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17.01.2023

Parlament: Stadtrat verweigert seinen Gegnern die Meinungsäusserung

Stadtpräsident Martin Stöckling in der «Solothurner Zeitung»: «Mit einem Parlament» tendiert «das Interesse der Bevölkerung an der Lokalpolitik gegen null» Bild: zVg
Der Stadtrat verwehrt dem Komitee gegen die neue Gemeindeordnung die Stellungnahme. Stadtpräsident Stöcklings Aussagen, das heutige System bewähre sich, machen dem Rat wohl Sorgen.

Das Komitee «NEIN zur neuen Gemeindeordnung, NEIN zum Stadtparlament» bat den Stadtrat, ihm im Begleitbüchlein zur Abstimmung über die Einführung einer neuen Gemeindeordnung vom 12. März einen Platz einzuräumen. Die Bevölkerung müsse auch über die negativen Seiten der neuen Gemeindeordnung und des Parlaments informiert sein, so das Komitee. Zugleich legte es dem Stadtrat nahe, auch die Aussagen von Stadtpräsident Martin Stöckling ins Abstimmungsbüchlein aufzunehmen, mit denen er das heutige politische System von Rapperswil-Jona - ohne Parlament - gelobt hat. 

Rechtliches Vorgehen gegen Abstimmung

Doch der Stadtrat lehnte eine Stellungnahme des Nein-Komitees im Abstimmungsbüchlein eisern ab. Deshalb informierte sich das Komitee zur Rechtssituation und teilte dem Stadtrat am 3. Januar 2023 in einem Brief mit, er sei verpflichtet, auch die negativen Fakten zur neuen Gemeindeordnung offenzulegen. Gemäss Artikel 34 der Bundesverfassung dürfe nichts unterdrückt werden. Komme der Stadtrat dieser gesetzlichen Forderung nicht nach, könne gegen die Abstimmung rechtlich vorgegangen werden.

Stadtpräsident für heutiges System

Insbesondere seien im Abstimmungsbüchlein auch die Aussagen von Stadtpräsident Stöckling aufzunehmen, die er am 31. Januar 2019 zur Verteidigung des heutigen politischen Systems von Rapperswil-Jona in der «Solothurner Zeitung» vorgebracht hatte. In diesem Artikel sagte Stöckling:

  • Das heutige politische «System» (von Rapperswil-Jona ohne Parlament) habe sich «bewährt».
  • Mit einem Parlament werde in der Stadt die Partei-Politik «wichtiger» und es gehe «die Bürgernähe verloren».
  • Mit einem Parlament würden «die Entscheidungswege» in der Verwaltung «länger werden».
  • Das heutige «schlanke» System von Rapperswil-Jona (ohne Parlament) habe «Vorteile bei der Führung der Stadtgeschäfte».
  • «Normalerweise» würden 400 bis 700 Personen die Bürgerversammlung besuchen. Das lasse sich «relativ problemlos managen».
  • An der Bürgerversammlung könnten «alle Stimmberechtigten der Gemeinde teilnehmen». Es frage sich deshalb, ob die demokratische Abstützung mit einem Parlament wirklich grösser sei, als mit der Bürgerversammlung.
  • Die Erfahrungen im Kanton St. Gallen hätten gezeigt, dass das Interesse der Bevölkerung an der Lokalpolitik mit einem Parlament «gegen null» tendiere.

Fakten zur Abstimmung vom 12. März 2023

Im Weiteren forderte das Komitee www.nein-zum-stadtparlament.ch, in das Abstimmungs-Büchlein zur  neuen Gemeindeordnung von Rapperswil-Jona vom kommenden 12. März seien folgende Fakten aufzunehmen:

  • Es gibt für Rapperswil-Jona keinen rationalen Grund, jetzt ein Parlament einzuführen. Die Einwohnerzahl der Stadt hat sich seit der letzten Abstimmung von 2015, als der Stadtrat gegen ein Parlament war, nur um 1000 Personen erhöht.
  • Mit der neuen Gemeindeordnung und dem Parlament wird die Bürgerversammlung abgeschafft. Damit verlieren die Bürger, Quartiere, Vereine, Interessengruppen und das Gewerbe die direkte politische Mitsprache.
  • Das Mitbestimmungsrecht der Bevölkerung wird mit der Abschaffung der Bürgerversammlung einer kleinen Gruppe von 36 Parlamentariern übertragen, welche nur alle 4 Jahre gewählt werden können.
  • Das geplante Parlament würde aus 36 Mitgliedern bestehen. 3 Mitglieder könnten eine Fraktion bilden, womit im Parlament bis zu 12 Fraktionen entstehen würden, die alle im Parlaments-Präsidium und in jeder Kommission Einsitz nehmen könnten.
  • Die Parlamentarier könnten ihre Parlaments-Entschädigungen selbst bestimmen.
  • Ein 36-köpfiges Parlament kostet jährlich bis zu 500'000 Franken (Beispiel Wil SG). Dazu kommen noch die Mehrkosten in der Verwaltung, die durch das Parlament entstehen würden.
  • Das Parlament könnte so viele Kommissionen bilden, wie es will. Und zu jedem referendumsfähigen Entscheid müsste das Parlament eine Kommission bilden.
  • Im Kanton St. Gallen hätten alle Städte mit einem Parlament wesentlich höhere Steuern als Rapperswil-Jona mit 74%. Mit Parlament: Gossau 116%. Wil 118%. St. Gallen 141%.

Stadtrat braucht Zeit

Am 13. Januar beantwortete der Stadtrat den Brief des Nein-Komitees und schrieb: Bevor er Stellung nehme, seien «Abklärungen notwendig, die einige Zeit dauern» würden.

Bruno Hug, Linth24/Goldküste24