Daniel Jaggi
Die Ankündigung kam unvermittelt, aber dennoch nicht ganz überraschend: Kürzlich teilten Nationalrätin Priska Seiler Graf und Kantonsrat Andreas Daurù mit zurückzutreten. Am Parteitag von Anfang Juni werden die Genossinnen und Genossen somit ein neues Präsidium wählen müssen. Die Co-Präsidenten betonten in ihrer Mitteilung, dass sie ihr Ziel, die Partei wieder zu einen und zu stärken, erreicht hätten. Was die beiden dabei ganz besonders freut: «Seit unserem Amtsantritt sind wir um fast einen Drittel von 5000 auf 6500 Mitglieder angewachsen.»
Die Kehrtwende geschafft haben sie ihren Angaben zufolge auch bei den kantonalen Wahlen letzten Februar und bei den nationalen Wahlen im Oktober, als sie einen sensationellen Wahlsieg feiern konnten. Auch abseits der Wahlen hätten sie die SP zu wichtigen Erfolgen führen können: Von den verhinderten Spital- und Trinkwasser-Privatisierungen über die Einführung des Soziallastenausgleichs bis hin zum wegweisenden neuen Energiegesetz.
Seit Anfang der 80er-Jahre stand niemand so lange der Kantonalpartei als Präsident vor. War es also höchste Zeit zurückzutreten?
Höchste Zeit nicht, aber der Zeitpunkt ist jetzt unbestritten günstig. Im Moment finden keine Wahlkampfplanungen statt, das neue Präsidium hat also Zeit, sich einzuarbeiten.
Hätte es auch noch ein paar Jahre länger sein können?
Es ist genau gut so. Ich denke, es ist auch wichtig, dass man beim Rücktritt das richtige Timing hat.
Ihr seid die Ersten, die die Partei in einem Co-Präsidium geführt habt – und das wie gesagt mit sieben Jahren am längsten. Ist diese Form der Führung die Lösung für die Zukunft?
Für Andi Daurù und mich war und ist das Co ein grosser Gewinn. Wir harmonisieren sehr gut und ergänzen uns. Und wir hatten ja auch schwierige Zeiten. Da tat es gut, sich austauschen und unterstützen zu können.
Sollte die Nachfolge ebenfalls ein Co-Präsidium sein?
Ich würde es empfehlen, es ist aber nicht zwingend. Bei einem Co ist einfach wichtig, dass es untereinander funktioniert. Sonst sind die oben beschriebenen positiven Effekte dahin.
Sie sagen, jetzt sei der perfekte Zeitpunkt für eine Stabsübergabe und begründen es mit dem guten Abschneiden bei den Wahlen. Offenbar wisst ihr, wies geht, da wäre es doch gerade für die Wahlen 2027 wichtig, noch zu bleiben.
Wir sind ja nicht weg und werden sicher gerne Auskunft geben, falls das dann erwünscht ist. Und das gute Abschneiden der SP ist ganz sicher nicht nur der Verdienst des Präsidiums, sondern derjenige von allen unseren engagierten Mitgliedern.
Ihr habt das Präsidium in einer schwierigen Phase übernommen (Konflikt Juso/ Regierungsrat Mario Fehr). War das Co-Präsidium hilfreich bei der Lösung des Problems?
Absolut, wir konnten vieles innerhalb des Präsidiums abfangen und uns auch gegenseitig unterstützen. Alleine hätten wir das beide wohl nicht so lange gemacht.
War es das grösste Problem, das es zu lösen galt, oder gab es noch andere?
Die Spannweite zwischen den Juso und zum Beispiel Daniel Jositsch ist in gewissen Themen ziemlich gross. Man muss den «Laden» zusammenhalten können.
Mit Ihrem Rücktritt stellt sich auch die Frage nach den Nachfolgern. Wen wünschen Sie sich?
Ich werde mich hüten, irgendwelche Namen zu nennen. Eine Findungskommission wird sich nun dieser Aufgabe annehmen. Aber ich wünsche mir, dass sich die Landsektionen auch gut vertreten fühlen.
Was müssen der oder die Nachfolger für Qualitäten mitbringen, um die Partei erfolgreich in die Zukunft führen zu können?
Wichtig ist, dass man gerne mit Menschen zusammenarbeitet. Als Parteipräsidentin und Parteipräsident sind vor allem soziale Kompetenzen gefragt.
Mit Ihrem Rücktritt bekommen Sie auch wieder mehr freie Zeit. Ist das so?
Ich hoffe es! Ich bin jetzt zwar seit Januar Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, da bin ich schon gefordert. Aber ohne Parteipräsidium gibt es tatsächlich wieder etwas mehr Luft.
Wie werden Sie die freie Zeit nutzen?
Ich werde wieder mehr Abende zu Hause sein: Auf diese Zeit mit meiner Familie freue ich mich sehr.