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27.10.2025
28.10.2025 07:04 Uhr

Elektrogefährt statt Rösslitram

Das Rösslitram im Kinderzoo ist Geschichte. Es wird 2026 durch ein Elektrofahrzeug ersetzt. Die Pferde treten in den Ruhestand. Bild: Knies Kinderzoo Rapperswil
Endstation nach über 60 Jahren: Das Rösslitram im Knies Kinderzoo wird durch ein Elektrogefährt ersetzt – ein Abschied mit Tränen. Von Thomas Renggli

Sie hiessen Gulliver, Cristal oder Jara. Und Chester. Er war sozusagen die Rapperswiler Antwort auf George Clooney – auf vier Beinen. Chester brachte es im Hollywoodfilm «101 Dalmatiner» zu globalem Ruhm.

Zuverlässigstes Verkehrsmittel

Die Rede ist von den Tramrössern im Kinderzoo, die seit über 60 Jahren ihren Dienst verrichteten und Kinderherzen höherschlagen liessen. Das Schienennetz ermöglicht zwar keine Hochgeschwindigkeitsfahrten, aber das ist auch gar nicht nötig.

Das Rösslitram an den Gestaden des Obersees war wohl das zuverlässigste Verkehrsmittel der Schweiz: Seit seiner Lancierung 1962 kam es immer pünktlich ins Ziel – und unfallfrei. Einziger protokollierter Schadenfall war ein materialbedingter Achsbruch.

Schluss auch mit Elefantenreiten

Doch damit ist nun Schluss. In einer Medienmitteilung vom Montag schreibt der Kinderzoo: «Das Elefantenreiten und das beliebte Rösslitram gehören seit dem Wochenende der Geschichte an. Beide Angebote prägten über Generationen hinweg unzählige Kindheitserinnerungen – nun macht Knies Kinderzoo mit einer modernen Weiterentwicklung den nächsten Schritt in einer Erfolgsgeschichte.»

Mit dem Elefantenreiten wird eine weitere Attraktion gestrichen. Bild: PD

Barrierefrei und innovativ

Was dies bedeutet, ist einige Zeilen weiter unten in der Medienmitteilung zu lesen: Das Rösslitram wird durch «ein barrierefreies Elektrofahrzeug» ersetzt. Dem sentimentalen Zoobesucher stockt der Atem – und er fragt sich: Ein Elektrogefährt ersetzt das Rösslitram? Hightech statt Authentizität? Steckdose statt Heu und Hafer? Innovation statt Phantasie?

Kinderlachen von YouTube?

Es ist so – und lässt sich nicht umkehren. Der Zeitgeist macht Zoo- und Zirkusunternehmen noch mehr zu schaffen als anderen Betrieben – und die politische Korrektheit geht so weit, bis Kinderherzen brechen. Der Zoo schreibt: «Mit diesen Veränderungen setzt der Kinderzoo seinen Weg konsequent fort. Tradition bleibt spürbar, die Zukunft gehört der modernen Entwicklung.»

Hoch lebe das Rösslitram!

Der Zoo-Nostalgiker schluckt leer – und wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Eine Träne fürs Rösslitram. Und er hofft innig, dass künftig das Kinderlachen nicht via YouTube und kabellose Kopfhörer eingespielt wird.

In diesem Sinn: Das Rösslitram ist tot. Hoch lebe das Rösslitram!

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