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Sport
17.05.2023

Wenn ein Thor die Differenz macht

Topscorer Odinn Thor Rikhardsson bei einem 7-Meter-Wurf – durchschnittlich trifft der Isländer acht bis neunmal pro Spiel für die Kadetten. Bild: Handball Feeling / Sandro Stutz
Er trifft und trifft: Odinn Thor Rikhardsson hat sich innert Kürze als wichtige Stütze im Kader der Kadetten Schaffhausen etabliert.

Zum Einstieg ein bisschen Geschichte: Wenn man in der nordischen Mythologie Tausende von Jahren zurückgeht, findet man die Festung Asgard, die Heimat der nordischen Götter. Der ranghöchste Gott war Odin, sein Sohn war Thor – der Gott des Donners. Wer in diesem Wissen Odinn (isländische Schreibweise) Thor heisst, an den werden gewiss Erwartungen gestellt. Einer wird diesen auf jeden Fall gerecht: Odinn Thor Rikhardsson, der seit Sommer 2022 für die Kadetten Schaffhausen aufläuft und sich mit seinem beachtlichen Wurfrepertoire bereits in seiner ersten Saison zum wichtigsten Torjäger entwickelt hat. 318 Mal netzte der flinke Isländer bereits für die Orangen ein. Konkret heisst das: 165 Tore in 20 Meisterschafts-Partien, 34 Tore in vier Cup-Spielen und 110 Tore in 13 European League Partien. Letzteres mit einer Erfolgsquote von 81,5 Prozent, womit er im ganzen europäischen Handball für Furore sorgte. Durchschnittlich trifft Rikhardsson also acht bis neunmal pro Spiel. 

Dass die Schweiz ihn mit offenen Armen aufgenommen hat, zeigt auch die doppelte Nomination an den Swiss Handball Awards, welche im Juni verliehen werden. Odinn Thor Rikhardsson ist sowohl als MVP (most valuable player = wertvollster Spieler) als auch als Publikumsliebling nominiert. 

Immer ein Lächeln im Gesicht: Der Isländer Odinn Thor Rikhardsson beim Training in der BBC-Arena. Bild: Lara Gansser, Schaffhausen24

In Island und Dänemark gewachsen

Odinn Rikhardsson ist in der Nähe von Reykjavik aufgewachsen. Dem Handballsport ist er als 12-Jähriger verfallen – damals spielte er nebenher noch Fussball und Golf. Zweiteres ist bis heute eine grosse Passion des 25-Jährigen. «Ich wusste früh, dass ich Sportprofi werden will», erzählt der isländische Nationalspieler. «Und entschied deshalb, mich auf den Handball zu konzentrieren.» 

Heute ist der linke Flügelspieler vor allem bekannt für seine zahlreichen und oftmals spektakulären Tore, bei welchen er sein beachtliches Wurfrepertoire immer wieder zum Besten gibt. Doch nicht von Beginn an hat er auf der Flügelposition gespielt. «In meinem ersten Verein war ich Rückraumspieler», erzählt er. Seine Handballkarriere begann beim HK Kópavogur, bald darauf wechselte er zu Fram Reykjavík, wo er zwei Jahre blieb. 2016 führte ihn der Weg zu Islands erfolgreichstem Verein FH Hafnarfjörður. Dort spielte er zwei Saisons und gab 2017 als 20-Jähriger sein Debüt in der isländischen Nationalmannschaft. «Das waren zwei tolle und prägende Jahre in meiner Heimat.» 

Anschliessend entschied sich Rikhardsson erstmals für einen Wechsel ins Ausland. Und das nicht irgendwo hin, sondern zum dänischen Erstligisten GOG. Mit dem Spitzenclub aus Gudme wurde er 2019 dänischer Pokalsieger. «In meiner Zeit bei GOG habe ich sehr viel gelernt», so der Sportler. «Dann kam Corona. Und ich wechselte zum Ligakonkurrenten Team Tvis Hostebro.» Daraufhin folgte eine Rückkehr nach Island, wo er sich KA Akureyri anschloss. Nach einem Zwischenhalt beim deutschen Zweitligisten VfL Gummersbach führte ihn sein Weg 2022 nach Schaffhausen. Und hier wird der isländische Topscorer bis 2027 bleiben, wie Kadetten-Geschäftsführer David Graubner vergangene Woche freudig verkündete.

Spontan und entschlossen

«Ich bin sehr spontan und treffe meine Entscheidungen oft, ohne lange zu überlegen, wenn ich sie in diesem Moment für richtig halte», so Rikhardsson zu seinem handballerischen Werdegang. «Die Schweiz ist ein tolles Land und ich kann bei den Kadetten international spielen. Hier ist ein guter Ort für meine weitere Entwicklung als Handballspieler.» Neben den sportlichen Ambitionen, welche Rikhardsson mit dem Club verfolgt, gefällt dem Isländer auch das Leben in Schaffhausen. «Ich mag die Altstadt, das gute Essen, den Rhein, das Wetter und die netten Leute.»

David Graubner sagt zur Vertragsverlängerung: «Dass sich Odinn trotz viel Interesse aus ganz Europa für einen langfristigen Verbleib bei den Kadetten entschieden hat, unterstreicht unsere Ambitionen deutlich. Er glaubt an unser Projekt und will mit uns den nächsten Schritt machen.» Präsident Giorgio Behr fügt an: «Odinn ist innert kürzester Zeit zu einer wichtigen Teamstütze und zu einer Attraktion geworden. Er übernimmt viel Verantwortung, tut dies mit einem Lächeln im Gesicht und einer unnachahmlichen Lockerheit.»

Bis 2027 wird Odinn Rikhardsson (r.) für die Kadetten auflaufen. Dies verkündete Geschäftsführer David Graubner am letzten Heimspiel. Bild: Lara Gansser, Schaffhausen24

Grüezi Meistertitel? 

Und eben diese Lockerheit braucht der sichere Torschütze auch an der 7-Meter Linie. Wie der 25-Jährige mit diesem Druck in 1:1-Situationen umgeht? «Man darf vor dem Tor nie zu viel denken», meint er.  Seine Routine vor Spielen: gut schlafen und viel essen – am besten mexikanisch. 

Noch nicht ganz so erfolgreich wie im Handball läuft es mit der Schweizerdeutschen Sprache. «Grüezi kann ich sagen», so der Isländer. Einmal pro Woche besucht er den Deutschunterricht. «Da habe ich aber noch viel zu lernen.» 

In dieser Saison verfolgen Odinn Rikhardsson und die Kadetten ein grosses Ziel: den Schweizer Meistertitel verteidigen. Mit dem zweiten Sieg am Sonntag in der Playoff-Halbfinalserie gegen Pfadi Winterthur ist ein grosser Schritt getan. Am Donnerstag, 18. Mai, hat die Equipe nun die Chance, den Finaleinzug vor Heimpublikum sicherzustellen. «Es gibt noch einige Dinge in unserem Spiel zu verbessern», so Rikhardsson. «Aber das Wichtigste ist, dass wir mit demselben Kampfgeist weitermachen, den wir in den letzten Spielen gezeigt haben.» Die Partie wird um 18.15 Uhr in der BBC-Arena in Schaffhausen angepfiffen. Auf viele weitere Thore!

Lara Gansser, Schaffhausen24 / Goldküste24