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29.05.2025
29.05.2025 07:05 Uhr

Die Pforten des Lebens

Nicht ganz jugendfrei: das ehemalige Kino Roland an der Langstrasse. Bild: zVg
Verrucht, verwunschen, frivol und fröhlich. Ein Buch schaut hinter die Türen des Zürcher Kreis 4. Ein literarischer Rundgang, der wundervolle Einblicke eröffnet.

Zürich Aussersihl – oder wie man das Quartier auch nennt: der «Chreis Cheib» - ist ein mystischer Ort – und ein vielschichtiger und abenteuerlicher: Lebensraum, Vergnügungsmeile, Rotlichtbezirk, Familienoase, Fussballplatz und Durchgangsachse. Die Leute leben hier – und sie kommen und gehen.

Zwischen schrill und verlottert

Massimiliano Madonna und Konrad Tobler haben eine der auffälligsten und vielsagendsten Seiten des Quartiers genauer unter die Lupe genommen – eine Seite, die so präsent ist, dass man sie gerne übersieht: die Türen, Tore, Portale und Pforten des Quartiers. Sie sind manchmal auffällig, manchmal schrill, manchmal unscheinbar oder auch verlottert. 

Jede Tür erfasst

Die beiden Herausgeber sind das Projekt mit fast schon buchhalterischer Präzision angegangen. Madonna sagt: «Wir sind das ganze Quartier zu Fuss abgegangen und haben praktisch jede einzelne Türe gesichtet. Dann mussten wir uns entscheiden, welche Portale es ins Buch schaffen». Dabei haben ein gewisser Wiedererkennungseffekt und ein Alleinstellungsmerkmal eine Rolle gespielt.» 

  • Die legendäre Olé Olé-Bar an der Langstrasse. Wer durch diese Türe geht, kommt oft nicht so schnell wieder hinaus. Bild: zVg
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  • Roter Hotspot: Das Café Boy an der Kochstrasse. Bild: zVg
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  • Erleichterung: Das Toilettenhaus am Zweierplatz. Bild: zVg
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  • Zeitlos: Stauffacherstrasse 26. Bild: zVg
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Arbeit von zwei Jahren

Rund zwei Jahre dauerten die Recherche und Umsetzungsarbeiten, die mit diversen Autoren und Fotografen bewältigt wurden.
Beim Blättern in diesem faszinierenden Dokument der Zeitgeschichte stellt sich heraus: Türen und Portale sind immer der Eingang zu einer neuen Welt.

Eingänge geben Einblicke

Oder wie es die Herausgeber in Worte fassen: «Eingänge geben Einblicke, verschaffen überraschende Zugänge zur Geschichte eines berüchtigten Teils der Stadt Zürich. Alltag und Arbeitsbedingungen, politische Kämpfe und religiöse Bekenntnisse, Immigration und Emigration, Ausschluss und Integration, Gentrifizierung und Sexarbeit – all das lässt sich an Ein- und Zugängen erfahren».

  • Polizeistunde: Der Club Zukunft ist Vergangenheit. Bild: zVg
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  • Hier wird die Nacht zum Tag: Lambada Bar an der Dienerstrasse 43. Bild: zVg
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  • Notdurft: Ankerstrasse 61. Bild: zVg
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  • Hair und Tattoo: Badenerstrasse 138. Bild: zVg
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Sechs Rundgänge

Sechs thematische Rundgänge führen mitten in dieses Quartierleben. Sie zeigen, ausgehend von Eingängen, anschaulich gesellschaftliche und städtebauliche Veränderungen. Mit zahlreichen Fotografien, künstlerischen Interventionen und Collagen schärft das Buch als Führer entlang dieser Rundgänge den Blick für das Gewöhnliche und zugleich Ausserordentliche in Aussersihl. 

Neue Perspektiven

So werden neue Perspektiven und bemerkenswerte Details gekonnt hervorgehoben. Ein weiterführender Essay skizziert die existenzielle Brisanz, die Ein-, Aus- und Zugänge über Zürich und sein vielfältigstes Quartier hinaus haben.
Oder kurz gesagt: eine grossartige Idee, ein faszinierendes Buch, ein Rundgang durch das vielleicht spannendste Stadtquartier der ganzen Schweiz.

  • Bethaus an der Anwandstrasse 59. Bild: zVg
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  • Art Dock: Hohlstrasse 258. Bild: zVg
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  • Edel gerahmt: Stauffacherstrasse 224. Bild: zVg
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  • Fernweh: Badenerstrasse 133. Bild: zVg
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Türen, Tore, Pforten, Portale
Ein Gang durch Zürich-Aussersihl – Bilder, Fakten, Erzählungen

Herausgegeben von Massimiliano Madonna und Konrad Tobler

Gebunden, 326 Seiten, 246 farbige und 56 s/w-Abbildungen, 17 x 23 cm
ISBN 978-3-03942-260-9

CHF 39.00 | EUR 38.00

Thomas Renggli