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Kultur
06.04.2023

Kein Geheimnis um eigene Behinderung

Die Künstlerin selbst als Kunstwerk: Am 14. Oktober 2015 verlor Cynthia Fleischmann auf dem Highway in Miami ihr rechtes Bein. Das hat ihrer Begeisterung für das Leben keinen Abbruch getan. Bild: zvg.
Cynthia Fleischmann ist Lichtkünstlerin, Malerin und Fotografin. Über ihre Kunstprojekte will sie auf globale Probleme verweisen. Künstlerisches Thema ist auch ihr verlorenes Bein.

Symbole können Menschen vereinen. Seien es Nationalflaggen oder Logos, sie signalisieren Zugehörigkeit. Genau dieses Konzept möchte sich die Küsnachter Künstlerin Cynthia Fleischmann zunutze machen: «Uns fehlt ein Symbol, das uns Menschen vereint. Das Peace-Zeichen aus den Sechzigern ist leider aus der Zeit gefallen. Das möchte ich ändern.» 

Kein Aufleben des alten Friedenssymbols, sondern ein neues Zeichen sollte also her. So entstand das «Harmony Strand», eine Lichtshow mit 40 Drohnen, die eine kurvige Linie darstellt. «Harmony Strand symbolisiert Harmonie und Nachhaltigkeit. Etwas, mit dem sich hoffentlich jede Person identifizieren kann», sagt Fleischmann. Das Symbol soll Menschen dazu bewegen, positive und nachhaltige Entscheidungen zu treffen. 

Drohnen als Feuerwerk-Alternative 

Zu Fleischmanns grössten Inspirationsquellen gehört die Natur. Die kurvige Form, welche die Drohnen einnehmen, ist dort mehrfach zu beobachten. Etwa bei Luftaufnahmen von Flüssen, Bewegungen von Tieren wie Schlangen oder Fischen oder als eine Hälfte eines menschlichen DNA-Stranges. 

Nicht nur mit dem Bezug zur Natur, sondern auch in der praktischen Umsetzung möchte Fleischmann ein Zeichen setzen. Deswegen sieht sie Drohnenshows als ideale Alternative zu Feuerwerken. «Lange haben wir Feuerwerke als ­Tradition nicht hinterfragt. Heute wissen wir, wie gross die Umweltbelastung ist. Dank neuer technischer Mittel gibt es bessere Lösungen», ist Fleischmann überzeugt. 

Drohnenshows waren für Fleischmann bis vor wenigen Jahren noch Neuland. Die Inspiration, einzelne Lichtquellen miteinander zu verketten, bekam sie durch den Künstler Robert Bose, der in seiner «Balloon Chain» mehrere Luftballons miteinander verbindet und in die Luft steigen lässt. Eine ähnliche Umsetzung mit Drohnen erwies sich zunächst als schwierig. «Ich hatte keine Erfahrung im Umgang mit Drohnen und entsprechender Software, die meine Vision umsetzen können», so Fleischmann. Zahlreiche Drohnenfirmen wiesen ihre Anfragen ab, bis sie auf einen Kontakt stiess, der ihr eine für das «Harmony Strand» speziell angefertigte Software zur Verfügung stellen konnte. Nun kann sie heute dank ­jener Software mit Drohnenshow-Unternehmen aus der ganzen Welt zusammenarbeiten und ihre Vision realisieren. Erstmals am Himmel zu sehen waren ihre Drohnen im vergangenen Jahr auf der Zolliker Allmend und am Burning Man Festival in Nevada. 

Kunst liegt in der Familie

Ursprünglich in Küsnacht aufgewachsen, wanderte Fleischmann im Alter von zehn Jahren mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in die USA aus und schloss dort später als junge Erwachsene ihr Kunststudium ab. Die Kunst wurde ihr quasi in die Wiege gelegt, sagt Fleischmann: «Ich bin in einer kreativen Familie gross geworden. Meine Grossmutter war schon Malerin und auch meine beiden Eltern leben von der Kunst.»

In die Schweiz kehrte die heute 33-Jährige wegen ihres Vaters zurück, der das alte Familienhaus verkaufen wollte. Heute arbeitet die Künstlerin in ihrem eigenen Atelier im Zürcher Kreis 7 und empfängt Kundinnen und Kunden aus aller Welt. Neben Workshops und Ausstellungen bedient sie auch Klienten mit besonderen Wünschen, etwa sich bemalen zu lassen. Dies führt zurück zu einem weiteren Kunstprojekts Fleischmanns, der «Bodypaintography». 

Körperbemalung und Fotografie

Die Natur als Hauptinspirationsquelle verhalf Fleischmann zu ihrem ersten grossen Vorhaben als Künstlerin: Bodypainting, vereint mit Fotografie. Sie bezeichnet es auch als «Bodypaintography». Dabei bemalt sie Menschen direkt auf ihre nackten Körper und lässt sie mit dem Hintergrund verschmelzen. «Tiere sind Meister der Anpassung. Sie haben mich zum Bodypainting inspiriert, aber ich wollte es von Anfang an mit der Fotografie verbinden», sagt Fleischmann. Gleichzeitig nimmt sie die Perspektive eines Fotografen ein und achtet auf die Gesamtkomposition: «Durch das Festhalten mit der Kamera entsteht eine faszinierende Bildwelt.» So behält sie die Gesamtkomposition stehts im Hinterkopf, als würde sie ständig durch den optischen Sucher eine Fotokamera durchschauen.

Ein immer wiederkehrendes Symbol in ihren «Bodypaintography»-Bildern ist der rote Handabdruck: «Blutige Handabdrücke werden oft mit Gewalt in Verbindung gebracht. Für mich ist es aber auch ein Symbol der Menschlichkeit. Bereits in der Steinzeit hinterliessen unsere Vorfahren ihre Handabdrücke», erklärt Fleischmann. 

Ein immer wiederkehrendes Symbol ist für Cynthia Fleischmann der rote Handabruck. Bild: zvg..

Einfluss ist eingeschränkt

Mithilfe von Symbolismus möchte Fleischmann Zeichen setzen, um Menschen zu vereinen. Des eingeschränkten Einflusses, den sie als Künstlerin hat, ist sich die Küsnachterin allerdings bewusst: «Symbole funktionieren nur, wenn sie ­anerkannt und wahrgenommen werden. Kunst ist für mich in erster Linie, wie ich die Welt um mich herum verarbeite. Ich hoffe, mit meinen Werken einen posi­tiven Einfluss zu haben», sagt

  • Gewagt? Cynthia Fleischmann bemalt Menschen direkt auf ihre nackte Haut und lässt sie mit dem Hintergrund verschmelzen. Bild: zvg.
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  • Rote, Blut symbolisierende Hände, gehören zu den Stilmitteln der Künstlerin. Bild: zvg.
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  • Cynthia Fleischmann hat ihre Galerie in Zürich. Bild: zvg.
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«Art with Me»: Am Montag, 10. April, von 18.30 bis 20.30 Uhr, lädt Cynthia Fleischmann in ihre Galerie an die Minervastrasse 33 in Zürich (nähe Kreuzplatz) ein. Anmeldung: info@cynthiafleischmann.com

 

Dennis Baumann / Goldküste24