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Zollikon
02.05.2023
03.05.2023 11:33 Uhr

Hospital at home – eine Alternative

Zuhause ist der Tagesablauf nicht geplant wie im Spital. (Symbolbild) Bild: pixabay
Gewagt war die Aussage, dass ein Spital vor nicht allzu langer Zeit fast wie ein Gefängnis war. Besondere Kleidung, Besuchszeiten und ein Warten auf Entlassung.

Der Quartierverein Zollikerberg lud zu einem Vortrag von grosser Bedeutung ein. Es ging dabei um ein Pilotprojekt des Spitals Zollikerberg.

Werner Widmer war Referent, Direktor des Diakoniewerks Neumünster. Er brachte das Konzept «Visit» mit auf den Weg.

Widmer erzählte vom 19. Jahrhundert, als viele Anstalten ins Leben gerufen wurden. Von Blinden- und Kinderheimen, Kreditanstalten und Sonderschulen. Er verglich gewagt eine Gefangenenanstalt mit einem Spital. In beiden gibt es besondere Kleidung, vor nicht allzu langer Zeit galten Besuchszeiten, und auf die Entlassung musste man warten. Der Tagesablauf ist weiterhin genau geplant, und es gibt keinerlei Freiheiten – es wird einem schon fast die Identität genommen.

Der Weg in die Zukunft ist für Widmer zu ambulanten und individuellen Angeboten hin, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Der Spital Zollikerberg bietet die ambulante Pflege zuhause seit November 2021 an.

Für die ambulante Pflege zuhause müssen gewisse Kriterien erfüllt sein, denn nicht für jeden Patient ist die Pflege zuhause geeignet.

  • Der Patient darf nicht alleine wohnen.
  • Er muss selbständig auf die Toilette gehen können.
  • Er muss selber trinken können.
  • Die Wohnung darf nicht mehr als fünf Kilometer vom Spital entfernt sein, damit im Zweifelsfall ein Arzt schnell zur Stelle ist.
  • Der Patient muss einen ausdrücklichen Wunsch haben, zuhause gepflegt zu werden.

Bei 78 Patienten, die bis jetzt zuhause ambulant versorgt wurden, musste das Team allerdings nur zweimal ausrücken.

Wenn ein Patient ausdrücklich im Spital versorgt werden möchte, so ist er jederzeit herzlich willkommen. 

Die Vorteile von der Pflege zuhause sind immens: 

  • Patienten bewegen sich mehr zuhause als im Spital.
  • Es kommt weniger zu zusätzlichen Infektionen und auch nicht zu Verwechslungen bei der Medikamentenverteilung.

Früher für Reiche üblich

95 Prozent der bisherigen Patienten, die zuhause gesund wurden, würden die Pflege im eigenen Heim dem stationären Aufenthalte weiterhin vorziehen.

Dieses Pilotprojekt kostet auch, denn jeder Patient, jede Patientin wird einmal pro Tag von einem Arzt und zweimal täglich von einer Pflegerin oder einem Pfleger besucht. Alle Patienten sind mit Sensoren für Puls und Blutdruck ausgerüstet, denn die Daten werden pausenlose gecheckt.

In der ersten Phase bezahlten die Krankenkassen die Leistungen ohne die Hotelleriekosten, den Rest übernahm die Stiftung. Der Spital Zollikerberg kann sich aufgrund der hervorragenden finanziellen Situation dies erlauben. Es war klar, dass das Pilotprojekt «Visit» in den ersten Jahren ein Zuschussgeschäft sein würde. Widmer findet das Projekt sehr sinnvoll, und man möchte auch daran festhalten. Finanziell tragbar ist es allerdings erst, wenn andere Spitäler sich beteiligen. Es gibt Überlegungen, das Angebot auszuweiten. Auch solche Patienten, die alleine wohnen, könnten dann auf die herkömmliche Hospitalisierung verzichten und auch der Radius um den Spital herum würde vergrössert. Beim Spital Zollikerberg sind die geplanten Schranken der Forchbahn ein Hindernis, denn so müsste ein Krankenwagen warten. Das Thema wird jedoch demnächst in einem weiteren Vortrag des Quartiervereins tiefer beleuchtet.

Spannend ist wohl, dass es früher üblich war, dass die armen Menschen ins Spital kamen. Die reichen Bürger liessen sich vom Arzt zuhause behandeln. Somit ist die Behandlung in den eigenen vier Wänden keine neue Erfindung und sollte unabhängig vom Budget sein.

(Quelle: ZollikerZumiker)

Patricia Rutz / Goldküste24