Viele scheint das abrupte Ende überrascht zu haben, doch eigentlich kündigte es sich seit langem an. Am 4. Januar standen die Kunden aller schweizweit 37 Fachgeschäfte für gesunde Ernährung und Naturkosmetik, die seit 2020 unter der Dachmarke «Reformhaus» zusammengefasst sind, vor verschlossenen Türen. Konkurs! Keine schöne Meldung zum Jahresbeginn. Fast 300 Mitarbeitende müssen sich nach einer neuen Stelle umsehen.
Um das zentrale Problem der Kette wie in einem Brennpunkt zu betrachten, reicht es, an die Löwenstrasse zu gehen, wo sich eine der sieben Zürcher Filialen befand. Ich habe dort ab und zu meine Lieblingsmargarine und ein paar andere Sachen eingekauft. Die letzten beiden Male war ich (fast) allein im erst vor kurzem völlig renovierten Geschäft. Beim allerletzten Besuch vor Weihnachten waren die Lücken in den Kühlschränken nicht zu übersehen. Aber wer hätte sie nicht spontan auf die notorischen Lieferschwierigkeiten geschoben? Eine gute Woche später wusste man es besser.
Verdrängungswettbewerb
Jedes Mal, wenn ich hier war, schielte ich zu der grossen Alnatura-Filiale hinüber. Alnatura, das ist die kumulierte Marktmacht des grossen Darmstädter Biosupermarkt-Unternehmens und der Migros als Schweizer Partnerin. Alnatura, das ist Bio und Naturkosmetik in Hülle und Fülle, aus überwiegend deutscher Produktion, preislich über den Daumen gepeilt um die Hälfte billiger als im Reformhaus. Die Eröffnung des ebenerdigen Supermarkts an der Löwenstrasse im Februar 2015 war der erste Schritt einer Expansion in Zürich gewesen, die Alnatura-Supermärkte nach und nach an die besten Passantenlagen brachte, zum Beispiel in die Sihlpassage des Hauptbahnhofs. Jeder Geruch von Gesundbeterei und (preislicher) Exklusivität war weggeblasen. Reform ist so schon fast Mainstream geworden.