versteckt an der Einmündung der Bäckerstrasse. Immerhin sind auf dem interaktiven Stadtplan alle Brunnenstandorte ersichtlich. Und auch welches Wasser eingespeist wird. Der Durst kann also kommen. In Zürich ist man ihn schnell wieder los.

Plan der Brunnenstandorte: 

www.maps.stadt-zuerich.ch

Tobias Hoffmann / Goldküste24