Bestimmt haben etliche Besucher des Kunsthauses den «Pixelwald Turicum» von Pipilotti Rist im ersten Stock des Erweiterungsbaus zu einem ihrer Lieblingskunstwerke gekürt. Wem aber ist bewusst, dass die Installation zur Sammlung Merzbacher gehört? Diese grossartige Sammlung hat eine komplizierte Geschichte, in deren Mittelpunkt der heute 94-jährige Werner Merzbacher steht, der 1939 als elfjähriges jüdisches Kind mit einem Kindertransport aus Süddeutschland in die Schweiz kam. Seinen Eltern gelang die Flucht nicht, sie wurden 1943 im KZ Majdanek ermordet.
Schweiz – USA – Schweiz
1949 wanderte Merzbacher in die USA aus, wurde Leder- und später Pelzhändler und heiratete 1951 Gabriele Mayer, die Enkelin des bekannten jüdischen Pelzhändlers, Kunstmäzens und Sammlers Bernhard Mayer. Dieser war 1941 in die USA geflohen, nach dem Krieg nach Ascona übersiedelt und 1946 in Zürich gestorben. Merzbacher und seine Frau begannen schon in den USA zu sammeln. 1964 kehrten sie in die Schweiz zurück, wo er ins Geschäft ihrer Familie einstieg.
Erweckungserlebnis in New York
Wie er in einem Interview mit der NZZ erzählte, entdeckte er in den 1970er-Jahren anlässlich einer New Yorker Ausstellung über den Fauvismus seine Faszination für Farben und richtete seine Sammeltätigkeit fortan auf den Farbaspekt aus. Nicht verwunderlich also, dass die erste Ausstellung von Werken der Sammlung in der Schweiz unter dem Titel «Fest der Farbe» stattfand, 2006 im Kunsthaus Zürich.
Seit der Eröffnung des Erweiterungsbaus 2021 sind dort rund 60 überwiegend sehr farbenfrohe Gemälde und einige Skulpturen dauerhaft ausgestellt, als Leihgabe vorerst für 20 Jahre – in Tuchfühlung mit der umstrittenen Sammlung des Waffenfabrikanten und Nazi-Sympathisanten Emil Bührle.
Am 30. Januar nun wurde Merzbacher, der auch ehrenamtlich in der Sammlungskommission des Kunsthauses und im Vorstand der Vereinigung Zürcher Kunstfreunde aktiv gewesen war, für sein Engagement für die Kunst in Zürich mit dem «Stadttaler» geehrt.
Und wie steht er zu Emil Bührle?
Auf die Frage, ob es ihm etwas ausmache, seine Sammlung neben jener von Bührle zu sehen, sagte Merzbacher gegenüber der NZZ: «Nein, dass es mich gibt, verdanke ich der Hilfe, die ich in der Schweiz erfahren habe. Das war und ist das Entscheidende in meinem Leben.» Es ist wohl diese positive, sozusagen farbenfrohe Lebenseinstellung, die es ihm erlaubte, seinem schweren Schicksal ein so langes und erfolgreiches Leben abzutrotzen.
Werner Merzbacher, der 1989 Alleininhaber der Gesellschaft geworden war, führte neben dem Grosshandel übrigens noch bis im Jahr 2004 das Pelzgeschäft A. C. Bang am der Bahnhofstrasse, in unmittelbarer Nähe des Hotels Baur au Lac. Es war eines der letzten verbliebenen Pelzgeschäfte in Zürich.