Im Mai ist die Inflation in der Schweiz ins Negative gefallen. Laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) betrug die Teuerung im Vergleich zum Vorjahresmonat -0.1 Prozent. Damit spricht man offiziell von Deflation – einem Rückgang des allgemeinen Preisniveaus von Gütern und Dienstleistungen.
Die Entwicklung kommt nicht überraschend. Schon seit Monaten ist die Inflation rückläufig und lag seit September 2023 konstant unter 1 Prozent. Fachleute hatten mit dieser Entwicklung gerechnet. Auch in der Vergangenheit kam es in der Schweiz wiederholt zu Phasen der Deflation, zuletzt während der Pandemie von Februar 2020 bis März 2021.
Kaufkraft steigt
Für Konsumenten klingt das zunächst positiv. Sinkende Preise bedeuten eine höhere Kaufkraft. Die Menschen können sich mehr leisten, ohne mehr zu bezahlen. Doch volkswirtschaftlich birgt Deflation Risiken. Wenn Konsumenten erwarten, dass Preise weiter sinken, schieben sie Käufe auf.
Diese Zurückhaltung kann die Nachfrage bremsen. Unternehmen verkaufen weniger, was zu weniger Produktion, rückläufiger Beschäftigung und tieferen Löhnen führen kann. So kann aus einer Deflation eine Rezession entstehen – mit negativen Folgen für die gesamte Wirtschaft.
Nicht alle Preise sinken
Trotz der negativen Jahresinflation ist der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) im Mai gegenüber dem Vormonat leicht gestiegen – um 0.1 Prozent auf 107.6 Punkte. Gründe dafür sind unter anderem höhere Wohnungsmieten sowie Preissteigerungen bei Fruchtgemüse und Steinobst.
Dagegen wurden Flugreisen und Heizöl günstiger. Insgesamt bleibt das Preisumfeld uneinheitlich, was die Einschätzung der wirtschaftlichen Gesamtlage erschwert.
Keine akute Deflationsgefahr
Trotz negativer Teuerung sehen Experten derzeit keinen Grund zur Sorge. Der Rückgang betrifft vor allem importierte Güter. Die inländische Inflation, also die Preisentwicklung im Binnenmarkt, bleibt weiterhin positiv.
Solange das so bleibt, ist keine breit abgestützte Deflation zu erwarten. Zu diesem Schluss kommen sowohl BAK-Economics als auch die ETH-Konjunkturforschungsstelle (KOF).
Mieten und Ersparnisse
Ein wichtiger Faktor für viele Haushalte sind die Mieten. In der Schweiz sind sie an den Referenzzinssatz gekoppelt, der sich nur langsam verändert. Eine Senkung des Leitzinses wirkt sich daher verzögert auf die Mietkosten aus. Zwar sinken Hypothekarzinsen, doch Mietanpassungen lassen auf sich warten.
Auch für Sparer hat die aktuelle Entwicklung Folgen. Tiefe oder gar negative Leitzinsen führen zu minimalen Erträgen auf Bankguthaben. Das ist politisch gewollt – Investitionen und Konsum sollen dadurch gefördert werden, um die Wirtschaft in Schwung zu halten.