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Schweiz
21.07.2023

Meteo Schweiz lässt Piloten nicht im Regen stehen

In zwei Jahren soll die Wetterstation in Oberglatt allerdings durch künstliche Intelligenz ersetzt werden. Bild: Thomas Günthert.
Der Wetterdienst leistet auf dem Flughafen Kloten mit viel Manpower einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit des gesamten Flugverkehrs über der Schweiz.
  • Thomas Güntert

Seit fast 160 Jahren gibt es in der Schweiz einen staatlichen Wetter- und Klimadienst, der mittlerweile dem Departement des Inneren (EDI) angegliedert ist. Der offizielle Titel lautet «Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz» und wird in der Umgangssprache als «Meteo Schweiz» abgekürzt. An den Standorten Zürich, Genf, Locarno und Payerne sind nahezu 400 Mitarbeitende damit beschäftigt, das Wetter zu beobachten, Wetterprognosen zu erstellen sowie Messnetze und Wettermodelle zu entwickeln und zu betreiben. Einsatzbehörden und die Bevölkerung werden vor Stürmen, Starkregen, Schneefall, Gewitter oder Hitzewellen gewarnt und für die Aviatik werden Wetteranalysen erstellt.

Der Wetterdienst leistet auf dem Flughafen Kloten mit viel Manpower einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit des gesamten Flugverkehrs über der Schweiz. In zwei Jahren soll die Wetterstation in Oberglatt allerdings durch künstliche Intelligenz ersetzt werden.

Der Arbeitstag in der Wetterstation

Im Hauptsitz am Flughafen in Kloten arbeiten rund 250 Personen bei Meteo Schweiz. Einer davon ist der Meteorologe Bruno Kunz, der seit 15 Jahren bei Meteo Schweiz beschäftigt ist. Fast sechs Jahre war er meteorologischer Berater und leitete siebeneinhalb Jahre die Prognose­assistenz. Seit Januar 2021 ist er «Aeronautical Meteorological Forecaster, Observer AMF/AMO».

«Im Vergleich zu anderen Jahren gab es im April und Mai sehr viele Bisentage», sagt Kunz und erklärt, dass man unter einer Bise einen oft kühlen, trockenen nordöstlichen Wind im Schweizer Mittelland und dem Alpenvorland versteht. Die Bise tritt häufig bei winterlichen Hochdrucklagen auf und ist meistens mit heiterem Himmel verbunden, kann durchaus aber auch bedecktes Wetter mit Nebel oder Hochnebel bringen. Kunz arbeitet je nach Diensttour in der Prognosezentrale im Operation Center am Flughafen oder in der Wetterstation in Oberglatt, die überwiegend für den Flughafen zuständig ist und bis vor zwei Jahren rund um die Uhr besetzt war. Mittlerweile ist die Arbeitszeit der Beobachter an den eigentlichen Flugbetrieb ausgerichtet. «In der übrigen Zeit geschieht dies bereits automatisch», sagt Kunz.

Im Luftverkehr unerlässlich

Die erste Augenwetterbeobachtung wird um 5.50 Uhr, zehn Minuten vor dem Start der ersten Maschine, ausgegeben und die letzte von Menschen erstellte Beobachtung um 23.20 Uhr vor der letzten mög­lichen Landung gemacht. Der Flugbetrieb dauert eigentlich nur bis 23 Uhr, kann aber aufgrund von Verspätungen bis 23.30 Uhr verlängert werden. Kunz dokumentiert jede halbe Stunde seine Wetterbeobachtungen, bei denen eine Reihe spezifischer Messgeräte zum Einsatz kommen. Mit einem Ceilometer werden die Wolkenschichten bestimmt und ein Transmissometer ermittelt anhand der aktuellen Lichtdurchlässigkeit der Luft entlang der Piste die Start- und Landebahnsichtweite «Runway Visual Range». Sie gibt die Distanz an, über die ein Pilot auf der Mittellinie der Start- oder Landebahn die Begrenzungsmarkierungen sehen kann. Zudem werden Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit, Windrichtung, Luftdruck, Niederschlag, Bewölkungsmenge und -basis gemessen. Weiter werden vom Beobachter die wuchtigen Wetterphänomene wie Gewitter, Niederschlagart und -intensität erfasst.

Anhand der ausgewerteten Daten wird für die nächsten zwei Stunden eine Wetterprognose erstellt und als Wettertrend ausgegeben. Zudem wird mit den Informationen auch die Wetter-App Meteo­Swiss versorgt, für die es individuelle flugwetterspezifische Ergänzungen gibt. Meteo Schweiz nutzt die Vielzahl der verfügbaren aktuellen Wetterdaten auch, um beispielsweise Fluggesellschaften, Ballonfahrern sowie Piloten von Motor- und Segelfliegern massgeschneiderte Flugwetterdaten anzubieten.

Die Daten werden auch an das Operation Center des Flughafens weitergeleitet, wo die Wetterprognosen für die Deutschschweiz sowie Unwetterwarnungen herausgegeben werden. Die Fluglotsen bei Skyguide benötigen die Wetterdaten, um das Start- und Landepistenkonzept und die Flugrouten zu koordinieren. Landende Flugzeuge kommen im Optimalfall von Norden und starten in Richtung Westen, was bei erschwerten Wetterbedingungen angepasst werden muss, um die Sicherheit der Fluggäste jederzeit zu gewähren.

Wetterstation hat bald ausgedient

Die Informationen der Beobachter über die örtlichen Wetterbedingungen werden als sogenannte METAR-Meldungen auch an die Piloten weitergegeben, die auf jede Wettersituation vorbereitet sein müssen. Starker Nebel führt oft zu Verspätungen und Annullierungen von Flügen. Der Pilot braucht für die Höhenkalibrierung auch den exakten Luftdruck, der mit zunehmender Höhe abnimmt. «Die üblichen Höhenmesser sind im Prinzip Barometer, die in der Flughöhe den herrschenden Luftdruck messen», sagt Kunz.

Die im Rahmen der Luftfahrtmeteorologie erbrachten Dienstleistungen werden durch nationale und internationale Behörden und Organisationen streng normiert und reguliert. Im Jahr 2006 wurde Meteo Schweiz durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt für die Flugwetterdienstleistungen nach den SES (Single European Sky)-Vorgaben zertifiziert. «Die Automatisierung schreitet aber auch bei uns voran», sagt Kunz und bemerkt, dass die Flugwetterbeobachtungen der Wetterstation Oberglatt im Jahr 2026 voraussichtlich automatisiert werden. «Auf dem Flughafen Genf wird die Wetterbeobachtung bereits im nächsten Jahr vollautomatisiert, danach ist Zürich an der Reihe», sagte Kunz. Er bemerkt, dass nur sehr wenige Menschen den Beruf des Wetterbeobachters haben. Früher musste man dafür eine abgeschlossene Ausbildung vorweisen und die Mitarbeitenden wurden dann intern für ihre speziellen Aufgaben geschult. Aufgrund der Umstrukturierung werde nun alles daran gesetzt, dass es mit der Automatisierung keine Kündigungen geben wird. Wetterbeobachter, die in Pension gehen, werden nicht mehr ersetzt und jüngere Mitarbeitende möglichst in anderen Funktionen eingesetzt.

Thomas Güntert / Goldküste24