Home Region Schweiz/Ausland Sport Rubriken Magazin Agenda
Region
08.06.2023

China-Deal: Was ist mit diesem Stadtrat los?

Der Stadtrat hält viele wichtige Informationen zum China-Deal geheim und stützt «private» Interessen. Bild: Linth24
Der Stadtrat von Rapperswil-Jona hat Linth24 Fragen zum China-Deal beantwortet. Die Antworten machen das ganze Geschäft noch unbegreiflicher. Kommentar von Bruno Hug

Linth24 hat allen Stadträten gemäss Öffentlichkeitsgesetz Fragen zum China-Deal zugestellt. (Siehe PDF am Berichts-Ende.) Die Antwort des Stadtrates (siehe PDF) bringt kein Licht in den Landverkauf an die chinesische Firma SinoSwiss, dafür noch mehr Schatten. 

Vieles bleibt geheim

Viele ihm gestellte Fragen beantwortet der Stadtrat nicht. Er argumentiert, «Dritte» hätten «ein schützenswertes privates Interesse angemeldet», oder die Akten seien vor dem Öffentlichkeitsgesetz geschützt. Deshalb werde auf Offenlegung verschiedener Dokumente und Informationen verzichtet.

Das heisst: Fremde (private) Geschäftsleute – vielleicht bis zum chinesischen Staat – werden gegenüber hiesigen Land-Interessenten bevorzugt. Aber vieles, was hinter dem fragwürdigen Geschäft steckt, bleibt geheim.

Keine Auskunft zur «Firma»

Als der städtische Landverkauf an die Chinesen Anfang April aufflog, sagte Stadtpräsident Martin Stöckling, die Stadt habe «eine Firma beauftragt», Recherchen zu den Käufern anzustellen.
Zur Frage, welche «Firma» und was dabei herauskam, gibt es keine Auskunft. So bleibt unbeantwortet, ob es diese «Firma» überhaupt gab, ob sie einem Stadtrat nahesteht oder ob deren Recherchen Unangenehmes zutage brachten.

Keine Protokolle, keine Einsicht

Bekannt wird dafür, dass es zu den vom Stadtpräsidenten persönlich getätigten Recherchen zur China-Firma «keine schriftlichen Unterlagen oder Gesprächsprotokolle» gibt.
Und die Frage, ob die Chinesen, wie erforderlich, zum Landkauf ein Gesuch eingereicht haben, beantwortet der Stadtrat mit Ja. Aber: Das Gesuch wird nicht offengelegt.

Gefallen an die Chinesen

Zur Frage, weshalb das Land verkauft und nicht im Baurecht abgegeben wurde, sagte der Stadtpräsident Anfang April, die Chinesen würden «das Baurecht nicht kennen». Diese Version korrigiert der Gesamt-Stadtrat und schreibt, die Chinesen hätten «eine Veräusserung favorisiert».
Damit wird klar: Die Stadt machte den Chinesen mit dem Landverkauf freiwillig einen Gefallen. (Warum? Wer drängte den Stadtrat dazu?)

Kein Einfluss der Bevölkerung

Auf die Frage, warum der China-Deal fast 2 Jahre geheim gehalten wurde, schreibt der Stadtrat, er habe «vorgesehen», zu informieren, wenn das Baugesuch vorliege. Hätte er früher informiert, hätte «die Bevölkerung keine Gelegenheit gehabt, Einfluss zu nehmen». Da fragt sich: Welche Gelegenheit hat die Bevölkerung denn jetzt? Wie die ganze Stadt weiss: Keine.

Keine Antwort zu Artikel 7

Gemäss Gemeindeordnung muss der Stadtrat «aktiv und zeitgerecht» informieren. Die Frage, ob er mit dem fast zweijährigen Schweigen nicht dagegen verstossen habe, beantwortet der Stadtrat nicht.
Und zu den Schwärzungen im Land-Verkaufsvertrag schreibt er, es handle sich um persönliche Angaben. Am Vertrag sei keine dritte Partei beteiligt gewesen. (Man muss es glauben, belegt wird es nicht.)

Zwang zur Baubewilligung

Im Land-Verkaufsvertrag ging die Stadt die Verpflichtung ein, «sämtliche notwendige Baugesuchunterlagen» der Chinesen «ohne Verzug zu unterzeichnen». Dazu befragt, schreibt der Stadtrat, das heisse nicht, dass die Stadt eine Baubewilligung erteile. (Womit dann die Chinesen die Betrogenen wären.)
Und in unverständlicher Logik heisst es dazu noch, die Unterschrifts-Zusicherung sei «eine Formvorschrift, dass das Baugesuch überhaupt eingereicht werden kann».

Ratskompetenz bald geregelt

Bezüglich seiner Landverkaufs-Kompetenz bis 2 Mio. Franken stützt sich der Stadtrat auf den Kanton, der schrieb, die Rats-Kompetenz werde am Schätzwert des Landes und nicht am Verkaufswert gemessen.
Allerdings schob die Bürgerversammlung vom 1. Juni dieser Auslegung einen Riegel. Der Antrag, künftig müsse für die Kompetenz des Stadtrates bei Landverkäufen der Verkaufspreis gelten, wurde mit grossem Mehr angenommen. Die Bürger zeigten dem Stadtrat damit ein weiteres Mal ihre Unzufriedenheit mit seinem China-Geschäft.

Mysteriöse Landpreis-Schätzung

Der das Landverkaufs-Geschäft führende Stadtpräsident Stöckling sagte Anfang April, der Stadtrat habe zum Landpreis eine Schätzung machen lassen.
Jedoch: In diesem Bereich wird der Landverkauf noch mysteriöser: Es gibt eine bisher unbekannte Landpreis-Schätzung vom 2. Juni 2020. Schätzer war ein Alexander Krebs. Von wo er ist und von wem er beauftragt wurde, weiss man nicht.
Auch dieses Dokument (siehe PDF) ist in wesentlichen Bereichen geschwärzt.

1 Tag vor Verkauf

Noch stutziger macht, dass sich der Stadtrat beim Landverkauf auf eine Schätzung vom 20. April 2021 stützt. Wer diese gemacht hat, und was sie aussagt, legt die Stadt nicht offen. Warum?
Noch verdächtiger ist, dass diese Schätzung erst einen Tag vor Vertragsunterzeichnung mit den Chinesen gemacht wurde. Musste der Stadtrat vor Vertrags-Unterschrift noch schnell etwas organisieren? Weshalb? Was wäre passiert, wenn diese Schätzung auf einen anderen Preis gekommen wäre, als im anderntags zu unterschreibenden Vertrag stand?

Erster Fremdverkauf seit 13 Jahren

Linth24 wollte auch wissen, wie viel Land die Stadt an wen seit 2010 verkauft hat. Aus der Antwort (siehe PDF) geht hervor, dass die Stadt bis jetzt städtisches Land nur «intern» verkaufte: An die Stiftung Alterswohnungen Jona (Fr. 1'350'000.-), an die Baugenossenschaft RJ (Fr. 606'000.-), an die städtische Pensionskasse (Fr. 1’140'000.-), an die Ev.-Reform. Kirche RJ (Fr. 86'000.-) und nochmals an die Pensionskasse RJ (Fr. 1'580'000.-)
Womit sich Stöcklings April-Aussage in Luft auslöst, die Kompetenz des Stadtrates habe sich bei Landverkäufen immer nach dem Schätzwert gerichtet. Denn: Bei all den vorgenannten Verkäufen war die 2-Mio-Grenze gar nie ein Thema. 

Was ist mit diesem Stadtrat los?

Seit 2010 hat die Stadt somit nur Land im städtischen Interesse verkauft. Der China-Deal ist in 13 Jahren der erste Landverkauf an eine Fremd-Firma. An bester Lage. Zu günstigem Preis. Unter Ausbremsung lokaler Interessen. Ausgerechnet an ein ausländisch-chinesisches Unternehmen. Und niemand weiss, wer den Deal aufgegleist oder eventuell sogar noch daran verdient. Und alles an der Bürgerschaft vorbei. Was ist nur mit diesem Stadtrat los?

Bruno Hug