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Hombrechtikon
07.06.2023
09.06.2023 14:54 Uhr

Der Stammtisch im «Hans Heiri’s» – ein Begegnungsort, der es in sich hat

Marina Gadient ist die Gastgeberin vom «Hans Heiri’s» in Feldbach. Bild: GG
In Hombrechtikon gibt es verschiedene Gastronomiebetriebe, neue wie auch solche mit einer langen Tradition. Eine solche Traditionslokalität ist zweifelsfrei das «Hans Heiri’s» in Feldbach. Neben einem einzigartigen Stammtisch hat es auch eine lange Geschichte zu bieten.

Die Redaktion der «Ährenpost» hat kürzlich den Tipp bekommen, dass der Stammtisch im «Hans Heiri’s» einzigartig sei und wir da unbedingt einmal vorbeischauen sollten. Hier würden sich am Stammtisch jeden Morgen Handwerker und «Hombrechtiker Originale» zu einem Schwatz treffen und sich lustige Geschichten erzählen.

Auch Frauen willkommen

Das wollten wir genauer wissen. So habe ich mich auf den Weg gemacht, diesen Stammtisch zu besuchen. Begleitet hat mich ein Hombrechtiker und regelmässiger Stammtisch-Besucher. Auf dem Weg dorthin sagte er zu mir, dass Frauen immer willkommen seien. Aber es gebe halt nicht so viele Frauen in Handwerkerberufen. Im «Hans Heiri’s» angekommen, setzen wir uns an den langen Holz-Stammtisch im frisch renovierten Restaurant. In den Räumlichkeiten der ehemaligen Brauerei Hürlimann begrüsst uns die Gastgeberin, Marina Gadient. Sie erzählt mir, dass sich hier die unterschiedlichsten Leute zum «Znüni» treffen: Bauern, Handwerker, Geschäftsmänner. Sie alle freuen sich, einander zu treffen und sich Geschichten, auch aus früheren Zeiten, zu erzählen.

Feldbacher Urgestein getroffen

Allmählich füllt sich der Tisch. Ich habe das Vergnügen, ein «Feldbacher Urgestein», der gleich heisst wie das Restaurant, neben mir
zu haben. Hans Heiri ist Landwirt und besitzt einen Hof in Feldbach. Es sei einer der schönsten Höfe, erzählt mir ein anderer Stammtischbesucher. Viele der Männer sind «Ur-Hombrechtiker», sagt ein anderer. «Wir sind Feldbacher!» betont Hans Heiri. Mit Seeanstoss, wohlverstanden. Gelächter am Tisch.

Am Stammtisch erzählt man sich gerne Geschichten aus alten Zeiten und plaudert über Aktuelles. Bild: Hans Heiri's

Geschichten aus der «Braui»

«Weisch na?» höre ich an diesem Morgen einige Male. Geschichten wie Ringelnattern in der Schublade der Lehrerin und das Ansägen einer Holzbrücke, um eine hübsche Schülerin auf sich aufmerksam zu machen, lösten schallendes Gelächter aus. Die meisten der Herren am Stammtisch kennen die früheren Zeiten hier in der ehemaligen «Braui» bestens. Die Fasnacht in der «Braui» sei legendär und über die «Landesgrenzen» hinaus bekannt gewesen, erzählt ein anderer. Sie schwärmen von der schönen Fasnachtsdekoration. Die Fasnacht selbst habe gut auch mal vier Wochen dauern können, wenn die Stimmung grad passte. Die damalige Wirtin Frieda habe gleichzeitig jassen und servieren können, was immer ein grosses Gaudi gewesen sei. Auch Mutproben bei der Seegfrörni im Jahr 1963 fanden statt, erzählt mir ein Hombrechtiker Geschäftsmann. Zum Bierbrauen habe man früher im Winter Eis von umliegenden Gewässern in das Innere eines nahegelegenen Bergs transportiert, erzählt mir Marina vom Hörensagen.

Die Stammtischbesucher schwelgen aber nicht nur in Erinnerungen. Sie unterhalten sich auch über aktuelle Themen. An diesem Morgen zum Beispiel über das Schneiden des Grases bei diesem «Bauern-Mistwetter».

Geschätzter Stammtisch

Das Restaurant, das früher eine Brauerei war, hatte schon viele Namen: Braui, Dirty Joe, Redneck Heaven bis hin zum heutigen Hans
Heiri’s. Alle sind sich einig und freuen sich, dass es diesen beliebten Treff gibt und von der neuen Gastgeberin so gut geführt wird. Im Gespräch mit Marina Gadient erfahre ich, dass sie das historische Restaurant im September 2019 zusammen mit Manuel Rigamonti und Roman Frei übernommen hat. Sie ist die Geschäftsführerin. Sie hätten einen tollen Start gehabt, doch dann habe Corona sie, wie so viele, ausgebremst. Dank Reserven und der Unterstützung der Gäste, konnten sie überleben, erzählt sie dankbar. Doch jetzt freut sie sich, wieder einen lebendigen Betrieb zu haben. Auch die grosse Sonnenterrasse ist wieder offen, die von vielen Velo- und Motorradfahrenden sowie Wandergruppen auf der Durchreise besucht wird.

In Feldbach wurde einst Hürlimann-Bier gebraut Bild: Ricardo

Gutbürgerliche Küche

Auf der Menükarte findet man eine gutbürgerliche, währschafte Küche von Burger über Schnitzel bis Filet. «Wir sind schon eher fleischlastig», sagt sie lachend. Die Znüni-Karte, welche die Wirtin wiederaufleben liess, imponiert mir. «Es ist mir wichtig, dass das Hans Heiri’s ein Treffpunkt für alle ist. Für Jung und Alt, für Banker, Handwerker, Töff-Fans, Einheimische oder Auswärtige. Man soll sich wie zu Hause im Garten fühlen und feiern können, aber keinen Aufwand haben. «Den übernehmen wir», sagt die leidenschaftliche Gastronomin mit einem Augenzwinkern. «Man muss vom Virus der Gastronomie befallen sein. Es ist wie bezahlter Ausgang», lacht die gelernte Verkäuferin, die seit über 20 Jahren in der Gastronomie tätig ist.

Ein witziger Morgen mit einem Kommen und Gehen von Feldbacher und Hombrechtiker Originalen geht zu Ende. Eigentlich schade, denke ich mir. Allmählich verabschieden sich die Letzten – und auch ich mache mich auf den Heimweg. Nebst mir und der Gastgeberin sass an diesem Morgen eine weitere Frau am Tisch. Es war, wie es mein Begleiter zu Beginn gesagt hatte: Wir Frauen waren herzlich willkommen und Teil dieser lustigen Runde. Mit ein paar schönen Geschichten und Anekdoten über Hombrechtikon fahre ich nach Hause. Und mit der Bestätigung, dass Frauen an dem Stammtisch nicht nur jederzeit herzlich willkommen sind, sondern es sich für alle lohnt, einmal im «Hans Heiri’s» vorbeizuschauen.

www.hansheiri.ch

Haus mit langer Geschichte

1836 gründete Hans-Heinrich Hürlimann zusammen mit zwei Freunden in Feldbach eine Brauerei. Warum Hans-Heinrich kein glückliches Händchen beim Bierbrauen hatte und was ein vermeintlicher Baron mit der Geschichte zu tun hat.

Hans-Heinrich Hürlimann war Müller und der Besitzer der Mühle in Feldbach. Als Müller verstand Hans-Heinrich Hürlimann jedoch wenig vom Bierbrauen. Seine beiden Geschäftspartner waren gemäss den Aufzeichnungen der Stiftung Lebensspuren Oberhaushof in Feldbach auch nicht viel fachkundiger. Der eine war Arzt in Hombrechtikon, der andere war als Baron Maximilian von Schenkenberg bekannt und lebte in Saus und Braus auf dem Goldenberg oberhalb von Feldbach.

Falscher Baron

Genau diesem Baron überliess Hans-Heinrich Hürlimann, der die Hälfte des Startkapitals zur Verfügung gestellt hatte, die Leitung des Brauereibetriebs. Der Baron interessierte sich jedoch kaum für die Kunst des Bierbrauens. Er richtete lieber in den oberen Räumen des Brauhauses, das direkt gegenüber der Mühle am heutigen Kreisel steht, ein Gesellschaftshaus ein, das mit Billard-, Speise- und Tanzsaal zum Verweilen einlud.

Wie sich bald herausstellte, war der Baron nicht nur kein Bierbrauer, sondern auch gar kein Baron. Er sei vielmehr ein Betrüger gewesen, der sein Vermögen über den Handel mit gefälschten Wechseln aufgebaut hatte. Als der Betrug aufflog und der Hochstapler floh, schaffte es Hans-Heinrich Hürlimann zwar, ihn zu stellen und einen Teil seiner Vermögenswerte zurückzuerhalten, so zum Beispiel die Villa Goldenberg. Die stark defizitäre Brauerei konnte er dadurch jedoch nicht retten. Nach wie vor verstand der Müller nichts vom Bierbrauen. Mehrere Male habe man das Bier in den Bach schütten müssen, weil es so missraten gewesen war.

Sohn übernimmt

Die Lage besserte sich, als Sohn Albert Hürlimann in den Betrieb einstieg. Er hatte im deutschen Kempten eine Ausbildung zum Bierbrauer absolviert. Albert Hürlimann verkaufte die Brauerei in Feldbach jedoch bald, um 1866 in Zürich Enge eine neue Brauerei zu eröffnen. Das Brauhaus in Feldbach wurde noch eine Weile weiterbetrieben. Es war einer der Hauptgründe, dass Feldbach einen Bahnhof erhielt. Der Betrieb wurde allerdings noch vor der Jahrhundertwende eingestellt. Heute weist ein Schriftzug an der Fassade auf die Geschichte des Gebäudes hin.

Quelle: Stiftung Lebensspuren Oberhaushof, Stefan Bühler

Ein Schriftzug an der Fassade weist auf die Geschichte des Gebäudes hin Bild: Wikipedia
Gabriela Gasser, Redaktion Ährenpost