Lidl plant in Männedorf an der Seestrasse ein ambitioniertes Bauprojekt. Entstehen soll eine sogenannte «Zukunftsfiliale» – ergänzt um eine Porsche-Garage. Vorgesehen ist ein rund 80 Meter langer Neubau mit Solarpanels in Bronzeoptik. Das Unternehmen hatte die Kosten einst mit rund 13,5 Millionen Franken beziffert.
Ursprünglich war die Fertigstellung bereits für das Jahr 2023 vorgesehen. Stattdessen begleitet das Projekt nun seit Jahren juristischer Streit. Diese Woche sorgte ein Urteil des Baurekursgerichts für einen weiteren Dämpfer. Wie der Tagesanzeiger berichtet, könnte die Entscheidung das Vorhaben erheblich verzögern oder sogar grundlegend verändern.
Historisches Gebäude
Im Mittelpunkt steht ein Gebäude aus dem Jahr 1891, das heute als Autogarage genutzt wird. Es müsste für das neue Bauvorhaben weichen. Im Jahr 2023 hatten Anwohner beim Baurekursgericht erwirkt, dass die Schutzwürdigkeit des Hauses geprüft werden muss. Die Gemeinde Männedorf beauftragte daraufhin ein entsprechendes Gutachten.
Das Resultat: Das Gebäude sei grundsätzlich erhaltenswert. Trotzdem stellte die Gemeinde nicht die Villa, sondern lediglich eine angrenzende Scheune unter Schutz. Fünf Anwohner sowie der Zürcher Heimatschutz wehrten sich dagegen und verlangten die Unterschutzstellung des Hauses an der Seestrasse 47.
Bewertung des Gutachtens
Wie aus dem Urteil hervorgeht, begründet die Gemeinde ihre Entscheidung mit baulichen Veränderungen am Gebäude. Das Gutachten gehe laut Gemeinde fälschlich davon aus, dass die Villa weitgehend im Originalzustand erhalten sei. Der Anbau der Garage habe das Erscheinungsbild stark beeinträchtigt.
Für die Behörden überwiegt daher das öffentliche Interesse an effizienter Bodennutzung. Die Auflagen eines Denkmalschutzes würden aus ihrer Sicht die bauliche Nutzung unverhältnismässig einschränken. Eine Unterschutzstellung würde bedeuten, dass der Neubau in grösserem Abstand zur bestehenden Villa geplant werden müsste – was als erheblicher Nachteil gewertet wird.
Ortsbildprägende Wirkung
Das Gericht hingegen stellt fest, dass das Innere des Hauses keinen besonderen Schutzbedarf aufweist. Im Obergeschoss sei der Zustand altersentsprechend gut, im Erdgeschoss gebe es jedoch Schäden wie abgefallene Gipsplatten und Schimmelstellen. Diese Mängel seien aus denkmalpflegerischer Sicht nicht ausschlaggebend.
Stärker ins Gewicht fällt für das Gericht das äussere Erscheinungsbild. Das Gebäude sei ein bedeutender Bestandteil des historischen Ortsbilds. In der Umgebung befinden sich weitere Häuser aus derselben Epoche. Der Verlust der Villa würde laut Gericht den Charakter der Strasse deutlich verändern.
Schutz ja – aber nicht vollständig
Trotzdem verlangt das Gericht keine komplette Unterschutzstellung. Es sollen nur bestimmte Teile erhalten bleiben: die Südwest- und Ostfassade sowie das südseitige Dach. Die Gemeinde muss nun konkret festlegen, wie dieser Schutz umgesetzt wird.
Das Argument, der Denkmalschutz verhindere eine verdichtete Bebauung, weist das Gericht zurück. Auch mit dem geschützten Gebäude sei eine sinnvolle Nutzung der Parzelle weiterhin möglich. Eine vollständige Blockade des Bauprojekts sei damit nicht verbunden.
Projekt auf wackeligen Beinen
Lidl hält am Standort fest, äussert sich aber nicht weiter zum laufenden Verfahren. Die Gemeinde prüft derzeit, ob sie das Urteil an das Verwaltungsgericht weiterziehen wird. Ob und wann das Bauvorhaben realisiert werden kann, bleibt damit ungewiss.