Monika Abdel Meseh und Rahel Köppel
Ungewohnt selbstkritische Töne waren letzte Woche von der Post zu hören. Bei der Medienkonferenz in der Zustellstelle in Oerlikon waren der Leiter des Geschäftsbereichs Logistik-Services und Mitglied der Konzernleitung, Johannes Cramer, sowie Mediensprecherin Silvana Grellmann anwesend. «Ich bin sehr erstaunt, was unsere Pöstlerinnen und Pöstler alles leisten, wie sie von Ort zu Ort fahren und Briefe und Pakete zustellen. Um diese wichtige Arbeit zu verbessern, mussten wir nachhaltiger werden», eröffnete Cramer seine Rede. Die Menschen in der Schweiz würden nämlich erwarten, dass sich ein so grosses Unternehmen wie die Post das Thema Nachhaltigkeit zu Herzen nimmt. «Das sehen wir konkret bei den Wünschen der Schweizer Bevölkerung. Die Pakete und Bestellungen sollen nachhaltig verpackt und auch nachhaltig geliefert werden. Besonders für die jüngere Generation ist das ein grosses Anliegen», erklärte der Logistikleiter weiter.
Auch die Bedürfnisse ihrer Kundinnen und Kunden dürften sie nicht ignorieren. Kleinere und grössere Unternehmen erwarten eine umweltschonende Logistik. Laut der Medienmitteilung weist die Post als transportintensives Unternehmen mit einer weitreichenden Infrastruktur den grössten CO2-Verbrauch in den Bereichen Fahrzeuge und Gebäude auf. Darum hatte man entschieden zu handeln und nun einen weiteren Schritt hin zu einer klimaneutralen Logistik zu vollziehen: Ab sofort stellt die Post Briefe und Pakete in Zürich wie auch in Bern ausschliesslich mit elektrisch betriebenen Fahrzeugen zu. «Das ist nicht der letzte Schritt, sondern der erste in die richtige Richtung», so der oberste Postlogistiker Cramer.
Grösste elektrische Zustellflotte
Das heisst, die Post setzt in den Städten Zürich und Bern bei ihren eigenen Zustellfahrzeugen gänzlich auf Strom. Insgesamt hat man in den beiden Städten neu 568 Fahrzeuge, die rein elektrisch unterwegs sind. Der Strom für die Fahrzeuge stammt zu 100 Prozent aus erneuerbaren Stromquellen aus der Schweiz. Damit sorgt die Post nicht zuletzt für einen nachhaltigeren Verkehr in den Städten. Heute umfasst die Flotte gesamt rund 7230 Elektrofahrzeuge. «Wir arbeiten seit 2017 mit rund 6000 Elektrorollern für die Zustellung von Briefen oder kleinen Paketen. Mit dieser Anzahl an Zustellfahrzeugen sollen jährlich etwa 40 Millionen Pakete elektrisch zugestellt werden.»
Teurer als Dieselfahrzeuge
«Die elektrische Zustellung bedeutet für die Post auch grosse Herausforderungen, die es zu lösen gab und noch immer gibt», sagt der 42-Jährige. Eine Herausforderung stellen etwa die begrenzten Reichweiten dar. «Mit Elektroautos ist es nicht so einfach. Man kann nicht einfach zur nächsten Tankstelle fahren, wenn der Tank bald leer ist. Die Batterie muss über unsere Ladestationen, deren Installation eine eigene Herausforderung ist, geladen werden. Eine Vollladung dauert da circa acht Stunden. Selbst das Schnellladen benötigt drei oder vier Stunden», so Cramer weiter. Das heisst, man müsse die Zustelltour genau anpassen. Auch die Kosten für die Anschaffung der Fahrzeuge steigen. «Vergleicht man die Preise mit einem Diesel- oder Benzinauto, ist es natürlich ein grosser Unterschied, aber man muss es als Investition in die Zukunft ansehen, auch in Hinblick auf die Lebensdauer solcher Autos. Die Gesamtkosten sind schlussendlich nicht so hoch», erklärt Cramer, der bis 2021 bei Digitec Galaxus AG tätig war.
Dass die Post mit ihrem Engagement für die Elektromobilität ein Zeichen setzt, ist für den Leiter des neu geschaffenen Konzernbereichs Logistik-Services selbstverständlich. Damit würden sie eine Vorbildfunktion einnehmen, ist Cramer überzeugt. Als nächstes Ziel will das Unternehmen bis 2030 komplett klimaneutral werden und in der gesamten Schweiz Päckli und Briefe vollelektrisch zustellen.