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Kanton
25.04.2023

Härteres Urteil gegen 30-jährigen Mann gefällt

Das Zürcher Obergericht hat am Montag einen 30-jährigen Schweizer wegen versuchter vorsätzlicher Tötung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt. (Symbolbild) Bild: KEYSTONE/ENNIO LEANZA
Das Zürcher Obergericht hat einen 30-jährigen Schweizer wegen versuchter vorsätzlicher Tötung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt. Es hat damit das Urteil der Vorinstanz deutlich erhöht.

Das Bezirksgericht Uster verurteilte den 30-jährigen Chauffeur, der nach der Tat ins Ausland flüchtete, aber rasch verhaftet wurde, im Dezember 2021 zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 10 Monaten. Zudem muss er seinem Opfer rund 2600 Franken Schadenersatz sowie Genugtuung in der Höhe von 5000 Franken bezahlen.

Mit der Erhöhung der Strafe auf 6 Jahre ist das Obergericht dem Antrag des Staatsanwalts gefolgt. Der Verteidiger des Beschuldigten forderte einen Freispruch, weil Notwehr vorgelegen sei.

Täter war bereits vorbestraft

Das Gericht begründete die höhere Strafe unter anderem damit, dass das Opfer nur durch grosses Glück nicht schwerere Verletzungen erlitten hätte, als der Beschuldigte es zwei Mal mit dem Auto überrollt habe. Straferhöhend hätten sich auch die beiden Vorstrafen des Beschuldigten wegen anderer Gewaltdelikte ausgewirkt.

Beim Strafmass ebenfalls berücksichtigt worden sei aber, dass sein Kontrahent ihn zuvor provoziert und attackiert habe. Auch dass er sich defensiv verhalten habe, indem er den Ort des Geschehens verlassen wollte, komme ihm zugute.

Laut dem Richter sei für den Verhandlungstag bereits die Polizei aufgeboten worden, um den Beschuldigten noch im Gerichtssaal zu verhaften und in Sicherheitshaft zu nehmen. Weil er aber einen guten Eindruck gemacht habe, und sich an bisherige Ersatzmassnahmen gehalten habe, verzichtete das Gericht darauf.

Der 30-jährige Chauffeur durfte sich nach seiner gescheiterten Flucht aus der Schweiz und einer rund dreimonatigen Untersuchungshaft zuerst nur in Zürich bewegen. Anschliessend konnte er sich zwar in der ganzen Schweiz bewegen, das Land verlassen darf er aber bis auf Weiteres nicht.

Der Vorfall, für den sich der Beschuldigte verantworten musste, ereignete sich im Dezember 2019 nach einer Firmen-Weihnachtsfeier.

Streit um Massaker von Srebrenica

Der Beschuldigte, ein in der Schweiz geborener 30-jähriger Mann mit familiären Wurzeln in Serbien, und das spätere Opfer, das aus Bosnien stammt, gerieten nach der Feier im Parkhaus aneinander.

Auslöser war das Massaker von Srebrenica während des Bosnienkriegs. Rund 8000 Menschen haben serbische Truppen in der bosnischen Stadt im Juli 1995 ermordet. Das Massaker gilt als schwerstes Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des zweiten Weltkriegs.

Gemäss der Schilderung der Anwältin des Privatklägers stritten sich die beiden Arbeitskollegen an jenem Abend nach Mitternacht im Parkhaus darüber, wer an Srebrenica schuld sei. Der Beschuldigte habe bestritten, dass das Massaker von serbischen Truppen verübt worden sei.

Der Streit schaukelte sich hoch, bis es erste Schläge setzte. Die Situation eskalierte vollends, als das spätere Opfer einen Wagenheber aus dem Auto holte, und dem Beschuldigten – gemäss dessen Schilderung – drohte, ihn umzubringen.

Der Beschuldigte wollte davonfahren

Danach setzte sich der Beschuldigte in sein Auto und wollte davonfahren. Doch sein Kontrahent sei ihm, mit dem Wagenheber in der Hand, im Weg gestanden. Im Schritttempo habe er versucht, diesen «mit dem Auto zu verscheuchen».

Irgendwann stürzte der Mann und geriet unter das Auto. «Ich dachte er wäre unter der Stossstange eingeklemmt, und habe das Auto deshalb rasch zurückgesetzt, damit er dort nicht eingeklemmt bleibt», sagte der Beschuldigte. Nach Aussagen des Opfers und gemäss verschiedener Untersuchungen wurde der Mann wohl zwei Mal vom linken Vorderrad des Autos überrollt.

Er erlitt dabei keine lebensgefährlichen Verletzungen, leidet gemäss den Schilderungen seiner Anwältin aber bis heute unter den psychischen und physischen Folgen des Angriffs. So komme es beispielsweise vor, dass er regelrecht erstarre, wenn er auf einem Fussgängerstreifen eine Strasse überqueren soll, und sich ihm dabei Autos nähern.

Das Urteil des Obergericht Zürich ist noch nicht rechtskräftig. Es kann noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Keystone-SDA / Goldküste24