Bei einem eskalierten Drogendeal in Oetwil am See kam es zu einer blutigen Auseinandersetzung. Vier Männer wurden mit Messern verletzt, ein 17-Jähriger starb. Nun wurde der Fall vor dem Bezirksgericht Meilen verhandelt. Während der zwei Prozesstage standen widersprüchliche Darstellungen im Raum. Die Verteidigung forderte Freispruch, die Staatsanwaltschaft plädierte auf eine lange Haftstrafe.
Hintergrund der Tat
In jener Nacht im Oktober 2022 wollten zwei Schweizer ein halbes Kilogramm Marihuana an einen Serben und einen Portugiesen verkaufen. Die Käufer hatten jedoch nicht vor zu bezahlen, sondern versuchten, das Rauschgift mit einer Schreckschusspistole und einem Messer zu erbeuten.
Als die Pistole gezückt wurde, eskalierte die Situation. Es kam zu einem Kampf, bei dem alle Beteiligten verletzt wurden. Der 17-jährige Portugiese verlor dabei sein Leben. Wer genau welche Verletzungen verursachte, blieb umstritten.
Streit um die Notwehrfrage
Die Staatsanwaltschaft sieht die Schuld eindeutig beim jüngeren der beiden Schweizer, der heute 22 Jahre alt ist. Ihm wird vorgeworfen, dem Portugiesen das Messer entrissen und ihn anschliessend tödlich verletzt zu haben. Daher fordert die Anklage eine zehnjährige Freiheitsstrafe wegen vorsätzlicher Tötung.
Sein Verteidiger hingegen stellte die Ereignisse anders dar. Seiner Meinung nach war sein Mandant in einer Notwehrsituation. «Es gibt hier zwei Täter», argumentierte er und verwies auf die Serben und Portugiesen, die den Drogendeal mit Gewalt an sich reissen wollten. Hätten sie diesen Plan nicht gefasst, wäre es nie zur Tragödie gekommen.
Der Anwalt beantragte daher Freispruch vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung. Lediglich das Drogendelikt solle mit einer bedingten Geldstrafe geahndet werden.
Hat der Angeklagte zu stark reagiert?
Die Staatsanwaltschaft gestand ein, dass es sich grundsätzlich um eine Notwehrsituation handelte, sah jedoch eine Überreaktion. Der 22-Jährige habe nicht nur versucht, sich zu verteidigen, sondern habe auch den Tod seines Gegners billigend in Kauf genommen. Besonders belastend sei, dass er das fliehende Opfer bis zur Wohnungstür verfolgt und ihm dort in den Rücken gestochen haben soll.
Beschuldigter plädiert auf Notwehr
Der zweite Beschuldigte, ein Serbe, musste sich wegen versuchten Raubes verantworten. Ihm drohen vier Jahre Haft und eine Landesverweisung. Doch auch seine Verteidigung argumentierte mit Notwehr. Sein Anwalt stellte dar, dass der Serbe die Waffe nur gezogen habe, weil er und sein Komplize in der Wohnung eingeschlossen wurden. Angeblich hätten die Schweizer sie zur Zahlung gezwungen und bedroht.
Der Verteidiger des Schweizers tat diese Darstellung als «Stoff für die Gebrüder Grimm» ab. Für ihn stand fest, dass es sich um einen Raubversuch handelte. Der Anwalt des Serben forderte dennoch eine mildere Strafe: Zwölf Monate bedingt wegen versuchter Nötigung und keinen Landesverweis, da sein Mandant weder die Sprache spreche noch Kontakte in Serbien habe.
Entschädigungsforderungen
Die Familie des getöteten 17-Jährigen trat als Privatklägerin auf. Ihr Rechtsvertreter beschrieb die tiefen Auswirkungen des Verlusts. «Sein Tod hat die Familie aus der Bahn geworfen.» Die Mutter fühle sich oft allein, der Bruder habe sich zurückgezogen.
Die Familie fordert insgesamt 65'000 Franken Genugtuung vom Schweizer, der wegen Totschlags angeklagt ist. Auch der Serbe verlangt eine Entschädigung von 85'000 Franken für die erlittenen Verletzungen.
Urteilsverkündung steht bevor
Der Prozess wirft viele Fragen auf: Wer ist hier eigentlich Opfer, wer Täter? Oder kann eine Person beides sein? Das Bezirksgericht Meilen wird darüber entscheiden. Die Urteilsverkündung ist für den 19. März angesetzt.