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Kanton
08.08.2025
08.08.2025 16:36 Uhr

Zollhammer: Kanton unzufrieden

Der Zürcher Regierungsrat erwartet vom Bund, dass er weiter mit den USA verhandelt, um eine deutliche Senkung der Zölle zu erreichen. Bild: www.zh.ch
Die USA haben heute Zölle auf Schweizer Exporte von 39 % in Kraft gesetzt. Der Zürcher Regierungsrat bedauert diesen Schritt und erwartet vom Bund, dass er weiterverhandelt, um doch noch eine deutliche Senkung der Zölle zu erreichen.

Die USA haben per 7. August 2025 die Zölle auf Schweizer Exporte von 39 Prozent in Kraft gesetzt. Der Zürcher Regierungsrat hat heute dazu Stellung genommen. Die Medienmitteilung titelt mit «Regierungsrat stärkt dem Bund den Rücken für weitere Zoll-Verhandlungen mit den USA», doch die Ansage ist klar: Der Zürcher Regierungsrat erwartet vom Bund, dass er «weiterhin mit viel Engagement» weiterverhandelt, um doch noch eine deutliche Senkung der Zölle zu erreichen.

2 Mrd. Franken alleine im Kanton Zürich

Der Kanton Zürich sei auf eine offene Wirtschaft angewiesen und profitiere stark davon. Direkt vom 39 %-Zollsatz betroffen seien Exporte aus dem Kanton Zürich von jährlich rund 2 Mrd. Franken in die USA.

Die Zürcher Wirtschaft sei dank ihres Branchen-Mixes zwar weniger exponiert gegenüber den Handelsrestriktionen aus den USA als andere Kantone oder die Gesamtschweiz. Denn Dienstleistungen sind von den Zollsätzen nicht betroffen. Damit seien 84 % der Arbeitsplätze im Kanton Zürich von direkten Auswirkungen verschont. Hingegen treffen die Zölle die Zürcher Industrie stark.

Zahlen

  • 13 % des Zürcher Bruttoinlandprodukts (BIP) wird im Produktionssektor erwirtschaftet (in der Schweiz sind es 25 %)
  • 87 % des Zürcher BIP wird im Dienstleistungssektor erwirtschaftet (in der Schweiz: 74 %)
  • Gemessen am Zürcher BIP machen die Güterexporte 10 % aus (die Dienstleistungsexporte 24 %). In der Schweiz sind es 34 % (Güterexporte) und 19 % (Dienstleistungsexporte)
  • 12,5 % der Zürcher Exporte fliessen in die USA. Der wichtigste Handelspartner ist die EU mit über 50 % Exportanteil

Insbesondere die Uhren-, Präzisionsinstrumente-, Metall- und Maschinenindustrie werden unter der aktuellen US-Handelspolitik leiden. Diese Industriezweige stellen 42’100 Arbeitsplätze zur Verfügung und machen 5 % der Wirtschaft im Kanton und 55 % der Zürcher Industrie aus.

Quelle: Zürcher Regierungsrat

Existenzbedrohend

«Für manche Zürcher Exportunternehmen sind die Zölle existenzbedrohend, vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen. Grössere Unternehmen können sie besser abfedern oder umgehen – etwa mit anderen Standorten ausserhalb der Schweiz», sagt Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh. «In der zunehmend unsicheren geopolitischen und wirtschaftlichen Weltlage sind Marktposition, Diversifikation und Standortstrategie entscheidend.»

Die hohen Zölle seien auch für die US-amerikanischen Konsumentinnen und Konsumenten nachteilig. Für sie werden Schweizer Produkte deutlich teurer. «Gleiches gilt für Teile der US-Wirtschaft, die hochwertige Schweizer Produkte verwenden, welche nun teurer werden.»

Verlust zwischen 0,5 und 1,2 Mia. Franken

Auf Basis von Berechnungen der Konjunkturstelle KOF der ETH Zürich hat das Amt für Wirtschaft mögliche Auswirkungen der 39 %-Zölle auf die Zürcher Wirtschaft geschätzt. Unter der Annahme, dass die Zölle den Kanton Zürich ähnlich stark treffen wie die Gesamtschweiz, würde das BIP-Wachstum um 0,3 % bis 0,7 % tiefer ausfallen. Das entspreche einer BIP-Differenz von rund 500 Mio. Franken bis 1200 Mio. Franken pro Jahr oder rund 300 bis 700 Franken pro Kopf.

Da die Zürcher Wirtschaft aufgrund ihres Branchen-Mixes gegenüber den US-Zöllen weniger exponiert sei als die Gesamtschweiz, dürften die Auswirkungen jedoch in der Tendenz tiefer ausfallen. «Andererseits dürfte sich die zunehmende Unsicherheit generell dämpfend auf die Investitions- und Konsumentenstimmung auswirken – und damit auch auf die Gesamtwirtschaft», sagt Volkswirtschaftsdirektorin Walker Späh.

Arbeitsgruppe aktiv

Unmittelbar nachdem US-Präsident Donald Trump Anfang April neue US-Zölle für Importe aus dem Ausland angekündigte, habe die Zürcher Volkswirtschaftsdirektion eine Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern der Volkswirtschafts- und der Finanzdirektion eingesetzt. Diese stehe seither in engem Austausch mit betroffenen Zürcher Unternehmen und Verbänden und analysiere laufend die möglichen Auswirkungen auf den Kanton, heisst es in der Mitteilung weiter.

Kurzarbeit als bewährtes Instrument

Mit der Kurzarbeitsentschädigung (KAE) stehe in der Schweiz ein bewährtes Instrument zur Verhinderung von Kündigungen aufgrund von vorübergehenden und unvermeidbaren Arbeitsausfällen zur Verfügung. Der Kanton Zürich verzeichne noch keinen grösseren Anstieg an Voranmeldungen auf Kurzarbeit. Seit Anfang Jahr bis Ende Juli genehmigte das Amt für Arbeit insgesamt 222 Voranmeldungen auf Kurzarbeit. Bei rund 60% betreffe dies Unternehmen aus der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie.

Die Anzahl Voranmeldungen für Kurzarbeitsentschädigung, welche seit April 2025 die Unsicherheit aufgrund der US-Handelszölle als Mitursache nennen, liege zurzeit bei einem mittleren zweistelligen Bereich.

Bei Voranmeldung auf Kurzarbeit gestützt auf US-Zölle werde im Einzelfall geprüft, ob ein solcher Zusammenhang gegeben ist. Das Amt für Arbeit habe zudem die nötigen Vorkehrungen getroffen, damit eine möglicherweise nun steigende Zahl von Kurzarbeitsgesuchen bewältigt werden könne.

Gute Rahmenbedingungen wichtig

Neben der Kurzarbeitsentschädigung sei es besonders wichtig, dass Zürcher Unternehmen gute Rahmenbedingungen vorfinden und die administrative Belastung möglichst tief gehalten werde. Der Zürcher Regierungsrat werde sich daher weiterhin für einen attraktiven Wirtschaftsstandort und mögliche Entlastungsmassnahmen einsetzen.

Zürioberland24/bt