Die Wohnungskrise bekam in Stäfa ein Gesicht, als ein junger Mann vor der Gemeindeversammlung schilderte, wie seine Freunde trotz intensiver Suche keine erschwingliche Wohnung fanden. Sie mussten das Dorf, in dem sie aufgewachsen waren, verlassen.
An drei aufeinanderfolgenden Abenden befasste sich die Gemeindeversammlung mit der Revision der Bau- und Zonenordnung. Zwischen 454 und 584 Stimmberechtigte nahmen teil. Das Thema preisgünstiger Wohnraum war dabei besonders umstritten und emotional aufgeladen.
Zuschläge gegen Wohnungsnot
Die Gemeinde zeigte sich entschlossen, günstigen Wohnraum zu fördern. Der Gemeinderat schlug vor, in bestimmten Gebieten die Baumassenziffer zu erhöhen – sofern mindestens die Hälfte des Zuschlags für preisgünstige Wohnungen genutzt wird.
So könnten Bauherren mehr bauen, wenn sie sich zu sozialverträglichem Wohnraum verpflichten. Hochbauvorsteher Casimir Schmid betonte, man könne nicht nur Konzepte schreiben, sondern müsse konkrete Schritte unternehmen.
Doch der Vorschlag sorgte für Gegenwind. Vertreter der SVP kritisierten den Artikel als zu bürokratisch und kostspielig. Die FDP schlug vor, die Regelung nur auf Parzellen ab 2000 Quadratmetern anzuwenden, um private Hausbesitzer nicht zu überfordern.
Abgelehnte Anträge und neue Regeln
Einen anderen Weg schlug die SP vor: Der Anteil der günstigen Wohnungen solle 75 statt 50 Prozent betragen. Die Versammlung lehnte jedoch sowohl diesen Antrag als auch den Streichungsantrag der SVP ab.
Eine knappe Mehrheit sprach sich für den FDP-Vorschlag mit der Mindestgrösse von 2000 Quadratmetern aus. Die Regelung wurde später präzisiert: Auch bei nachträglicher Aufteilung gilt die Grenze, sofern das Grundstück ursprünglich gross genug war.
Dichte Bebauung bleibt Zankapfel
Neben der Frage nach günstigem Wohnraum sorgte auch die Verdichtung für Diskussionen. Ein Einwohner schilderte, wie sein Sohn meinte, man wolle aus Stäfa eine Stadt machen.
Über 18 Zonen wurde einzeln abgestimmt. In zwei Fällen – Obere Chergerten/Häldelistrasse und Im Grafen – wurde eine Verdichtung abgelehnt. In drei weiteren Gebieten setzte man auf Kompromisse.
Im Gebiet Tödistrasse/Tödihof/Wässerwies fürchtete ein Anwohner steigende Mieten. Der Gemeinderat verwies auf zentrale Lagen und alternative Bauformen wie Aufstockungen. Die Argumente überzeugten – der Antrag wurde angenommen.
Grenzen beim Bauen in die Höhe
Weniger erfolgreich war der Gemeinderat mit dem Vorschlag, höhere Gebäude zuzulassen. In mehreren Zonen wurden die Maximalhöhen nicht erhöht.
So dürfen Gebäude in der Industriezone Laubisrüti weiterhin nicht höher als 15,5 Meter sein. Kritiker wiesen auf möglichen Mehrverkehr und einen optischen Bruch zu angrenzenden Wohnzonen hin.
Naturflächen versus Sportplatz
Auch ökologische Themen sorgten für Kontroversen. Anträge, grüne Vorgärten oder Baumschutzregelungen zu streichen, fanden keine Mehrheit.
Emotional wurde es nochmals bei der Frage nach einem neuen Fussballplatz am Frohberg. Der FC Stäfa verwies auf lange Wartelisten. Gegner hielten das Areal jedoch für wertvolle Fruchtfolgefläche.
Mit 30 Stimmen Vorsprung wurde die Einzonung beschlossen. Über die Kompensation von 900’000 Franken soll die nächste Gemeindeversammlung entscheiden.
Kurz nach Mitternacht endete der dreitägige Sitzungsmarathon. Die angepasste BZO wurde mit wenigen Gegenstimmen angenommen.