Ein Volkssport wie in Südfrankreich ist Pétanque hierzulande beileibe nicht. Wobei das Pétanque-Volk auch in Frankreich schrumpft. Vielleicht, weil es ein ausgesprochener «Sport» für Bauern und Handwerker sein dürfte, für Menschen, die tagsüber harte Arbeit verrichten und abends buchstäblich eine ruhige Kugel schieben wollen, ohne einfach nur herumzusitzen. Und es ist ein geselliges Spiel, das nach der oft einsamen Arbeit auf dem Feld und in der Werkstatt ausgiebig Raum zum Plaudern – und zum gemeinsamen Schweigen – bietet.
Die «Jagd» auf das Schweinchen
Konzentration ist in der Pétanque alles: ein sicheres Auge, eine ruhige Hand. Kraft braucht es kaum, denn die Kugeln aus Inox-Stahl haben einen Hohlraum und wiegen nur etwa 700 Gramm. Ein kleines Kügelchen aus Holz, Cochonnet (Schweinchen) genannt, stellt das Ziel dar. Der beginnende Spieler wirft es aus und schickt gleich seine erste Kugel hinterher; dabei versucht er, möglichst nah ans Cochonnet zu kommen. Dann folgt der Gegner. Gespielt wird mit einem Set von drei Kugeln. Man kann auch Teams bilden, wobei zwei gegen zwei oder drei gegen drei – dann nur mit je zwei Kugeln – antreten. Die schlechtere Partei muss so lange werfen, bis sie näher ans Kügelchen herangekommen ist. Am Schluss zählt jede Kugel, die näher beim Schweinchen liegt als die beste des Gegners. Wer zuerst 13 Punkte erzielt, hat gewonnen.
Der inklusivste Sport von allen
Bei der Pétanque gilt die Regel, dass man aus einem in den Kiesboden gescharrten Kreis von einem halben Meter Durchmesser heraus auf eine Distanz von 6 bis höchstens 10 Metern schiesst; Ausfallschritte sind nicht erlaubt. Das macht es zu einem sehr inklusiven Spiel für Jung und Alt, für Fitte und Eingeschränkte, und obendrein braucht es wenig Platz, der Kiesvorplatz eines Hauses genügt.
Aber mit Vorplätzen hat sich unser Redaktionsteam nicht zufriedengegeben, als es sich anschickte, Zürich einem Pétanque-Test zu unterziehen. Eine Vorgabe war es, die bekannten Hotspots der Stadt wie den Lindenhof, die Josefswiese und den Idaplatz schnöde zu ignorieren und sich auf die Suche nach unbekannten Terrains in den Quartieren zu machen. Der Test fand an einem nicht sehr heissen Sommerabend Ende Juni statt.
Wir haben vier Plätze in allen Stadtteilen besucht, und zwar im Uhrzeigersinn: Start war in der Parkoase in der Enge, es folgten zwei ehemalige Industriegebiete im Kreis 5 (Turbinenplatz) und Oerlikon (MFO-Park), bis sich der Bogen in der Vorstadtidylle Hottingens schloss. Fazit: Zürich wird als Pétanque-Schauplatz deutlich unternützt und unterschätzt.