- Karin Steiner
Im Mai wurden von Freiwilligen 1830 Rebstöcke gepflanzt, die biologisch bewirtschaftet werden. 2026 wird der erste Wein erwartet.
Noch sind die Rebstöcke, die hoch über dem Zürichsee am Sonnenhang gedeihen, zierlich und klein. Doch sie werden von Martin Schneider und Lorenzo Käser vom Vorstand des Quartiervereins Fluntern voll Stolz begutachtet. «Es war ein langer Kampf, bis wir dieses Projekt endlich realisieren konnten», erzählt Lorenzo Käser. Ursprünglich wollten der Quartierverein und die Zunft Fluntern den Hang unterhalb der Kirche Fluntern, wo bis 1940 noch Reben wuchsen, für das Projekt Rebberg gewinnen, doch die Stadt Zürich winkte ab. 2020 schloss sie stattdessen mit dem Stadtwinzer Nikola Zeljkovic, der bereits die Rebberge beim Burghölzlihügel und beim Restaurant Sonnenberg bewirtschaftet, einen Pachtvertrag für das 54 Aren grosse Grundstück an der Orellistrasse ab. Dieser schloss wiederum einen Vertrag mit den Betreibern des neuen Rebbergs Fluntern ab und wird die Rebbaugruppe fachlich begleiten.
Viele engagierte Freiwillige
An verschiedenen Anlässen, unter anderem am traditionellen Wümmetfest, machten der Quartierverein und die Zunft Fluntern auf das Projekt aufmerksam und konnten immer mehr Leute dafür begeistern. Aktuell besteht die Gruppe Freiwilliger, die sich um die Reben kümmert, aus 70 Personen unterschiedlichen Alters. «Es kommen auch laufend Neue dazu», erzählt Martin Schneider, Präsident des Quartiervereins. «Sie sehen die Tafel, die am Rande des Rebbergs steht, und melden sich bei uns. Aber wir können weitere tatkräftige Unterstützung gebrauchen. Die Freiwilligen sollten sechs- bis siebenmal pro Jahr bereit sein, mit anzupacken.» Dafür werden sie voraussichtlich ab 2026, wenn der erste Wein erwartet wird, mit einem spritzigen Weisswein belohnt.
Der 4. Mai 2023 war der historische Tag, an dem nach 80 Jahren Unterbruch in Fluntern erstmals wieder Reben gepflanzt wurden, und zwar 1830 Rebstöcke der pilzwiderstandsfähigen Weissweinsorte Souvignier gris. Die Finanzierung wurde durch eine Subskription gestartet, die mit bisher über 50 000 Franken von Paten, Gönnern und Sponsoren einen grossen Teil des Ziels von 80 000 Franken einbrachte. «Unser Ziel ist es, dass der Rebberg in Zukunft selbsttragend ist», so Lorenzo Käser. «Wir rechnen mit einer Flasche Wein pro Rebstock, das sind rund 1800 Flaschen pro Jahr.»
Biodiverse Nutzfläche
«Der Rebberg Fluntern ist der höchstgelegene Rebberg im Kanton Zürich», sagt Schneider nicht ohne Stolz. Er und auch andere Vorstandsmitglieder besuchen derzeit Kurse, um sich in Sachen Rebbau weiterzubilden. Denn das Projekt Rebberg soll auch einen wichtigen Beitrag für die Natur leisten. Die Reben werden biologisch bewirtschaftet. Daneben entsteht eine 22 Aren grosse Ausgleichsfläche mit unzähligen verschiedenen Blumen und Pflanzen, welche die Biodiversität zusätzlich fördern. «Diese locken Insekten und Käfer an, welche die Schädlinge in Schach halten», so Martin Schneider. «Es werden für die Reben keinerlei chemische Spritzmittel eingesetzt.»
Oberstes Ziel von Quartierverein und Zunft Fluntern war es, mit dem Projekt Rebberg ein identitätsstiftendes Projekt für das Quartier zu schaffen. Alle sollen mit eingebunden werden, auch die Schulen, die so an das historische Rebbaudorf Fluntern erinnert werden. Am jährlichen Wümmetfest – dieses Jahr am Sonntag, 24. September, ab 11 Uhr beim Schulhaus Fluntern am Vorderberg – erfahren Interessierte mehr über das Projekt.