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Sport
14.05.2025
15.05.2025 07:51 Uhr

Hoher Besuch auf der Rennbahn

Auf dem Weg an die Tour de France: Silvan Dillier. Bild: tre
Zur Saisoneröffnung auf der Offenen Rennbahn in Oerlikon taucht einer der formstärksten Schweizer Pedaleure auf: Silvan Dillier. Der 34-jährige Aargauer schwärmt vom Zement-Oval.

Der Aargauer hat mit seiner heldenhaften Solo-Führungsarbeit über 200 Kilometer bei Mailand–Sanremo in diesem Frühling eine der herausragenden Leistungen des Radsport-Frühjahrs geboten. 

Dass die Knochenarbeit des Routiniers mit dem Sieg seines Alpecin-Teamkollegen Mathieu van der Poel gekrönt wurde, machte die Performance des 34-Jährigen noch wertvoller. 

Der Edelhelfer des Superstars

Dillier leistete auch bei der Flandern-Rundfahrt und Paris–Roubaix wertvolle Helferdienste für MVP, der die Plätze 3 (Flandern) und 1 (Roubaix) folgen liess. Schmerzhaft endete allerdings sein Auftritt bei Paris - Roubaix, der «Hölle des Nordens», als er von einem unvorsichtigen Mechaniker eines anderen Teams abgeräumt wurde und fürchterlich stürzte. Glücklicherweise kam Silvan Dillier dort mit dem Schrecken davon.Vorbereitung in der Abendsonne

Am Dienstagabend in Oerlikon zeigte sich Dillier auf der Offenen Rennbahn erholt von diesen Strapazen und bestens gelaunt. In der Abendsonne bereitete er sich auf der «Rolle» auf den ersten Einsatz vor und ging zwischen den zahlreichen Rennfahren, Schrittmachern und Betreuern fast ein wenig unter.

Spontaner Entscheid

Sein Entscheid, beim ersten Meeting anzutreten, sei relativ spontan gefallen, sagte er: «Ich habe vor einigen Wochen gesehen, dass es heute losgeht – und realisierte, dass die ersten beiden Rennabende in mein Programm passen könnten. Und bei diesem schönen Wetter liesse ich mir die Chance nicht entgehen».

  • Bei rund 90 Stundenkilometern drehen die Steher ihre Runden. Bild: tre
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  • Im Innentraum des Zementovals bereiten sich die Fahrer auf den Einsatz vor. Bild: tre
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  • Fachleute unter sich: Eishockeylegende Matthias Seger (r.) ist Stammgast auf der Rennbahn. Wisel Iten, der Chef der Anlage freut sich über den prominenten Gast. Bild: tre
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Bald ins Höhentrainingslager

Derzeit trainiere er zuhause in Schneisingen und habe zeitliche und räumliche Freiheiten. Schon bald ändere sich dies aber, wenn er mit seinem Team «Alpecin-Fenix» ins Höhentrainingslager auf die Tour de France hin einrücke.

Auf die Frage, wie ernst er diese Bahnrennen nehme, sagt er: «Es ist für mich immer wieder eine grosse Herausforderung. Der Rhythmus ist ganz anders, die Gänge am Rad sind ganz anders - höher».

Die Kadenz sei hoch – und damit bieten die Rennen eine gute Mischung aus hoher Frequenz und kurzfristiger Härte: «Es ist eine Belastung, die man auf der Strasse nicht simulieren kann». Er sei als Jugendlicher das erste Mal auf die Offene Rennbahn gekommen – als 14-Jähriger, beim Final des Kilometer-Tests, der von Urs Freuler organisiert worden war.

Der Respekt vor den steilen Kurven

Beim Blick auf die schier senkrechten Kurven habe er seiner Mutter gesagt: «Mami, hier fahre ich nie ganz oben».

Dies sollte nicht lange so bleiben: «Nach einer Woche kurvte ich schon beherzt ganz oben». Seither ist der Bahnsport eine Leidenschaft für ihn: «Ich gehörte dem Bahnvierer an – und absolvierte diverse Weltcups.»

Ob die Tour-de-France-Teilnahme bereits in Stein gemeisselt sei, könne er noch nicht sagen: «Sie ist zumindest in Stein skizziert», so Dillier lachend. Er sei das Rennen schon sechsmal gefahren – es sei der grösste und wichtigste Anlass, den es gebe.

Auf seine weiteren Ambitionen auf der Bahn angesprochen, dämpft er die Erwartungen: «Mittlerweile sind die Fahrer auf der Bahn so spezialisiert, dass man als Gelegenheitsgast einen schweren Stand hat». Der Wechsel von Strasse auf Bahn sie auf ganz hohem Niveau fast nicht mehr zu vollziehen.

Kein Sieg für den Star

Dies realisierte Dillier auch an diesem Startabend in Oerlikon. Er fuhr zwar in allen Rennen mutig und engagiert vorne mit. Doch zu einem Sieg reichte es ihm nicht. Er nahm es gelassen: «Es hätte besser laufen können. Aber jetzt weiss ich immerhin: Es gibt hier noch Luft nach oben.»

Auch den kommenden Dienstag hat er sich Rot in der Agenda eingetragen. Ob er dann aber auch wirklich am Start stehe, könne er noch nicht zu 100 Prozent sagen: «Im Leben eines Radprofis kann sich innerhalb von einer Woche viel ändern.»
So oder so. Das Publikum würde sich freuen. Beim ersten Rennen waren die Tribünen mit 900 Zuschauern gut besetzt.

Offene Rennbahn. Saisoneröffnung. Steher: 1. Jan Freuler (Sz) (Schrittmacher Flavio Küng) 2 Rangpunkte. 2. Claudio Imhof (Sz) (Michael Alborn) 4. 3. Cyrill Steinacher (Sz) (Dino Rey) 7. – Ausscheidungsfahren: 1. Mats Poot (Sz). 2. Silvan Dillier (Sz). 3. Luca Bühlmann (Sz). – Punktefahren: 1. Jonas Müller (Sz) 26. 2. Marcel Wyss (Sz) 26. 3. Mats Poot (Sz) 15. 4. James Hilyer (USA) 14. 5. Silvan Dillier (Sz) 14. – Scratch: 1. Mats Poot. 2. Jona Müller. 3. Leo Bühlmann. 6. Silvan Dillier.

Thomas Renggli