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02.08.2023

Wenig Steuergelder aus der IT-Branche

Google bezahlt die meisten Steuern im Heimatstaat USA. (Symbolbild) Bild: Goldküste24
Die Stadt Zürich bleibt weiterhin finanziell stark von den Banken abhängig. Google, IBM oder Avaloq bringen nicht viel Geld, sie profitieren von Steuererleichterungen.

Wenn die Stadt von den IT-Firmen in Zürich schwärmt und ihre Wichtigkeit betont, dann erwähnen sie nicht, dass die Steuereinnahmen für die Stadt Zürich von diesen seit Jahren zurückgehen.

2017 war mit rund 82 Millionen Franken die höchste Einnahme von den IT-Firmen zu verzeichnen, seither sind sie um mehr als einen Drittel gesunken mit Ausnahme von 2021. Der Stadtrat Daniel Leupi (Grüne) hat die Aufschlüsselung im Rahmen der Jahresrechnung vorgelegt, wie die Zürichsee-Zeitung berichtet. Es handelt sich dabei um 250 der grössten Unternehmen der Stadt. Sie machen den Hauptteil der Steuerkraft aus. Deshalb sind diese Angaben repräsentativ.

Die Anzahl der Beschäftigten steigt dafür kontinuierlich an. 2011 arbeiteten rund 17'000 Menschen bei Stadtzürcher IT-Unternehmen. 2020 waren es schon rund 10'000 mehr, nämlich 27'500. Seit 2010 hat sich auch die Anzahl der IT-Firmen erhöht, nämlich von 1700 auf 2300. Zu den grössten gehören Google, IBM oder Avaloq.

Eigentlich zeigt dies auf mehr Umsatz oder mehr Gewinn, doch führt es nicht zu höheren Steuern in der IT-Branche.

Google – UBS fast gleich

Eine Gegenüberstellung von Google, der grössten IT-Firma in Zürich und der UBS, der grössten Bank in der Stadt. Es ist bloss eine Annäherung, genauere Angaben fehlen.

Die beiden Unternehmen erwirtschafteten fast gleichviel Geld – rund 1,55 Milliarden Franken. Beim geltenden Stadtzürcher Unternehmenssteuersatz von 19 Prozent müssten sie folglich je rund 295 Millionen Franken Steuern abliefern.

Die Grossen haben in der Stadt 2022 rund 430 Millionen zusammen zu den städtischen Steuereinnahmen beigetragen. Bei der UBS könnte es sich ungefähr bei 300 Millionen bewegen.

In der IT-Branche zahlten die wichtigsten Vertreter zusammen in Zürich letztes Jahr knapp 50 Millionen. Das ist fast sechs Mal weniger als Google allein abgeben müsste, wenn man die Anzahl der Angestellten als Massstab nimmt.

Im Finanzbereich arbeiteten gemäss Statistik der Stadt Zürich im Jahr 2020 rund 45'000 Menschen. Unter der Berücksichtigung aller Angestellten tragen IT-Unternehmen über fünf Mal weniger zum Steuersubstrat der Stadt bei als die Banken.

Google hat nicht Hauptsitz in Zürich

Die Stadt meint, dass die Anzahl der Angestellten nicht mit dem Steuerertrag korreliert. Steuerexperten weisen darauf hin, dass die UBS ihren Hauptsitz in Zürich hat, Google hingegen nicht.

Die Google-Sprecherin erklärt, dass Google wie andere multinationale Unternehmen, den grössten Teil der Körperschaften im Heimatland USA zahlt. Google hält in jedem Land, wo sie ist, alle Steuergesetze ein. Weltweit kamen sie in den vergangenen Jahren auf einen weltweiten effektiven Steuersatz von knapp 20 Prozent.

Niemand weiss so genau, warum ausgerechnet im erfolgreichen Zürcher IT-Sektor die Steuereinträge so einknicken. Unternehmenssteuern unterliegen grossen Schwankungen, sagt Claudia Naegeli vom Finanzdepartement. Das wirtschaftliche Umfeld und die Steuergesetzgebung sind dafür verantwortlich.

Staf führte zu Steuererleichterungen

Zur nationalen Unternehmenssteuerreform sagte die Schweizer 2019 ja, doch die Staf hat deutlich zum Rückgang der IT-Steuern geführt. Es ist alles jedoch sehr spekulativ, weil Zahlen fehlen.

Die Staf schuf Steuererleichterungen seit Januar 2020 für Unternehmen. Das kam, weil die Schweiz die früheren Holdingprivilegien abschaffen musste. IT-Unternehmen profitieren vermutlich vom erhöhten Forschungsabzug und der Patentbox.

Bis 2020 konnten Unternehmen Geld, dass sie in Forschung und Entwicklung investierten, zu 100 Prozent von ihrem Steuerbetrag abziehen. Die Staf hat diesen Anteil nun auf 150 Prozent erhöht. So können Firmen die Hälfte mehr von ihrer Steuerbasis wegrechnen, als sie tatsächlich für die Forschung ausgegeben haben.

Die Patentbox ist da, um innovative Firmen zu belohnen. Dank dieser müssen Firmen nur 10 Prozent des Gewinns versteuern, den sie mithilfe von eigenen Patenten erzielen. Das ist für die IT-Firmen von Vorteil, da sie lizenzierte Software entwickeln, somit profitieren sie von zwei zusätzlichen Abzugsmöglichkeiten. Bei Banken ist das weniger der Fall.

Neue Abzüge noch nicht benutzt

Die Staf-Massnahme kommt allen Unternehmen zugute, nicht nur ausländischen Firmen wie Google.  Vertretende von Städten befürchteten vor der Abstimmung eine zu starke Schrumpfung der Steuerbasis. Der Städteverband fordert nun eine wissenschaftliche Prüfung der Staf-Folgen. Das Eidgenössische Finanzdepartement startet wahrscheinlich in diesem Herbst mit einer Evaluation.

Bei Kanton Zürich relativiert sich der Einfluss der Staf, denn unerwartet wenig hätten die neuen Abzüge in Anspruch genommen, erklärte der Regierungsrat Ernst Stocker (SVP). Die weggerechnete Summe betrage bisher circa 550 Millionen Franken. Doch erwartet der Kanton in den nächsten Jahren mit einer Zunahme.

Tiefere Steuereinnahmen hängen auch mit dem Alter der Unternehmen zusammen, da in der Regel Grossunternehmen, die seit Jahrzehnten ihren Sitz in der Stadt haben, nachhaltig Steuern zahlen. Die IT-Branche ist noch sehr jung und noch nicht soweit wie die Grossunternehmen.

Abwanderung in andere Kantone

Eine andere Erklärung für die IT-Steuerschrumpfung ist, dass Zürich die höchsten Unternehmenssteuern in der ganzen Schweiz verlangt. Das bewegt laut Ständerat Ruedi Noser (FDP) die Firmen, ihre Hauptsitze in Kantone mit tieferen Steuersätzen zu verlegen. Die meisten Angestellten würden jedoch in der Stadt bleiben. Jeder Steuerberater rät einem dazu. Doch Claudia Naegeli vom Finanzdepartement bestätigt das nicht, denn die Zahl der Unternehmen wachse von Jahr zu Jahr um rund drei Prozent.

Durch den OECD-Mindeststeuersatz von 15 Prozent, der schon bald in allen Kantonen gelten wird, rücken Tiefsteuerkantone wie Zug näher an Zürich heran. Dazu möchte Ernst Stocker die Zürcher Unternehmenssteuern um ein Prozent senken. Er argumentiert wie Ruedi Noser mit dem Standortwettbewerb.

Steuerbares Einkommen über 60'000

Dank der IT-Branche sinkt die Abhängigkeit von den Banken in der Stadt. Auf die Unternehmenssteuern trifft dies nicht zu. Für diese ist die Stadt jedoch heute vergleichsweise stärker auf Banken angewiesen als vor zehn Jahren.

Die Stadt weist darauf hin, dass die meisten Branchen überdurchschnittliche Löhne bezahlen würden, was hohe Steuerbeträge bewirke. Jahr für Jahr wohnen mehr Menschen in der Stadt, deren steuerbares Einkommen weit über 60'000 Franken liegt.

Patricia Rutz / Goldküste24