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Meilen
15.04.2025
16.04.2025 12:31 Uhr

7 Jahre Haft für Menschenhandel

Ein 58-jähriger Mann aus Moldau muss sich in Meilen einem seltenen Verfahren zur stellvertretenden Strafvollstreckung stellen. Bild: KI
Ein in Moldau verurteilter Menschenhändler lebt am Zürichsee. Die Schweiz soll die Strafe von sieben Jahren vollziehen. Das Bezirksgericht Meilen hat entschieden, dass dies geschehen soll.

Ein Mann aus Moldau, der seit 2016 in der Schweiz arbeitet, steht im Zentrum eines aussergewöhnlichen Verfahrens. Die Republik Moldau fordert, dass die Schweiz eine Freiheitsstrafe wegen Menschenhandels vollstreckt, zu der der 58-Jährige im Heimatland verurteilt wurde.

Neuanfang mit Schatten

Der Mann reiste vor rund neun Jahren erstmals in die Schweiz ein, auf der Suche nach Arbeit. Am rechten Zürichseeufer fand er eine Anstellung und lebt seither dort. Doch seine Vergangenheit holt ihn nun ein. Der oberste Gerichtshof Moldaus verurteilte ihn vor fünf Jahren wegen Menschenhandels zu sieben Jahren Gefängnis. Die Schweiz soll diese Strafe übernehmen.

Das Bundesamt für Justiz beauftragte das Bezirksgericht Meilen, zu prüfen, ob eine stellvertretende Vollstreckung rechtlich möglich sei. Solche Verfahren, sogenannte Exequaturverfahren, sind in der Schweiz eine Seltenheit.

Vorwürfe aus Moldau

Dem Mann wird zur Last gelegt, einer arbeitslosen Mutter aus Moldau eine Stelle als Hausangestellte in Portugal versprochen zu haben. Tatsächlich sei sie dort zur Prostitution gezwungen worden. Das Geld der Freier soll er sich angeeignet haben.

Der Beschuldigte weist alle Vorwürfe zurück. Nachdem er 2016 von dem Verfahren erfahren habe, sei er nach Moldau zurückgekehrt, um sich dem Prozess zu stellen. Er habe an den Gerichtsterminen teilgenommen. Da seine Kinder auf seine Unterstützung angewiesen seien, sei er 2019 zurück in die Schweiz gereist – ein Jahr vor dem Urteil in Chisinau.

Emotionale Szene

Die Verhandlung in Meilen war geprägt von emotionalen Momenten. Der Mann, sichtbar aufgewühlt, beteuerte erneut seine Unschuld. Er habe der betroffenen Frau lediglich helfen wollen und habe nicht gewusst, was sie in Portugal tatsächlich getan habe.

Sein Verteidiger betonte, dass der Mann der Frau nur Geld für das Flugticket geliehen habe. Als sie die Summe nicht zurückzahlen konnte, sei sie zunehmend unter Druck geraten und habe aus Rache falsche Anschuldigungen erhoben.

Schweizer Justiz

Für das Gericht in Meilen ging es nicht darum, den Fall neu aufzurollen. Vielmehr war zu klären, ob das Verfahren in Moldau internationalen Rechtsstandards genügte und ob die Strafe mit der Schweizer Rechtsordnung vereinbar ist.

Das Bundesamt für Justiz verzeichnete im vergangenen Jahr 21 solcher Gesuche. In 12 Fällen ging es um Geldstrafen, in 9 um Freiheitsstrafen. Auch die Schweiz hat im Gegenzug andere Länder um die Vollstreckung von Urteilen ersucht.

Zweifel an Fairness 

Der Verteidiger des Mannes kritisierte insbesondere die mangelhafte Übersetzung des Urteils sowie das Verfahren selbst. Wichtige entlastende Zeugen seien nicht gehört worden, während die Aussagen der Mutter des vermeintlichen Opfers Gewicht erhalten hätten. Zudem sei eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hängig.

Ein früheres Auslieferungsgesuch wurde bereits abgewiesen – wegen der prekären Zustände in moldauischen Gefängnissen. Auch ein Gegenrecht der Republik Moldau, wie es das Gesetz eigentlich verlangt, existiert nicht.

Klarer Entscheid 

Trotz dieser Bedenken erklärte das Bezirksgericht Meilen das Urteil aus Moldau für vollstreckbar. Die Richter erkannten zwar Schwächen in der Übersetzung, doch reichte deren Qualität laut Vorsitzendem aus, um den Inhalt zu verstehen. Die Verfahrensstandards seien im Wesentlichen eingehalten worden.

Die Tatmerkmale entsprächen dem Schweizer Strafrecht, und auch die Höhe der Strafe sei vertretbar. Da es sich beim Menschenhandel um ein international geahndetes Delikt handle, sei kein Gegenrecht erforderlich.

Der Mann nahm das Urteil regungslos zur Kenntnis. Es ist davon auszugehen, dass er Rechtsmittel einlegen wird. Damit wird sich ein weiteres Schweizer Gericht mit dem Fall und seiner Vergangenheit befassen müssen.

Goldkueste24