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24.01.2023

Fasnächtliche Einsprache gegen den Biergarten

Die Ortsbürger wollen ihr Rathaus vermöbeln. Kleines Bild oben rechts: Tische für den Biergarten. Bild: zVg
Ginge es nach den Ortsbürgern, wäre das historische Rapperswiler Rathaus bald mit Tisch-Kombinationen, Weinfässern und Velos umstellt. Ein Fall für die Fasnacht. Glosse von Bruno Hug zu einem ernsten Thema.

Als Liegenschaftsbesitzer am Hauptplatz bin ich – gemäss der mir zugestellten Bauanzeige – berechtigt, gegen den geplanten Biergarten und weitere geplante Kuriositäten rund ums Rathaus Einsprache zu erheben. Auf gut Deutsch: Ich darf gegen eine offenbar ernst gemeinte Fasnachts-Nummer antreten.

Verdrehung rund um den Boulevard

Zuerst einmal, Entschuldigung liebe Ortsbürger: Eure Bauanzeige ist mit einem krassen Fehler behaftet. Ihr schreibt zum Grund der Baueingabe: «Erweiterung Boulevardflächen beim Rathaus und Einbau einer Getränkeleitung…».

«Boulevardflächen», da sind wir uns wohl einig, sind öffentlich zugängliche Strassen und Plätze. Mit Euren Rathaus-Aussenwirtschaften aber würdet Ihr den Boulevard nicht «erweitern», sondern einschränken. Einverstanden?

200 Aussenplätze, Fässer und Velos

Aus Eurem Bauauflage-Plan, geschätzte Ortsbürger, geht hervor, dass die Gartenwirtschaften rund ums Rathaus rund 200 Plätze hätten: 64 beim Restaurant-Eingang, 80 im Biergarten, 22 auf der Rathaus-Ostseite und 24 auf dem Trottoir der Seestrasse. Dort kämen dann aber noch Stehplätze in unbekannter Anzahl rund um die Weinfässer dazu, die dort platziert werden. (Alle Gartenwirtschaften: Siehe PDF am Ende dieses Berichts). Ach, noch fast vergessen hätte ich: An der unteren Rathausecke kämen noch zwei Veloständer zu stehen.
Chapeau! Voll ausgenützt! Alles zu 100% betischt, befässert und mit Velos garniert.

Möbelklassiker vom Feinsten

Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Das wissen auch die Ortsbürger, die sich dafür rühmen, für die Kultur der Stadt zuständig zu sein. Deshalb sind sie wohl auch zufrieden mit den von ihrem künftigen Restaurant-Pächter vorgeschlagenen Gartenmöbel.
Und seien sie, liebe Leser, versichert, es ist kein Witz! Die Bilder lagen der Bauauflage bei. (Siehe dazu folgende Bildstrecke)
Jedenfalls: Als ich mir die Möbelklassiker ansah, wurde es mir etwas «Gschmuch» fürs Schloss, das die Ortsbürger momentan für Millionen umbauen. 

  • Feld B: «Passende» Holztische an der östlichen Rathauswand. Bild: zVg
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  • Und an der Seestrasse nach: 225-Liter-Weinfässer, als Stehgeiger für das Feierabendbier. Bild: zVg
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  • Feld C und D: «Moderne» Viererkombis an der Seestrasse und beim Beizeneingang. Bild: zVg
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  • Feld A: Höhenverstellbare, «gemütliche» Tischkombinationen im Biergarten. Bild: zVg
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  • Diesen Plan finden Sie auch am Ende der Glosse als PDF in Grossansicht. Bild: zVg
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Ausschankstation auf dem Hauptplatz

Wenigstens hat mir Stadtbauchef Leutenegger beim Besuch im Joner Rathaus gesagt, dass es für die Aussenbeizen keine Holz-Bühnen gebe. Aber man weiss bei diesem Stadthaus ja nie so recht… Genauso beim Bierausschank und der unterirdischen Bier-Zuleitung. Leutenegger sagte, das werde wohl nicht bewilligt. Aber, eben, man weiss ja nie…

«Bewilligungsfähige» Präjudize

Mit den «bewilligungsfähigen» (Stadtrat Leutenegger letzten Dezember) Rathaus-Aussenbeizen würden in Rapperswil-Jona Präjudize am Laufmeter geschaffen. Offenbar stört das niemanden. Oder unsere Oberen wollen die Altstadt willentlich vermöbeln.
Das Rathaus jedenfalls weist den Weg: Alle Beizen dürften expandieren. Die Polen rund um den Schwanen mit geschätzten 300 Tisch-Garnituren. Und das Café Koivu (Ex Burg) würde neu auch vor der nachbarlichen Boutique wirten, das Banoo im Rössli vor der Arcevis Bank. Und McDonalds dürfte in der Fischmarktplatz-Mitte auf das Dieci treffen.
Den «Gipfel» stellt das Kaffee am Engelplatz. Es serviert vor dem ehemaligen Polizeiposten belegte Brote. Angeliefert auf einem unterirdischen Förderband.

Man weiss tatsächlich nie

Dass der Freitagsmarkt auf dem Hauptlatz mit dem neuen Biergarten keinen Platz mehr hätte, ist allen klar. Nur der Stadtrat behauptete anfänglich noch das Gegenteil. Als das nicht einmal die Linth-Zeitung glaubte, und zurückfragte, war es dann (einmal mehr) nicht mehr so. (Wie gesagt, man weiss bei diesen Rathäusern ja nie…).

Bruno Hug, Linth24/Goldküste24