Die OECD hat für die Gewinne von Grosskonzernen mit einem Jahresumsatz von wenigstens 750 Millionen Euro eine Mindeststeuer von 15 Prozent beschlossen. Für die Schweiz, das Land, in dem der internationale und der interkantonale Steuerwettbewerb durch Tiefsteuern angetrieben wird, ein beinahe revolutionärer Entscheid, den die SP begrüsste. Sie setzte sich in den eidgenössischen Räten dafür ein, dass immerhin die Hälfte der Mehreinnahmen dem Bund zur Finanzierung sozialpolitischer Leistungen zukommt – leider erfolglos.
Das zustande gekommene Ergebnis klingt wie ein Wunschzettel der Tiefsteuerkantone: Der Kanton Zug erhält pro Kopf CHF 1'625.00. Zwanzig Kantone müssen mit weniger als dem Durchschnitt von CHF 200.00 pro Kopf rechnen; der Kanton St.Gallen erhält sogar deutlich weniger (mehr dazu). Die Bevölkerung im Kanton St.Gallen wird mit Brosamen abgespeist.
St.Galler Kehrtwende
Der St.Galler Finanzchef Marc Mächler war in dieser Debatte zunächst mutig angetreten und hat den Tiefsteuerkantonen die Stirn geboten. Er hat zurecht bemängelt, dass einzig eine kleine Zahl von Tiefsteuerkantonen überproportional profitieren. Trotz des gewaltigen Missverhältnisses gab es aber keinen geeinten Auftritt der FinanzdirektorInnen der betroffenen grossen Mehrheit der Kantone.
Nun ist auch die St.Galler Regierung eingeknickt und hat am vergangenen Mittwoch bekannt gegeben, dass sie ein Ja zur Vorlage zur OECD-Mindeststeuer empfiehlt. Die SP bedauert diese Empfehlung sehr. Offensichtlich hat die Regierung auf der Zielgeraden der Mut verlassen.
Die Ostschweiz gerät ins Hintertreffen
Am Ende will sich die bürgerliche Mehrheit der Regierung lieber nicht gegen Finanzministerin Karin Keller-Sutter und die mächtigen Wirtschaftsverbände stellen. Mit dieser für die Ostschweiz typischen Haltung bleibt man gegenüber den reichen Konzernstandorten ständig im Hintertreffen. Kantone wie Zug oder Basel-Stadt werden ihre Unternehmen weiter subventionieren und die Mittel verwenden, um die weiteren Steuern noch stärker zu senken oder die Konzerne mit anderweitigen Privilegien für sich zu gewinnen. Ein fairer Föderalismus, der die Lasten gleichmässig aufteilt, sieht anders aus.
SP will faire Umsetzung
Für die SP ist klar: Es braucht die OECD-Mindeststeuer unbedingt. Und diese wird auch kommen. Mit der Ablehnung der Vorlage wehrt sie sich gegen die ungerechte Verteilung der dadurch gewonnen Mehreinnahmen. Die SP ruft deshalb die Stimmbevölkerung auf, mutiger zu sein als die eigene Regierung und am 18. Juni im Kanton St.Gallen klar Nein zu sagen zu dieser unfairen Vorlage. Sie gehört zurück an die eidgenössischen Räte.